: CDU-Vize zu höherem Spitzensteuersatz bereit

von Felix Rappsilber
24.05.2023 | 01:08 Uhr
Die CDU plant eine Steuerreform, um laut eigenen Angaben die Mittelschicht zu entlasten. Dazu sei sie "sogar bereit", den Spitzensteuersatz zu heben, erklärt Parteivize Linnemann.

Zu Gast: Politiker Carsten Linnemann, Journalistin Ulrike Herrmann, Ökonom Jens Südekum und Ex-Diplomat Rüdiger von Fritsch.

23.05.2023 | 75:15 min
Die CDU will aus der Opposition heraus das ganz große Ding anschieben, eine grundlegende Reform des deutschen Steuersystems. Die Thesen dazu stehen im neuen Grundsatzprogramm der Partei, hauptverantwortlich dafür ist CDU-Vize Carsten Linnemann.
Dessen große Herausforderung: Er muss Pläne für Steuererhöhungen erklären, ohne sie als solche zu benennen. Es gehe um die Frage, wie man die Mittelschicht, "die arbeitende Bevölkerung in Deutschland entlasten" könne. "Die ersticken unter hohen Sozialabgaben und Steuern", sagte Linnemann am Dienstagabend bei Markus Lanz. Klingt nach Steuersenkungen.

Parteivize Carsten Linnemann verteidigt die geplante Steuerreform der CDU bei "Lanz". Die CDU sei "sogar bereit" mit dem Spitzensteuersatz "auf 48 oder 49 Prozent zu gehen".

24.05.2023 | 01:06 min

Linnemann will Spitzenverdiener mehr belasten

Und das hat die CDU offenbar auch vor, sollte sie ab 2025 wieder im Kanzleramt sitzen. Aber, schob Linnemann entscheidend nach: "Wir wollen einfach nicht alle in dem Maße entlasten, weil sie das in dieser Zeit nicht aushalten." Weiter sagte er:
Und deswegen sollen diejenigen, die sehr gut verdienen, nicht so entlastet werden und einige wenige, ja, werden zusätzlich belastet.
Carsten Linnemann, CDU
Also Steuererhöhungen. Was das konkret bedeutet, erklärte Linnemann anhand des Spitzensteuersatzes: Hier sei er "sogar bereit, auf 48 oder 49 Prozent zu gehen".
Im Moment liegt der Spitzensteuersatz bei 42 Prozent und gilt ab einem Brutto-Jahreseinkommen von 63.000 Euro. "Damit treffen Sie komplett die Mittelschicht, weil wir jahrelang nichts gemacht haben", kritisierte der CDU-Politiker.
Wegen Inflation und Energiekrise hatten die Wirtschaftsweisen Ende 2022 eine zeitliche Erhöhung des Spitzensteuersatzes empfohlen:

Linnemann: Mittelschicht wird vergessen

Es müsse sich dringend grundlegend etwas ändern, denn Deutschland kümmere sich "nur um diejenigen, die unten sind und ganz oben", sagte der stellvertretende CDU-Parteivorsitzende. Die Mittelschicht aber werde vergessen.
Das Bürgergeld ist super organisiert, die Sozialleistungen laufen super, aber die Leute, die hier arbeiten gehen, die sich einsetzen, die leisten, die fallen hinten drüber.
Carsten Linnemann, CDU
Seit Anfang des Jahres ist Hartz IV Vergangenheit. Was sich mit dem Bürgergeld geändert hat:

Kritik an Steuerplänen der CDU

Die Journalistin Ulrike Herrmann kritisierte die Pläne der CDU:
Von dieser Steuerreform profitieren im Wesentlichen die Sehr-gut-Verdiener und ein bisschen, aber nur ein bisschen, die obere Mittelschicht.
Ulrike Herrmann, Journalistin
Im CDU-Grundsatzprogramm, so Herrmann, gehe es um eine "Steuerentlastung von 50 Milliarden Euro". Zum einen durch die Abschaffung des Solidaritätszuschlags, den im Augenblick nur noch die "obersten fünf Prozent der Bevölkerung" zahlen würden.
Zum anderen durch die Streckung des Steuertarifs, indem der Spitzensteuersatz künftig nicht mehr ab einem Brutto-Jahreseinkommen von 63.000 Euro, sondern ab 100.000 Euro gelten solle.
Von dieser Entlastung, monierte Hermann, würden "aber nicht nur die Leute, die 80.000 verdienen", profitieren, sondern "alle, egal wie viel sie verdienen, weil immer alle nach der Progression zahlen".

Linnemann erklärt Vorhaben

Genau deswegen wolle die CDU "hinten den Tarif erhöhen", hielt Linnemann dagegen. Jedes Mal, wenn man bei unteren Einkommen entlaste, entlaste man bei oberen Einkommen mit, erklärte Linnemann aufgebracht:
"Deswegen ziehen wir den Tarif höher, weil diejenigen, die oben sind, nicht zu stark entlastet werden sollen. Einige werden dann auch zusätzlich belastet und das ist auch gar nicht schlimm." Inflation und stark gestiegene Lebenshaltungskosten hätten die Prioritäten verschoben.
Dann müssen wir auch ein ehrliches Programm machen mit unbequemen Wahrheiten.
Carsten Linnemann, CDU-Vize

Die CDU berät über ein neues Grundsatzprogramm und diskutiert Konservativismus und die Zukunft der Partei.

24.03.2023 | 02:49 min

Linnemann will "ehrlichen Wahlkampf"

"Ich möchte 2025 einen ehrlichen Wahlkampf", schob er nach und bilanzierte, man werde "doch nicht gewählt für unbequeme Wahrheiten". Das solle sich ändern, denn: "Ich habe noch nie einen Wahlkampf erlebt, wo man im Ansatz erklärt hat, wie man die ganzen Versprechen, die man im Wahlkampf ausruft, bezahlen will."
Linnemanns Vorschlag: "Über Wachstum" wolle die CDU ihre Pläne gegenfinanzieren: "Wenn dieses Land jedes Jahr mit ein, zwei Prozent wächst oder mit drei Prozent, kriegen wir Steuereinnahmen und wir können das alles finanzieren."

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