Interview

: "Von vielen autokratischen Regimen abhängig"

30.11.2022 | 00:55 Uhr
DIW-Präsident Marcel Fratzscher sieht beim Flüssiggas-Deal mit Katar dringendere Fragen als die nach dem Regime. Es solle künftig um Souveränität bei erneuerbaren Energien gehen.
Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW), hat den Flüssiggas-Deal mit Katar begrüßt. Es sei ein "Erfolg der Bundesregierung, dass sie hier sich durchgesetzt hat", so Fratzscher.
Das von Katar gelieferte Gas werde jedoch auch nur "ein wenig helfen" und bei weitem nicht die Lücke schließen können, die das Fehlen des russischen Gases hinterlasse. Auch niedrige Preise seien dadurch nicht absehbar, da Flüssiggas deutlich teurer sei, so Fratzscher.

Fratzscher: Besser die Frage nach erneuerbaren Energien stellen

Angesprochen auf einen Deal mit einem Land, das wegen seiner autoritären Führung in der Kritik steht, entgegnete Fratzscher:
Deutschland ist seit geraumer Zeit von vielen autokratischen Regimen abhängig.
Marcel Fratzscher, DIW-Präsident
Zwar nicht unbedingt bei Energie, aber bei vielen Rohstoffen aus China. Dem Land, dem gegenüber laut Fratzscher die größte Abhängigkeit besteht. Deshalb sehe er weniger ein Problem darin, dass man bei dem Katar-Deal in eine Abhängigkeit von einem autokratischen Regime gehe, sondern vielmehr müsse die Frage sein: Wie kann man den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen? Darum müsse es langfristig gehen.
Nicht nur aus Klimaschutzgründen, die extrem wichtig sind, sondern eben auch, um Souveränität - gerade im wichtigen Bereich wie Energie - zurückzugewinnen.
Marcel Fratzscher, DIW-Präsident

Flüssiggas-Deal mit Katar soll über 15 Jahre gehen

Katar will von 2026 an Flüssigerdgas (LNG) nach Deutschland liefern. Die geplante Menge an geliefertem Gas aus Katar könnte nach Schätzungen etwa drei Prozent des deutschen Jahresbedarfs decken. Der Energieriese Qatar Energy unterzeichnete dazu am Dienstag zwei Abkommen mit dem US-Unternehmen Conoco Phillips, das das Gas nach Brunsbüttel liefern soll.
Dort wird ein Flüssiggasterminal gebaut. Deutschland will mit LNG aus aller Welt ausbleibendes Erdgas aus Russland ersetzen. Die Lieferungen aus Katar sollen bis zu zwei Millionen Tonnen im Jahr umfassen und über mindestens 15 Jahre gehen.

In Wilhelmshaven ist in Rekordzeit der erste Anleger für Flüssigerdgas fertig. Ab Januar kann das Terminal in Betrieb genommen werden. Deutschland will so das ausbleibende russische Pipeline-Gas kompensieren.

15.11.2022 | 01:56 min
Quelle: ZDF, dpa

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