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: Ukraine-Hilfen: Bilanz fällt bescheiden aus

von Susanne Biedenkopf
21.02.2023 | 08:07 Uhr
Bei der Unterstützung der Ukraine geben die USA den Takt an. Und die Hilfen sind nur ein Bruchteil dessen, was die Regierungen innenpolitisch zur Bekämpfung der Krise aufwenden.
Nach aktuellen Zahlen haben die Amerikaner 73,1 Milliarden Euro für die Unterstützung der Ukraine vorgesehen - mehr als die EU.Quelle: Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa
Es sind immer wieder überraschende Erkenntnisse, die Christoph Trebesch, Forschungsdirektor am Internationalen Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW), und sein Team mit der Datenbank "Ukraine Support Tracker" ermitteln und zugänglich machen.
Ziel der Datenbank ist es, die Diskussion über die Unterstützung der Ukraine mit Fakten zu unterfüttern. Denn dass in der Ukraine die Werte von Freiheit und Demokratie und damit auch die Werte der regelbasierten Welt verteidigt werden, das ist im Westen unbestritten. Gerungen aber wird seit Kriegsbeginn um die Frage, in welchem Umfang welches Land diesen Kampf unterstützt, mit militärischen, finanziellen und humanitären Hilfen.

Europa eher zögerlich

In der heute veröffentlichten Ausgabe haben sich die Kieler die Unterstützungen des Jahres 2022 vorgenommen. Dabei wird erkennbar, dass die USA als Taktgeber vorangehen, während die Europäer eher zögerlich folgen. Insgesamt haben die Amerikaner 73,1 Milliarden Euro für die Unterstützung der Ukraine vorgesehen. Für die EU, so Trebesch, beträgt der vergleichbare Wert 54,9 Milliarden Euro.
Die bilateralen Hilfszusagen aus Deutschland summierten sich auf 6,15 Milliarden Euro. Viel Geld, gewiss. Aber, so heißt es in den Ausführungen, "allein der zur Entlastung der Verbraucher beschlossene Tankrabatt und das 9-Euro-Ticket haben mit Kosten von 5,65 Milliarden Euro eine ähnliche Größenordnung". Ein Vielfaches, 34,5 Milliarden Euro, preist der Staat für die Rettung des Energiehandelskonzerns Uniper ein.

Energiepakete höher als Ukraine-Hilfen

Insgesamt wurden allein in Deutschland mit dem "Doppel-Wumms" 250 Milliarden Euro an Subventionen angekündigt, um die Folgen der Energiekrise für Verbraucher und Unternehmen abzufedern. Auch die Energiepakete anderer EU-Länder waren im Schnitt zehnmal so hoch, wie die Hilfen für die Ukraine. Finanzielle Ressourcen waren also schnell mobilisierbar.
Für Trebesch ist die Zögerlichkeit, gerade der Europäer im ersten Kriegsjahr, deshalb ein "bemerkenswertes Phänomen". Hinzu kommt, dass die Hilfszusagen in den vergangenen Monaten wenig berechenbar waren, im Sommer stark zurückgingen und erst im November und Dezember neue Höchststände erreichten.

Vergleich zu anderen Konflikt-Ausgaben

In der Vorstellung der Studie sprachen die Kieler Forscher von einer "erratischen Hilfe", vor allem, was die europäischen Länder betrifft. Während der Sommermonate des letzten Jahres gab es kaum neue Zusage, was eine verlässliche Planung von Hilfsleistungen für die ukrainische Regierung erschwerte und die ungeduldigen Forderungen nach mehr Unterstützung in anderem Licht erscheinen lässt.

Erstmals ziehen die Wissenschaftler auch historische Vergleiche mit früheren Kriegen und stellen fest, dass die Unterstützung der Ukraine deutlich geringer ausfällt, als die Ausgaben des Westens in anderen Konflikten. So gab die USA für den Afghanistan-Krieg nach 2001 dreimal so viel aus wie derzeit für die Unterstützung der Ukraine.

Mehr Unterstützung im Golfkrieg

Deutschland zahlte drei Mal mehr zur Unterstützung der Alliierten im Golfkrieg 1990/91 - jeweils gemessen am Anteil des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Militärhilfe wurde in dieser Zeit ohne viel Aufhebens aus den Beständen der NVA geleistet.
Verglichen mit der heutigen Wirtschaftskraft, ist die Unterstützung der Ukraine bislang also vergleichsweise bescheiden. Eine Ursache dafür ist nach Auffassung der Kieler Wissenschaftler in der Vielzahl der Krisen der letzten Jahre zu finden. Und Regierungen versuchen nun einmal zunächst die Probleme im eigenen Land zu lösen.
Susanne Biedenkopf ist Leiterin der ZDF-Hauptredaktion Wirtschaft, Recht, Service, Soziales und Umwelt.
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