: US-Botschaft in Kiew nimmt Betrieb wieder auf
18.05.2022 | 23:56 Uhr
Türkei blockiert Nato-Beitrittsgespräche mit Finnland und Schweden. US-Botschaft in Kiew nimmt Betrieb wieder auf. Deutschland liefert Panzer nach Tschechien. Das Wichtigste in Kürze
- Türkei blockiert Gespräche über Nato-Beitritt von Schweden und Finnland
- Russland weist Dutzende europäische Diplomaten aus
- Ukraine berichtet von zerstörten russischen Bataillonen
- Russland: Hunderte Soldaten in Mariupol ergeben sich
- US-Botschaft nimmt Betrieb in Kiew wieder auf
- Selenskyj will Kriegsrecht verlängern
Anmerkung der Redaktion
Angaben zum Verlauf des Krieges oder zu Opferzahlen durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Seite können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Wir fassen für Sie im Folgenden die wichtigsten Entwicklungen zu Russlands Krieg gegen die Ukraine zusammen. Weitere News-Updates zur Lage und zu Reaktionen erhalten Sie jederzeit auch in unserem Liveblog zu Russlands Angriff auf die Ukraine.
Das war die Lage an Tag 84:
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will das wegen der russischen Invasion verhängte Kriegsrecht und die angeordnete Mobilmachung um drei Monate verlängern lassen. Die entsprechenden Gesetzentwürfe wurden am Mittwoch veröffentlicht. Nach der als sicher geltenden Bestätigung durch die Abgeordneten gilt der Kriegszustand damit bis zum 23. August. Einen Tag später feiert die Ukraine traditionell ihren Unabhängigkeitstag.
- Die Ukraine hat dem eigenen Verteidigungsministerium zufolge 17 taktische Bataillonsgruppen von Russland in 80 Tagen zerstört. Russland sei nicht in der Lage, in mehreren strategischen Bereichen gleichzeitig Offensiven durchzuführen, twitterte das Ministerium. Gleichzeitig forderte die Ukraine weitere Unterstützung, damit der Krieg schneller endet.
Ukrainisches Verteidigungsministerium zu Bataillonen
- Die geschlossene US-Botschaft in Kiew nimmt ihren Betrieb wieder auf. Man habe zusätzliche Maßnahmen für die Sicherheit der nach Kiew zurückkehrenden Kolleginnen und Kollegen ergriffen, teilte das US-Außenministerium mit. Die US-Flagge auf dem Gebäude sei gehisst worden. Die USA hatten ihre Botschaftsgeschäfte vor rund drei Monaten von der Hauptstadt Kiew zunächst in die westukrainische Stadt Lemberg nahe der Grenze zu Polen verlegt. Kurz vor Ausbruch des Krieges reiste das Botschaftspersonal nach Polen aus.
Wie zuverlässig sind Angaben aus dem Ukraine-Krieg?
Viele Informationen, die uns aus dem Ukraine-Krieg erreichen, kommen von offiziellen russischen oder ukrainischen Stellen - also von den Konfliktparteien selbst. Solche Informationen sind deshalb nicht notwendigerweise falsch, aber zunächst nicht von unabhängigen Stellen überprüft. Eine solche Überprüfung ist wegen des Kriegsgeschehens oft nicht oder zumindest nicht unmittelbar möglich. Das ZDF trägt dieser Situation Rechnung, indem es Quellen nennt und Unsicherheiten sprachlich deutlich macht.
Zudem greifen die Informationsangebote des ZDF in ihrer Berichterstattung auf viele weitere Quellen zurück: Sie berichten mit Reportern von vor Ort, befragen Experten oder verweisen auf Recherchen anderer Medien. Zudem verifiziert ein Faktencheck-Team kursierende Aufnahmen und Informationen.
Warum werden dennoch Aussagen der Konfliktparteien zitiert?
Das ZDF ist in seiner Berichterstattung dem Grundsatz der Ausgewogenheit verpflichtet. Dazu gehört, grundsätzlich beide Seiten zu Wort kommen zu lassen. Gleichzeitig sehen wir es als unsere Aufgabe an, Aussagen auf Grundlage der vorliegenden Informationen einzuordnen und darüber hinaus - beispielsweise in Faktenchecks - Propaganda auch als solche zu entlarven und kenntlich zu machen.
Warum ist häufig von "mutmaßlich" die Rede?
Die Sorgfalt und Ausgewogenheit, denen das ZDF verpflichtet ist, beinhalten auch, sachliche Unwägbarkeiten transparent zu machen und Vorverurteilungen zu vermeiden. Ist ein Sachverhalt nicht eindeutig bewiesen, muss diese Unsicherheit offengelegt werden. Das geschieht in der Regel durch Formulierungen wie "mutmaßlich" oder "offenbar". Damit wird klar, dass zum Zeitpunkt der Berichterstattung aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse davon ausgegangen wird, dass sich ein Ereignis so zugetragen hat wie dargestellt, die letzte Gewissheit allerdings (noch) fehlt.
