: Gespaltene Reaktionen bei EU-Politikern
26.09.2022 | 19:50 Uhr
Nach dem Wahlerfolg des Lagers der radikalen Rechten in Italien zeigen sich viele EU-Politiker besorgt. Es gibt jedoch auch zahlreiche Glückwünsche an Giorgia Meloni. 
Glückwünsche für die rechtsnationale Wahlkoalition mit Giorgia Meloni an der Spitze – und mahnende Worte von verschreckten Europa-Politikern zum Rechtsruck in Italien.
26.09.2022 | 02:33 minNach der Parlamentswahl in Italien haben führende EU-Abgeordnete vor einer Regierung unter Führung der rechten Politikerin Giorgia Meloni gewarnt. Rechte europäische Politiker beglückwünschen Meloni hingegen.
Barley besorgt über Wahlerfolg Melonis
Katarina Barley (SPD), Vize-Präsidentin des EU-Parlaments, sagte im ZDF spezial:
Giorgia Meloni ist dafür bekannt, dass sie sehr europaskeptisch ist. Auch dass sie eine recht deutschenfeindliche Grundeinstellung hat. Das wird natürlich auch Auswirkungen in Brüssel haben.
Barley erwartet, dass es durch Melonis Wahl "eher erschwert wird", gemeinsame Lösungen zu finden. Meloni werde vielmehr versuchen "die Europäische Union richtiggehend vorzuführen", glaubt die frühere deutsche Justizministerin.
Die "Allianz zwischen Meloni, Orban, Kaczynski" bereite Brüssel große Sorgen - "denn das sind Menschen, die nicht mehr auf dem Wertefundament der Europäischen Union stehen und stehen wollen".
"Das werden schwere Zeiten für Europa", schrieb sie zudem auf Twitter.
Andresen: Massive Auswirkungen auf EU zu befürchten
Der Sprecher der deutschen Grünen im EU-Parlament, Rasmus Andresen, sagte, der "beispiellose italienische Rechtsrutsch" werde massive Auswirkungen auf Europa und auf die Europäische Union haben. Einer Mitteilung zufolge sagte er:
Italien als Gründungsmitglied und drittstärkste Wirtschaft der EU steuert auf eine antidemokratische und antieuropäische Regierung zu.
Welche Bedeutung hat das Wahlergebnis in Italien für den Zusammenhalt der Europäischen Union? ZDF-Reporter Gunnar Krüger berichtet aus Brüssel.
26.09.2022 | 01:40 minSchwindende Einigkeit in Europa
Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff rechnet auf EU-Ebene mit schwierigeren Entscheidungsprozessen. Im ARD-"Morgenmagazin" sagte er:
Es wird immer mühsamer.
Allerdings habe Meloni bei den Sanktionen gegen Russland zuletzt konstruktiver geklungen als zuvor und auch Bündnispartner Matteo Salvini von der Lega klar widersprochen. Bei den Themen Migration, Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts sowie Binnenmarkt werde es aber viel schwieriger, in Europa Einigkeit herzustellen. Da werde Meloni einen harten nationalen Kurs fahren, schätzte Lambsdorff ein.
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch bezeichnete das Wahlergebnis als "bitter für Italien, Europa und die politische Linke".
Orban gratuliert: "Bravo, Giorgia!"
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban gratulierte Giorgia Meloni ebenfalls zum Wahlerfolg. "Bravo, Giorgia! Ein mehr als verdienter Sieg", schrieb der Rechtspopulist am Montag auf seiner Facebook-Seite. Orban pflegt ein ausgeprochenes gutes Verhältnis zu Meloni, aber auch zu den beiden anderen Chefs der Rechtsallianz, Matteo Salvini und Silvio Berlusconi.
Der Chef der rechtspopulistischen Vox-Partei in Spanien, Santiago Abascal, sprach in einem Tweet von "Millionen Europäern, die ihre Hoffnungen auf Italien" setzten. "Giorgia Meloni hat den Weg für ein stolzes, freies Europa mit souveränen Nationen gewiesen", betonte Abascal.
Glückwünsche auch aus Polen
Auch der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki gratulierte. Auf Twitter schrieb er "Glückwunsch @Giogia Meloni".
In Europa wird die mögliche Herausbildung einer EU-skeptischen, illiberalen Achse Rom-Budapest-Warschau mit Sorge beobachtet. In Polen regiert die rechtskonservative PiS-Partei, die mit Melonis Fratelli verbündet ist. Beim Vorgehen der EU gegen die Rechtsstaatsverfehlungen in Polen und Ungarn unterstützen die beiden ost-mitteleuropäischen Länder einander.
Bardella: "Lektion der Demut" für von der Leyen
Frankreichs Rechtsnationalistin Marine Le Pen twitterte ihre Glückwünsche und schrieb, dass Meloni "den Drohungen einer antidemokratischen und arroganten Europäischen Union" standgehalten habe.
Der französische Europaabgeordnete Jordan Bardella von Marine Le Pens Rassemblement National (RN) betonte bei Twitter, dass die Italiener der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen "eine Lektion in Demut" erteilt hätten.
Die deutsche Politikerin hatte vorige Woche gesagt, dass ihre Behörde "Werkzeuge" habe, sollte Italien unter einer rechten Regierung die EU-Regeln nicht beachten. "Keine Bedrohung jeglicher Art kann die Demokratie aufhalten", schrieb der Parteivorsitzende von RN. "Die Völker Europas erheben ihre Häupter und nehmen ihr Schicksal wieder in die Hand."
EU hofft auf "konstruktive Zusammenarbeit"
Im Gegensatz zu den Staatschefs von Ungarn und Polen reagierte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verhalten auf das Wahlergebnis. "Das italienische Volk hat eine demokratische und souveräne Entscheidung getroffen. Dies respektieren wir", betonte er in einer Erklärung am Montag. "Als benachbarte und befreundete Länder müssen wir weiterhin zusammenarbeiten", fügte er hinzu.
Auch die deutsche Bundesregierung übte sich in Zurückhaltung. Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner erklärte in Berlin lediglich, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) würde zum jetzigen Zeitpunkt sagen: "Italien ist ein sehr europafreundliches Land mit sehr europafreundlichen Bürgerinnen und Bürgern und wir gehen davon aus, dass sich das nicht ändern wird."
In Brüssel brachte ein Sprecher der Europäischen Kommission die Hoffnung der EU auf eine weiterhin "konstruktive Zusammenarbeit" mit Rom zum Ausdruck.
Trotz des Rechtsrucks hofft die Kommission auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit der neuen Führung in Rom. Das Wahlergebnis stellt den Zusammenhalt der EU auf die Probe.
26.09.2022 | 01:48 minMehr zur Parlamentswahl lesen Sie hier:
Quelle: dpa