: Kitas: Fachkräfte verzweifelt gesucht

von Laura Sophie Koditek
12.03.2023 | 17:31 Uhr
Schon in der Kita wird der Grundstein für eine erfolgreiche Bildungskarriere gelegt. Trotzdem fehlt es überall an Fachkräften. Die Folgen werden unterschätzt, sagen Experten.
Zehntausende Erzieherinnen und Erzieher protestierten am vergangenen Weltfrauentag für mehr Geld, mehr Wertschätzung und bessere Arbeitsbedingungen. "Und wenn wir dann auch noch eng besetzt sind, was bei uns Dauerzustand ist, dann ist das wie ein Feuerwerk im Kopf", sagt Erzieherin Jessica Wohlers beim Warnstreik in Hamburg.  

Kita-Leiterin: "Belastende" Situation

Allein in diesem Jahr fehlen 98.600 Erzieherinnen und Erzieher. Tendenz steigend: Bis ins Jahr 2030 könnten 230.000 Fachkräfte fehlen. Die Folge: verkürzte Öffnungszeiten, größere Gruppen, schlechterer Betreuungsschlüssel. Das spürt auch Kita-Leiterin Alice Walter in Stuttgart.
Es ist für uns zum Teil schwierig auf Kinder individuell einzugehen, weil uns da einfach die Zeit und die Kapazitäten fehlen.
Kita-Leiterin Alice Walter
Der Alltag in der Kita sei schon stressig genug, sagt Walter. "Und wenn wir dann auch noch zu wenige im Team sind, führt das zu einem starken Zeitdruck. Das zusammen mit dem Lärmpegel ist einfach sehr belastend für uns."  

Bildungsexpertin: Starke Ungleichheit in Deutschland

5,5 Milliarden sind in den vergangenen drei Jahren in den Ausbau der Kita-Betreuung geflossen. Jetzt kommen im Rahmen des Kita-Qualitätsgesetzes noch einmal vier Milliarden Euro dazu - wird das die Situation nachhaltig verbessern?  Bildungsexpertin Anette Stein glaubt nicht daran.  
Denn es fehlen bundesweit einheitliche Regelungen. "Wir haben nicht ein frühkindliches Bildungssystem, sondern 16 verschiedene Systeme." Aufgrund der föderalen Struktur gebe es eine starke Ungleichheit in Deutschland und eine fehlende Koordination.
Diese Planlosigkeit zeichnet sich auch dadurch aus, dass zwar der Studiengang Kindheitspädagogik eingeführt wurde, an Kitas aber kaum Stellen für Absolvent*innen geschaffen wurden.  

2023 werden bundesweit weniger Kita-Plätze zur Verfügung stehen als benötigt. Fachkräfte und Investitionen fehlen, um die große Nachfrage zu decken. Viele Eltern könnten dann vor einem Betreuungsproblem stehen.

20.10.2022 | 01:31 min

Stein: "Folgen werden unterschätzt"

Fehlendes, gut qualifiziertes Personal sei ihrer Meinung nach das Hauptproblem. Ein fester Anteil an Stellen für Akademikerinnen und Akademiker, eine bessere und einheitliche Ausbildung für Quereinsteigende und ein festgelegter Betreuungsschlüssel - das wären Ansätze, um die Qualität zu steigern. Aber dafür braucht es noch mehr Geld, einen konkreten Plan und einen politischen Willen. 
Die Wirkung einer guten frühkindlichen Bildung ist enorm. In der Kita können frühe Versäumnisse noch aufgeholt werden und daher ist sie maßgeblich für das Schaffen von Chancengleichheit.
Bildungsexpertin Anette Stein
Dies werde aber leider "maßgeblich unterschätzt", sagt Stein, "ansonsten hätten wir nicht diese schlecht ausgestattete Landschaft". "Das ist auch eine Entwicklung, die wir bereits seit Jahrzehnten sehen. Die Folgen werden einfach unterschätzt. Die Priorität muss höher werden." 
Kita-Leiterin Alice Walter spürt die Auswirkungen schon lange, denn sie kann bereits seit einiger Zeit keine neuen Kinder mehr in ihrer Kita aufnehmen.
Wir haben nicht genug Fachkräfte, um so viele Kinder zu betreuen.
Kita-Leiterin Alice Walter

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