: Biden: Kein Beleg für Einnahme ganz Mariupols

21.04.2022 | 23:38 Uhr
Putin verkündete die Einnahme Mariupols. Laut Biden gibt es dafür aber keinen Beleg. Mehr als 7,7 Millionen Ukrainer sind im eigenen Land vertrieben. Das geschah an Kriegstag 57.

Das Wichtigste in Kürze

  • Russland hat die Einnahme von Mariupol verkündet
  • Putin ordnet Belagerung statt Erstürmung des Stahlwerks in Mariupol an
  • Bundesregierung plant für Lieferung schwerer Waffen Ringtausch mit Slowenien
  • USA sichern Ukraine hunderte Millionen Dollar an Wirtschafts- und Militärhilfe zu
  • Weitere Massengräber bei Borodjanka entdeckt

Anmerkung der Redaktion

Angaben zum Verlauf des Krieges oder zu Opferzahlen durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Seite können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Wir fassen für Sie im Folgenden die wichtigsten Entwicklungen zu Russlands Krieg gegen die Ukraine zusammen. Weitere News-Updates zur Lage und zu Reaktionen erhalten Sie jederzeit auch in unserem Liveblog zu Russlands Angriff auf die Ukraine.

Die Entwicklungen von Tag 57 im Ukraine-Krieg:

  • Russland hat die Einnahme der hart umkämpften Hafenstadt Mariupol verkündet. Das teilte Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Donnerstag bei einem mit Kremlchef Wladimir Putin im Staatsfernsehen übertragenen Treffen mit. In dem Stahlwerk Asowstal befänden sich aber immer noch mehr als 2.000 ukrainische Soldaten. US-Präsident Joe Biden äußerte Zweifel daran, dass Russland Mariupol kontrolliere. "Es gibt noch keinen Beweis, dass Mariupol komplett gefallen ist", sagte er in einer Rede. Auch Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj halte die Stadt noch nicht für vollständig verloren, wie dpa unter Bezug auf örtliche Medien berichtet. Demnach gebe es einen militärischen sowie einen diplomatischen, humanitären Weg, die Stadt zu befreien, so Selenskyj.
  • Russlands Präsident Wladimir Putin sieht keinen Grund mehr, das Industriegebiet in Mariupol zu stürmen. Die entsprechenden Pläne würden nicht mehr umgesetzt, sagte Putin bei dem Treffen. Die Anlage solle aber derartig blockiert werden, so dass es noch nicht mal mehr eine Fliege durchkäme, ohne entdeckt zu werden.
  • Russische Streitkräfte rücken in der Ukraine nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums von Sammelpunkten im Donbass in Richtung der Stadt Kramatorsk vor. Die Stadt ist Ziel anhaltender russischer Raketenangriffe. Der Kreml wolle "signifikante Erfolge" vor den jährlichen Feierlichkeiten zum Tag des Sieges über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg am 9. Mai vorweisen.
  • Laut dem US-amerikanischen Institute for the Study of War haben die russischen Truppen bei ihrer Offensive in der Ostukraine kleine Fortschritte gemacht. Demnach haben die Streitkräfte mehrere Kleinstädte erobert und sind in die wichtigen Frontstädte Rubischne und Popasna vorgerückt. Der Gouverneur von Luhansk, Serhij Hajdaj, gab an, dass Rubischne und Popasna "teilweise" unter russischer Kontrolle seien. Insgesamt kontrolliere Russland nun etwa 80 Prozent des Gebietes Luhansk, so Hajdaj.

Zehntausende reisen zurück in die Ukraine. Sie wollen vor Ort helfen und das orthodoxe Osterfest mit ihrer Familie feiern. Sie gehen wieder in ihr Land – zurück in ihr Zuhause.

21.04.2022 | 04:04 min
  • Wie die Deutsche Presse-Agentur aus ukrainischen Regierungskreisen erfuhr, hat die Ukraine seit Kriegsbeginn von Deutschland gut 2.500 Luftabwehrraketen, 900 Panzerfäuste mit 3.000 Schuss Munition, 100 Maschinengewehre und 15 Bunkerfäuste mit 50 Raketen erhalten. Hinzu kommen 100.000 Handgranaten, 2.000 Minen, rund 5.300 Sprengladungen sowie mehr als 16 Millionen Schuss Munition verschiedener Kaliber für Handfeuerwaffen vom Sturmgewehr bis zum schweren Maschinengewehr. Nicht enthalten in der Liste sind schwere Waffen wie Panzer oder Artillerie.
  • Seit Beginn der russischen Invasion sind nach Angaben der UN-Organisation für Migration (IOM) mehr als 7,7 Millionen Ukrainer zu Binnenvertriebenen geworden - das entspricht jedem sechsten Einwohner. Frauen und Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen seien überproportional betroffen.
ZDFheute Infografik
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Die Situation in den ukrainischen Städten:

