: Lauterbach will ökonomischen Druck senken

06.12.2022 | 10:54 Uhr
Weniger Ökonomie, mehr Medizin: Gesundheitsminister Lauterbach will das Gesundheitswesen reformieren. Er selbst spricht von einer "Revolution in den Krankenhäusern". Was er plant.
Patientinnen und Patienten in deutschen Krankenhäusern sollen in Zukunft weniger nach wirtschaftlichen und stärker nach medizinischen Gesichtspunkten behandelt werden.
Das ist das Ziel von Reformvorschlägen, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Dienstag in Berlin vorstellte.
Er versprach:
Die Medizin wird wieder in den Vordergrund der Therapie gestellt und folgt nicht der Ökonomie.
Karl Lauterbach
Bereits zu Beginn der Pressekonferenz gab Lauterbach zu verstehen: "Die Krankenhäuser haben gravierende Probleme." Ein maßgebliches Hauptproblem sei dabei die Bezahlung der Kliniken über sogenannte Fallpauschalen. Dadurch dominiere die Ökonomie, kritisierte der Minister.
Der ökonomischer Druck wird auf Seiten der Ärzte als sehr groß empfunden. Das ist seit zehn Jahren zunehmend.
Karl Lauterbach

System Fallpauschale: Bezahlung pro Behandlung - Qualität egal

Das Fallpauschalen-System war vor knapp 20 Jahren eingeführt worden und sollte die Kosten der Krankenhausversorgung senken. Seitdem wurden die Behandlungsfälle mit diagnosebezogenen Pauschalen vergütet und nicht danach, wie hoch der Aufwand tatsächlich war.
Die Höhe der Vergütung für Krankenhäuser hängt seitdem anders als bei der ambulanten ärztlichen Behandlung also nicht davon ab, welche Leistungen im Einzelnen erbracht wurden, sondern von der Anzahl der Behandlungen.

Profit erwirtschaften, das ist die Devise im Gesundheitssystem. Geld fließt nur bei Behandlungen. Ein Stichwort: Fallpauschale. Wie sie funktioniert.

23.10.2022
Unterm Strich lohne es sich so für Kliniken, möglichst viele Behandlungen auf möglichst billige Weise durchzuführen - "egal wie aufwendig der Fall behandelt wird, egal, wo er behandelt wird, ob er gut behandelt wird oder nicht so gut behandelt wird", bemängelte Lauterbach.
Somit hat man mit diesem System eine Tendenz zu billiger Medizin.
Karl Lauterbach

Vorhalte- statt ausschließlich Fallpauschalen

Inbesondere in der Grundversorgung soll demnach das Fallpauschalensystem zu weiten Teilen ersetzt werden, gab der Minister zu verstehen. Auch in anderen Bereichen werde der ökonomische Druck rausgenommen.
Die Kommission schlägt unter anderem vor, dass Kliniken nach neuen Kriterien honoriert werden - unter anderem mit einem Anteil schon allein für das Vorhalten von Leistungsangeboten.
[So] bleibt der ökonomische Anreiz, aber allein über die Fallsteigerung kann niemand mehr Gewinn machen.
Karl Lauterbach

Drei Kliniktypen geplant

Vorgeschlagen wird auch, das historisch gewachsene Klinik-Netz in Versorgungsstufen einzuordnen und zu finanzieren - von der wohnortnahen Grundversorgung bis zu Maximalversorgern wie Universitätskliniken. Laut Plänen der Expertenkommission soll es künftig drei Gruppen von Kliniken geben, die sich in Spezialisierung aber auch Finanzierung unterscheiden:
  • Lokale Krankenhäuser für die Grundversorgung
  • Regionale Krankenhäuser
  • Spezialkliniken, die auch wegen ihrer Kapazitäten von überregionaler Bedeutung sind, etwa Unikliniken.
Die geplante Reform solle in den kommenden Jahren einen Schwerpunkt seiner Arbeit bilden, sagte Lauterbach - auch "für die nächsten drei Jahre" - und stelle "eine Revolution im System" dar.

Grünen-Politiker: Startschuss für überfällige Reform

"Finanzielle Anreize dürfen nicht leitend sein für die medizinische Versorgung, es braucht hier endlich wieder ein gesundes Gleichgewicht", begrüßte der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Janosch Dahmen, die Pläne der Kommission.
Die am Dienstag vorgelegte Stellungnahme sei "der Startschuss für eine überfällige, umfassende Reform". Es sei gut, die Bedeutung einer stärker an der Daseinsvorsorge orientieren Finanzierung wie bei der Feuerwehr oder der Polizei zu betonen.
Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann sagte, die Vorschläge gäben "gute Richtmarken". Bei den weiteren Beratungen wolle die FDP darauf achten, dass der Fokus nicht nur auf den Kliniken liege, sondern auch die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in diese essenzielle Reform eingebunden würden.
Quelle: ZDF, dpa, epd

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