Interview
: Mohamed Ali: Rechten Montag nicht überlassen
01.09.2022 | 21:40 Uhr
Am Montag will Die Linke in Leipzig demonstrieren, zeitgleich mit rechten Gruppen. Wie das für die Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali vereinbar ist, erklärt sie im Interview.ZDFheute: Es gibt viele Diskussionen um die Kundgebung der Linken am kommenden Montag in Leipzig. Werden Sie vor Ort sein?
Amira Mohamed Ali: Ja, ich werde hinfahren.
ZDFheute: Die Vereinnahmung der "Montagsdemo" steht in der Kritik, die Einladung und Ausladung von Sahra Wagenknecht hat für Aufsehen gesorgt. Ist diese Demo ein Problem schon bevor sie stattgefunden hat?
Mohamed Ali: Nein. Sören Pellmann hatte die Idee mit der Montagsdemonstration in Leipzig, anknüpfend an die Hartz-IV-Proteste, das finde ich richtig.
Es geht nicht, dass man den Rechten jetzt einfach einen Wochentag zum demonstrieren überlässt.
Wir wissen, dass auch Pegida am Montag demonstriert hat und das zum Teil auch noch tut, aber das ist kein Grund, diese Tradition in Ostdeutschland aufzugeben.
ZDFheute: Sie und Sören Pellmann gehören in der Fraktion zu denjenigen, die immer dafür geworben haben, Sahra Wagenknecht als prominente Figur nicht auszugrenzen. Bedeutet die Ausladung, dass auch Sie sich abwenden von Wagenknecht?
Mohamed Ali: Auf gar keinen Fall. Es ist auch so, dass Sahra nicht in dem Sinne ausgeladen wurde. Das hat teilweise auch organisatorische Gründe gehabt. Es geht auch darum, dass zu viele Rednerinnen und Redner da waren.
Ich habe das persönlich nicht organisiert, das haben Landesverband und Ortsvorsitzender gemacht. Und da hat es halt diese Entwicklung gegeben, dass Sahra nun doch nicht kommt.
Aber selbstverständlich wird Sahra Wagenknecht eingebunden werden in den Protest im Herbst.
Wir organisieren da bereits Dinge, teilweise mit der Fraktion, aber auch mit den Landesverbänden.
ZDFheute: Sahra Wagenknecht selbst versteht es als "Ausladung"…
Mohamed Ali: Ich selbst war an der Organisation nicht beteiligt, das müssten Sie dann mit den Organisatoren besprechen.
ZDFheute: Es werden nun zeitgleich Rechte und Linke am Montag auf dem Leipziger Augustusplatz erwartet. Wie soll die Trennschärfe gelingen?
Mohamed Ali: In der Tat haben die Rechten auf dem gleichen, sehr großen Platz ebenfalls eine Versammlung angemeldet, wir eine Kundgebung. Wir werden das möglichst versuchen zu trennen. Wir haben nur unsere Rednerinnen und Redner an den Mikrofonen, die die Dinge sagen, die wir für richtig halten.
Wenn es da zu Konflikten kommen sollte, mit Parolen oder Transparenten, dann würden wir dafür sorgen, dass die entfernt werden. Aber natürlich werden wir keine Einlasskontrollen durchführen, welche Menschen da zu unserer Kundgebung kommen. Da kann erstmal jeder zuhören und dabei sein.
ZDFheute: Sie mobilisieren Protest unter dem Kampfbegriff "heißer Herbst", die AfD auch. Ist das nicht unglücklich?
Mohamed Ali: Wenn die AfD meint, uns Dinge nachsprechen zu müssen, dann kann man das nicht verhindern.
Uns geht es um einen berechtigten Protest gegen die verfehlte Politik der Bundesregierung. Eine Politik der sozialen Kälte, die dazu führt, dass immer größere Teile der Bevölkerung verarmen.
Und im Gegenzug einfach zugeschaut wird, wie sich große Energiekonzerne hemmungslos die Taschen voll machen. Dagegen wollen wir aufstehen. Und das lassen wir uns auch von niemandem kaputt machen.
ZDFheute: Es gibt in Ihrer Fraktion Abgeordnete, die eine Öffnung von Nord Stream 2 fordern - unter anderem Sahra Wagenknecht. Wie stehen Sie zu dieser Position?
Mohamed Ali: Ich bin der Meinung, dass es dringend notwendig ist, sicherzustellen, dass wir genug Energie und Gas haben, um über den Winter zu kommen.
Wenn wir wirklich eine Versorgungslücke haben, dann hat das extreme Verwerfungen zur Folge für die Menschen in unserem Land und die Unternehmen.
Das heißt: die Bundesregierung ist angehalten, sicherzustellen, dass diese Situation nicht eintritt. Hier sage ich auch: Man muss leider - auch wenn man das vielleicht nicht möchte, weil Russland der Aggressor in diesem Krieg ist - Verhandlungen führen, weil es eine Tatsache ist, dass wir noch abhängig sind von russischem Gas. Und da muss man über alle Dinge reden.
Natürlich drängt sich der Eindruck auf, dass Nord Stream 2 erpresst werden soll, um ein Siegessymbol haben zu können. Das ist auch der Grund, warum man das zu Recht sehr kritisch sieht, Nord Stream 2 zu öffnen.
Aber die Energiesicherheit, die muss gewährleistet sein. Es darf kein Tabu sein über Wege zu sprechen, um Energiesicherheit herzustellen.
Das Interview führte Andrea Maurer aus dem ZDF-Hauptstadtstudio Berlin.