  • Außenministerin Annalena Baerbock hat Russlands Präsident Wladimir Putin aufgefordert, die Evakuierung der umkämpften ukrainischen Hafenstadt Mariupol zu ermöglichen. "Es liegt in Putins Hand, diese Bombardierung dort entsprechend einzustellen und zu stoppen", sagte die Grünen-Politikerin nach einem Treffen mit ihrer estnischen Amtskollegin Eva-Maria Liimets in der Hauptstadt Tallinn.
Die Lage ist nicht nur hochdramatisch, sie ist kaum zu ertragen.
Annalena Baerbock, Bundesaußenministerin
  • Insgesamt neun Leichen von Zivilisten, einige davon mit Folterspuren: Die Polizei der Region Kiew hat nach eigenen Angaben zwei weitere Massengräber in Borodjanka gefunden. Der Kiewer Vorort gehört zu den am stärksten zerstörten Städten in der Hauptstadtregion. Die Ukraine ging bereits kurz nach dem Abzug der russischen Einheiten von Hunderten zivilen Todesopfern aus und warf Russland schwere Kriegsverbrechen vor.

Es sei absolut unverständlich, dass die russische Regierung sich weigere zuzugeben, dass in der Ukraine Zivilisten wahllos getötet wurden, so Belkis Wille von der Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch".

21.04.2022 | 08:46 min

Reaktionen und Folgen des russischen Angriffs:

  • US-Präsident Joe Biden will der Ukraine weitere Militärhilfe im Umfang von 800 Millionen Dollar zukommen lassen, darunter Artillerie und Drohnen. Zudem versprach er in einer Rede 500 Millionen Dollar an wirtschaftlicher Hilfe. Biden betonte, dass weiter Druck auf Russland ausgeübt werden müsse. Er kündigte an, keine Schiffe unter russischen Flagge mehr in den USA anlegen zu lassen.
  • Für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine plant die Bundesregierung einen Ringtausch über den Nato-Partner Slowenien. Slowenien soll dabei den noch in der Sowjetunion entwickelten T-72-Kampfpanzer an Kiew liefern, heißt es aus Regierungskreisen. Im Gegenzug soll die slowenische Armee dafür den Schützenpanzer Marder sowie den Radpanzer Fuchs aus Deutschland bekommen.
  • Bundesinnenministerin Nancy Faeser will politisch Verfolgte aus Russland besser schützen. "Wir wollen alles dafür tun, damit diese Menschen, die Putins verbrecherischen Krieg ablehnen, in Deutschland sicher sind", sagt die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Sie sei "besorgt", dass die Zahl von Asylbewerbern aus Russland seit Beginn des Krieges nicht stark gestiegen sei. Menschen, die vor Putins Politik fliehen müssten, schafften es vielleicht nicht bis nach Deutschland.  
  • Frankreichs rechte Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen ist gegen einen Importstopp für Gas aus Russland. Ein solcher Schritt würde den Franzosen wehtun. Deshalb sei sie dagegen, sagte sie in der einzigen TV-Debatte mit ihrem Kontrahenten Emmanuel Macron. Abgesehen davon wolle sie im Falle ihrer Wahl Macrons Unterstützung der Ukraine fortführen.

Ukraine: Hier können Sie spenden

Quelle: ZDF
Wenn Sie helfen wollen, können Sie das durch eine Spende tun. Alle Informationen hierzu im Überblick.

Wie arbeitet das Aktionsbündnis?

Das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe hilft Menschen in der Ukraine und auf der Flucht. Gemeinsam sorgen die Organisationen Caritas international, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie Katastrophenhilfe und UNICEF Deutschland für Unterkünfte und Waschmöglichkeiten, für Nahrungsmittel, Kleidung, Medikamente und andere Dinge des täglichen Bedarfs. Auch psychosoziale Hilfe für Kinder und traumatisierte Erwachsene ist ein wichtiger Bestandteil des Hilfsangebots.

Das ist an Tag 56 passiert:

Die Ukraine schlägt Verhandlungen mit Russland in Mariupol vor, EU-Ratschef Charles Michel sichert bei seinem Besuch in Kiew Unterstützung zu und Melnyks Kritik entfacht eine neue Debatte über deutsche Waffenlieferungen - lesen Sie hier, wie sich die Lage in der Ukraine am Mittwoch entwickelt hat:
Quelle: AP, AFP, dpa, Reuters, ZDF

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