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: Flüssiggas: Pipeline-Engpass in Belgien

von Ralph Goldmann
02.12.2022 | 17:25 Uhr
Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wollen mehr Flüssiggas über das LNG-Terminal in Zeebrugge importieren. Die Leitungen sollen in Zukunft Wasserstoff transportieren können.
NRW und Rheinland-Pfalz wollen bald mehr Flüssiggas importieren - auch via BelgienQuelle: dpa
Es ist Mai 2021, mitten in der Coronapandemie. In einem provisorischen weißen Zelt in Würselen in der Nähe von Aachen steht Armin Laschet, der damalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen - und er kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. Er ist Ehrengast auf der Einweihungsfeier der 216 Kilometer langen Gaspipeline Zeelink von der deutsch-belgischen Grenze bis ins Münsterland.
Die Pipeline transportiert seither sogenanntes LNG, also Flüssiggas, das in Tankern im belgischen Zeebrugge unter anderem aus den USA, Australien und Katar ankommt. Vom Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine war im Mai 2021 noch keine Rede. Auch nicht davon, dass LNG einmal dabei helfen könnte, unabhängiger von Gasimporten aus Russland zu werden.
Zeelink verbinde "die europäische Energieinfrastruktur noch stärker" und stehe "somit für Versorgungssicherheit - jetzt und in Zukunft", so Laschet damals. Dabei war die Leitung lange umstritten. Bürgerinitiativen leisteten Widerstand, so dass Planungs- und Genehmigungsverfahren fast fünf Jahre dauerten. Inzwischen ist sie in Betrieb und kann derzeit jährlich 22 Millionen Kubikmeter Gas liefern.

Zwei deutsche Bundesländer wollen mehr LNG

NRW und Rheinland-Pfalz wollen jetzt aufgrund ihrer geographischen Lage noch mehr LNG aus Zeebrugge und Antwerpen importieren als von den weiter entfernten Terminals vor Wilhelmshaven und Brunsbüttel, die ab Dezember in Betrieb gehen sollen.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hatte bereits im September bei einem Besuch in Belgien gesagt: "Mir ist wichtig, alle Möglichkeiten zu erschließen, um unser Bundesland gut mit Energie zu versorgen". Belgien ist inzwischen hinter Norwegen und den Niederlanden drittgrößter Exporteur von Gas nach Deutschland.
Auch nach Ansicht von NRW soll Belgien eine viel größere Rolle spielen. Das Land will mehr LNG aus Zeebrugge und in Zukunft 34 Millionen Kubikmeter über die Zeelink-Pipeline importieren. Dafür muss aber ein Engpass auf einer Länge von 44 Kilometern zwischen Gent und Brüssel ausgebaut werden. Der Betreiber der Pipeline, das belgische Unternehmen Fluxys, hat angekündigt, die Leitung bis Ende 2023 fertig zu stellen, erwartet aber Widerstand von Naturschützern.

Flüssiggas nicht nur aus dem Norden Deutschlands

Ob dann aber mehr LNG aus Belgien als bislang auch nach Deutschland fließt, ist völlig offen. Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums teilte auf Anfrage lediglich mit, es werde derzeit ermittelt, "welche Netzausbaumaßnahmen notwendig sind, um einen erhöhten Import zukünftig auch dauerhaft zu gewährleisten."
Konkret werde geprüft, ob das Flüssiggas in Zukunft vorrangig über nationale LNG-Anlagen wie Wilhelmshaven oder über Belgien nach Deutschland geliefert werden soll.
NRW-Europaminister Nathanael Liminksi (CDU) hatte schon im Sommer in Richtung Ampel-Koalition gestichelt:
Ich würde mir wünschen, dass die Bundesregierung ihre allzu einseitige Orientierung in Richtung Norddeutschland beendet und ihr Augenmerk stärker als bisher auch den Potenzialen bei unseren Freunden im Westen widmet.
Nathanael Liminksi, NRW-Europaminister (CDU)
Diese Darstellung entspreche "nicht der Faktenlage", so das Bundeswirtschaftsministerium.

Die Pipeline könnte auch Wasserstoff transportieren

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) klang später dann auch etwas zurückhaltender: Energiestrategisch müsse die gesamte Nordseeküste für Deutschland eine herausgehobene Rolle spielen. "Dazu gehören unsere Nachbarn im Westen ganz ausdrücklich."
Wichtig sind größere Röhren von Zeebrugge nach Deutschland auch deshalb, weil irgendwann einmal nicht mehr nur Flüssiggas, sondern klimaneutraler Wasserstoff durch die Pipelines fließen soll. Wüst hat versprochen, NRW  zur ersten klimaneutralen Industrieregion Europas zu machen. Größere Leitungen in und aus Belgien könnten ihm dabei helfen, dieses Versprechen einzulösen.

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