: Irans Kletterin wieder in Teheran

19.10.2022 | 08:00 Uhr
Die iranische Sportlerin Elnaz Rekabi klettert bei einem Wettkampf ohne Kopftuch - und verschwindet dann. Nun kehrt sie nach Teheran zurück. Viele Fragen bleiben offen.
Die iranische Klettersportlerin Elnaz Rekabi ist nach ihrem plötzlichen Verschwinden bei den Asienmeisterschaften in Seoul wieder in ihrer Heimat gelandet. Wie die iranische Nachrichtenagentur Tasnim berichtete, traf die 33-Jährige am Mittwochmorgen in der Hauptstadt Teheran ein.

Wettbewerb-Finalteilnahme ohne Kopftuch

Im Finale der Asienmeisterschaften in Südkorea hatte Rekabi für Wirbel gesorgt, weil sie ohne Kopftuch antrat. Für Sportlerinnen der iranischen Nationalmannschaft ist islamische Kleidung Pflicht. Danach verschwand sie plötzlich.
Zahlreiche Bilder in den sozialen Medien zeigten, wie sie Menschen am Flughafen Teheran willkommen hießen und ihre Aktion bejubelten. Die Videos konnten zunächst nicht unabhängig verifiziert werden. Ihre Aktion in Seoul wurde von vielen als Solidarität mit den systemkritischen Protesten im Iran betrachtet.
Journalistin Isabel Schayani auf Twitter

Entschuldigung auf Instagram-Account

Medienberichten zufolge hatte Rekabis Team das Hotel am Montagmorgen verlassen. Was dann zunächst mit ihr geschah, ist nicht bekannt. Rekabis Pass und Mobiltelefon sollen beschlagnahmt worden sein, auch von einer Festnahme war die Rede. Die iranische Botschaft in Seoul wies solche Berichte kategorisch zurück.
Der Nachrichtenagentur Tasnim zufolge, die als Sprachrohr der iranischen Revolutionsgarden auftritt, entschuldigte sich Rekabi dafür, kein Kopftuch getragen zu haben. Es sei "unabsichtlich" geschehen. Auf einem Instagram-Account, das Rekabi zugerechnet wird, entschuldigte sie sich auch für die Sorgen, die sie ausgelöst habe.

War das Weglassen des Kopftuchs ein Versehen?

In dem Beitrag stand, die Sportlerin habe bei dem Wettbewerb unter Zeitdruck gestanden. Sie habe den Hidschab "unabsichtlich" nicht getragen. Aufnahmen von der Veranstaltung in Seoul zeigten sie jedoch entspannt, bevor sie kletterte. Sie gehe im Einklang mit vorherigen Planungen zurück in den Iran, hieß es in dem Beitrag. Ob Rekabi ihn selbst verfasste, und wenn ja, unter welchen Umständen, war zunächst unklar.
Beobachter deuten die Entschuldigung als erzwungene Stellungnahme. Sadegh Zibakalam, Politikprofessor an der Universität Teheran, sagt dazu gegenüber dem ZDF:
Vielleicht werden sie die Leute wegen dieses Dementis noch mehr lieben Es ist klar, dass sie unter Druck gesetzt wurde, das zu schreiben.
Sadegh Zibakalam, Universität Teheran
Die iranischen Behörden üben regelmäßig Druck aus. Persischsprachige Medien berichteten zudem darüber, dass Rekabis Bruder festgenommen worden sein soll. Was mit Elnaz Rekabi selbst nach ihrer Rückkehr in den Iran nun passiert, etwa, ob ihr eine Haftstrafe oder eine Ausreisesperre droht, ist noch unklar.

Proteste nach Tod von 22-Jähriger

Im Iran gibt es nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei seit Wochen Proteste. Amini war vorgeworfen worden, ihr Kopftuch nicht richtig getragen zu haben. Seitdem haben bereits mehrere prominente Sportler - unter ihnen auch die ehemaligen Fußballprofis Ali Daei, Ali Karimi und Mehdi Mahdavikia - das System wegen der Unterdrückung der Frauenproteste kritisiert und ihre Solidarität mit den Demonstranten verkündet.
Quelle: AP, dpa, ZDF

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