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: Verflüssigtes Erdgas: Das Wichtigste zu LNG

von Tai Becker
17.12.2022 | 14:06 Uhr
Verflüssigtes Erdgas soll Deutschland schneller unabhängig von Russland machen. Nun wurde das erste Anlandungsterminal eröffnet. Wo kommt LNG her und wie funktioniert die Technik?
Der Bau zur Anbindung des LNG-Terminals in Wilhelmshaven läuft auf Hochtouren.Quelle: dpa
Deutschland will die ausbleibenden russischen Gaslieferungen schnellstmöglich ersetzen. Ein entscheidender Baustein in der Energiekrise ist Liquefied Natural Gas (LNG), also verflüssigtes Erdgas. Dieses kann im Vergleich zu herkömmlichem Erdgas mit Schiffen transportiert werden. Der aufwendige (und politisch hochumstrittene) Bau von Pipelines wie Nord Stream 2 entfällt.
Trotzdem ist auch für LNG besondere Infrastruktur nötig. Da Deutschland in den letzten Jahren vor allem auf die vorhandenen Leitungen und Lieferungen aus Russland gesetzt hat, ist eine Belieferung mit LNG bislang nur über Umwege möglich. Die wichtigsten Fakten im Überblick:

Erdgas und LNG - wo ist der Unterschied?

LNG ist im Prinzip nichts anderes als stark zusammengepresstes Erdgas. In flüssiger Form verringert sich dessen Volumen um das rund Sechshundertfache. Der jährliche Gasbedarf eines deutschen Haushalts (20.000 Kilowattstunden) ließe sich mit rund zehn Regentonnen (310 Liter Inhalt) LNG abdecken.

Ist LNG eine Alternative zum russischem Erdgas? Das Grafikvideo zeigt, woher unser Erdgas eigentlich kommt. Es erklärt, was LNG ist und zeichnet den Weg von der Förderung bis zur Einspeisung.

14.03.2022 | 03:17 min
Hier liegt der entscheidende Vorteil von LNG: Es braucht wesentlich weniger Platz und kann somit ohne Pipeline in weit entfernte Länder geliefert werden. Den Transport übernehmen riesige Schiffe. Allerdings wird Erdgas erst bei etwa minus 162 Grad Celsius flüssig. Verflüssigung, Transport und Wiederaufbereitung sind daher energieintensiv und technisch anspruchsvoll.

Welche Infrastruktur braucht Deutschland für LNG?

Was bislang fehlte, sind LNG-Terminals zur Aufbereitung (Regasifizierung) des LNGs an Bord der Tanker. Dabei wird es erwärmt, so dass es wieder in den gasförmigen Zustand wechselt. Anschließend kann es in Hochdrucknetze für den Handel oder den Weitertransport eingespeist werden. LNG kann an entsprechenden Terminals auch auf kleinere Schiffe, Lastwagen oder Güterwaggons gepumpt werden.

Um unabhängig von russischem Erdgas zu werden, hat die Bundesregierung den schnellen Bau von zwei LNG-Terminals angekündigt. Was sind die Vor- und Nachteile von Flüssiggas?

07.03.2022 | 06:28 min
Deutschland setzt vor allem auf Spezialschiffe, sogenannte Floating Storage and Regasification Units (FSRU), die LNG von Tankern aufnehmen und es noch an Bord in Gas umwandeln können. Sie sollen in Nord- und Ostsee stationiert werden. Zum Weitertransport erhalten sie eine Leitungsanbindung zum Festland. Ein solches FSRU hat Bundeskanzler Scholz nun offiziell in Betrieb genommen.

Wie lange dauert es, bis deutsche LNG-Terminals einsatzbereit sind?

Derzeit werden hierzulande noch weitere Terminals realisiert. Zuvor kam es über Belgien, Frankreich und die Niederlande an. Zum Jahreswechsel sollte neben dem nun in Betrieb gegangenen FSRU in Wilhelmshaven auch ein weiteres angemietetes in Brunsbüttel in Betrieb gehen.
Vier große deutsche Gasimporteure haben zugesichert, diese beiden Terminals dann sofort maximal zu beliefern. Laut Bundeswirtschaftsministerium haben sie eine Kapazität von jährlich 12,5 Milliarden Kubikmetern. Das entspricht dem Jahresverbrauch von 6,25 Millionen Haushalten (verglichen mit der Beispielrechnung oben).
Zwei weitere derartige Schiffe sollen voraussichtlich ab Ende 2023 in Stade und ab 2024 in Lubmin im Einsatz sein. Laut Wirtschaftsministerium sind für die vier Projekte öffentliche Mittel in Höhe von 2,94 Milliarden Euro vorgesehen.
Am 1. September verkündete das Wirtschaftsministerium die Anmietung eines fünften Terminals. Es soll ebenfalls im Winter 2023/2024 in Betrieb gehen. Parallel soll die Möglichkeit zur Anlandung von grünem Wasserstoff geschaffen werden.
In Lubmin und Wilhelmshaven entstehen zudem privat betriebene FSRU.

Wie sind andere Länder auf die Belieferung mit LNG vorbereitet?

Japan, sowie Südkorea und Taiwan setzen seit Jahren auf LNG. Die Belieferung mit Erdgas via Pipelines wäre wegen ihrer Lage zu teuer. Aber auch in der Europäischen Union gibt es Länder, die ihren Bedarf teils über LNG decken.

Mehr als sechs große Depots, in denen Flüssiggas wieder in Gas umgewandelt werden kann, machen das Land zum Umschlagplatz von Flüssiggaslieferungen aus den USA, Katar und Nigeria.

15.06.2022 | 02:16 min
2021 importierten 13 EU-Länder insgesamt 80 Milliarden Kubikmeter. Dies machte etwa 20 Prozent der gesamten Gaseinfuhren in die EU aus. Größte Abnehmer waren: Spanien, Frankreich, Italien, die Niederlande und Belgien. Auch Großbritannien und Portugal importieren LNG.

Welche Länder exportieren flüssiges Erdgas?

2021 importierte die EU 28 Prozent des LNGs aus den USA, jeweils 20 Prozent kamen aus Katar und Russland. Katar will auch ab 2026 in größerem Umfang Flüssigerdgas nach Deutschland liefern und hat dazu ein Abkommen mit dem US-Unternehmen Conoco Phillips unterzeichnet. Etwa drei Prozent des deutschen Jahresbedarfs sollen dadurch gedeckt werden können. Weitere wichtige Lieferanten sind Nigeria und Algerien.
Katar ist bislang mit Abstand der größte LNG-Produzent weltweit. Insbesondere die USA und Australien planen, in den kommenden Jahren ihre Produktion bedeutend zu steigern.

Welche Kritik gibt es an LNG in Deutschland?

Kritik an den LNG-Ausbauplänen kommt insbesondere von Umweltverbänden. Sie bemängeln zum einen, dass der Bau neuer Infrastruktur für einen fossilen Brennstoff dem Klimaneutralitätsziel der Bundesregierung widerspreche.
Außerdem gibt es unmittelbare Umwelteinwände. Das Terminal in Wilhelmshaven könnte etwa die heimische Schweinswalpopulation gefährden. Die Umweltschützer kritisieren vor diesem Hintergrund auch die beschleunigten Genehmigungsverfahren für die LNG-Projekte.
Quelle: mit Material von AFP und dpa

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