: Für das Klima in den Knast?

von Mathis Feldhoff
08.11.2022 | 17:27 Uhr
Härtere Strafen für Klimaaktivisten der "Letzten Generation" fordert die Union. Eine Mindeststrafe von drei Monaten Gefängnis - etwa für Klebeaktionen auf öffentlichen Straßen.
Strafen für Aktionen der "Letzten Generation" sollen nach Alexander Dobrindt drastisch verschäft werden.Quelle: epa
Alexander Dobrindt hat für die Aktivisten der "Letzten Generation" nur noch eine Bezeichnung: "Klima-Chaoten", nennt er sie. In einem Gesetzentwurf, den die Unionsfraktion in dieser Woche in den Bundestag einbringt, fordern CDU und CSU nun, statt Geldstrafen und Verwarnungen, drei Monate Gefängnis als Mindeststrafe.
Und auch die Höchststrafe für das Ankleben auf Straßenkreuzungen solle auf fünf Jahre erhöht werden.
Zur Zeit ist das Bild des Rechtsstaates ein Wasserkübel und ein Schwamm.
Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef

Große Mehrheit gegen Klebeaktionen

Die Union stützt sich dabei auf Umfragen, in denen kein Verständnis für derartige Aktionsformen gezeigt werde. Eine Umfrage der "Augsburger Allgemeinen" zeigt, dass 86 Prozent der Bevölkerung finden, dass die Aktionen der "Letzten Generation" dem Klimaschutz eher schaden.
In einem Prozess in Stuttgart waren gerade zwei Aktivisten zu jeweils 110 Tagessätzen verurteilt worden. Einmal 2.200 Euro, einmal 5.500 Euro Geldstrafe. Dobrindt sieht aber keinen Erfolg darin, jetzt an die Justiz zu appellieren, den derzeit vorhandenen Strafrahmen zu nutzen und härter zu urteilen: "Wenn die Politik der Meinung ist, wir müssen schärfer urteilen, muss sie das mit einem Gesetz signalisieren."

Ampel will Gesetze nicht verschärfen

Es war eine aufgeregte Debatte in der letzten Wochen - insbesondere als der Vorwurf laut wurde, die Klimaaktivisten trügen die Schuld am Tod einer Radfahrerin, weil die Berliner Rettungskräfte nicht durch den von ihnen verursachten Stau gekommen seien. Ganz aufgeklärt ist der Vorwurf bis heute nicht - die Radfahrerin ist inzwischen an ihren Verletzungen gestorben.
Auch Vertreter der Ampel hatten im Anschluss die Klimaaktivisten hart kritisiert, allerdings eine Strafverschärfung abgelehnt. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte der "Welt": "Es gibt genügend rechtsstaatliche Instrumente, um gegen radikale Gruppen vorzugehen."

Aktivisten wollen weitermachen

Die Aktivisten kündigen derweil an weiterzumachen. Ein Ultimatum an die Bundesregierung hatte in den letzten Tagen die Einführung von Tempo 100 und eines 9-Euro-Tickets gefordert, sollte dieses bis Donnerstag umgesetzt werden, würden die Aktionen eingestellt.
Auf der Synode der Evangelischen Kirche verteidigte die Aktivistin Aimée van Baalen die Aktionen:
Alle anderen Protestformen wurden erschöpft.
Aimée van Baalen in Magdeburg
Es ist also damit zu rechnen, dass die öffentlichkeitswirksamen Aktionen auf Straßen und in Museen weitergehen.

Geht der Protest zu weit?

08.11.2022 | 07:01 min

Nähe zu Terroristen?

Für Aufregung sorgt eine Interview-Äußerung Dobrindts, die die Aktivisten in die Nähe von Terroristen rückt. In der Bild am Sonntag hatte der CSU-Landesgruppenchef gefordert, die Bildung einer "Klima-RAF" müsse verhindert werden.
Dagegen hatte sich unter anderem Wirtschaftsminister Habeck gewandt. Habeck warnte davor, "unbotsame Vergleiche" zu machen. Es gäbe eine Verantwortung, Dinge differenziert zu betrachten. Dobrindt schreckt das nicht: Wer vor dem Begriff "Klima-RAF zurückschreckt", traue sich offensichtlich nicht, einer realen Gefahr ins Auge zu blicken.
Allerdings hat die Fraktion den Antrag in einem Punkt entschärft. Die Androhung von Untersuchungshaft bei Wiederholungsgefahr, wie bei Kinderschändern oder Terroristen, wurde aus dem Antrag gestrichen.

Wortwahl spaltet die Union

Dass sich nicht alle in der Union mit der provokanten Wortwahl des CSU-Kollegen wohlfühlen, konnte man bei Torsten Frei, dem Ersten Parlamentarischen Geschäftsführers der Unionsfraktion sehen. Zunächst hatte er am Morgen versucht, Dobrindt zu verteidigen: "Alexander Dobrindt wählt seine Worte klug und bedacht", so Frei.
Auf Nachfrage warnte er dann allerdings davor, dass Begriffe "auch nicht zu einer Relativierung" führen dürften. Auch der CDU-Generalsekretär wollte sich schon am Montag die "sehr harte und pointierte Formulierung" Dobrindts nicht zu eigen machen.

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