Das gilt zum Beispiel auch bei der Berichterstattung über Gerichtsprozesse: Eine Person gilt so lange als "mutmaßlicher Täter", bis ein Gericht ein rechtskräftiges Urteil gesprochen hat.
- Knapp drei Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs hat in der ukrainischen Hauptstadt Kiew der erste Prozess wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen begonnen. Der angeklagte 21 Jahre alte Russe habe bereits zu Prozessbeginn seine Schuld gestanden, berichteten örtliche Medien. Dem Panzersoldaten wird die Ermordung eines 62 Jahre alten Zivilisten im Gebiet Sumy in der Nordostukraine vorgeworfen. Dem aus Sibirien stammenden Unteroffizier droht nun lebenslange Haft.
- Der Widerstand ukrainischer Kräfte in Mariupol hat Russland wochenlang davon abgehalten, die volle Kontrolle über die Stadt zu erlangen. Das habe für deutliche Personalverluste auf russischer Seite geführt. Das geht aus dem täglichen Sicherheitsbericht des britischen Verteidigungsministeriums hervor.
Britisches Verteidigungsministerium zu Russischer Organisation
- Russland habe bei dem Angriff auf Mariupol auch tschetschenische Streitkräfte eingesetzt - bestehend aus der Nationalgarde, aber auch aus Freiwilligen. Das unterschiedliche Personal lasse laut ukrainischem Verteidigungsministerium darauf schließen, dass Russland ein Ressourcenproblem hat.

Ein Reporter-Team der BBC war in der Nähe von Isjum im Donbass unterwegs. Sie haben dort eine Einheit der Territorialverteidigung der Ukraine begleitet und den täglichen Terror des Krieges erlebt.
18.05.2022 | 01:54 minDie Situation in den ukrainischen Städten:
- Russland hat nach eigenen Angaben fast 700 weitere ukrainische Soldaten aus dem belagerten Azov-Stahlwerk in Mariupol gefangen genommen. In den vergangenen 24 Stunden hätten sich 694 Kämpfer ergeben, unter ihnen 29 Verletzte, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Insgesamt hätten sich seit Montag somit 959 ukrainische Soldaten auf dem Werksgelände in Mariupol ergeben, darunter 80 Verletzte. Von ukrainischer Seite gab es zunächst keine Infos dazu.
- Russische Truppen haben nach Kiewer Angaben von russischem Staatsgebiet aus die nordostukrainischen Gebiete Sumy und Tschernihiw beschossen. Der ukrainische Grenzschutz berichtete von sieben Angriffen mit schweren Maschinengewehren, automatischen Granatwerfern, Rohr- und Raketenartillerie. Das grenznahe Dorf Schostka im Gebiet Sumy sei über eine Stunde lang mit Mörsern beschossen worden. Opfer habe es aber nicht gegeben.
- Dem ukrainischen Verteidigungsminister Oleksij Resnikow zufolge graben sich die russischen Streitkräfte im Süden und Osten seines Landes ein. "Russland bereitet sich auf eine längerfristige Militäroperation vor", sagte er. Demnach verstärken die russischen Truppen derzeit ihre Positionen in den von ihnen besetzten Gebieten in den Regionen Saporischschja und Cherson, um "bei Bedarf in den Defensivmodus zu wechseln".
- Ukrainische Guerillakämpfer sollen in Melitopol mehrere ranghohe russische Offiziere getötet haben. Die russischen Truppen hätten am Dienstag die Kontrollen von Privatautos verschärft, um offenbar die Kämpfer aufzuspüren, teilte die Regionalverwaltung der südukrainischen Stadt auf Telegram mit.
- Im Laufe des Dienstags seien in der Region Donezk sieben Zivilisten "von den Russen" getötet und sechs weitere verletzt worden, erklärte der Gouverneur, Pawlo Kyrylenko, auf Telegram.
Reaktionen und Folgen des russischen Angriffs:
- Die Türkei hat in der Nato den Beginn der Beitrittsgespräche mit Finnland und Schweden zunächst blockiert. Wie das ZDF erfuhr, war es am Vormittag im Nato-Rat nicht wie ursprünglich geplant möglich, den für den Start des Aufnahmeprozesses notwendigen Beschluss zu fassen. Nach Angaben aus Bündniskreisen brachte die Türkei in der Sitzung Sicherheitsbedenken vor und machte klar, dass sie zum derzeitigen Zeitpunkt nicht zustimmen kann.
- Zuvor hatten Schweden und Finnland offiziell die Mitgliedschaft in der Nato beantragt. Botschafter der beiden Staaten übergaben Generalsekretär Jens Stoltenberg am Morgen die entsprechenden Dokumente in der Brüsseler Bündniszentrale. Mit den Aufnahmeanträgen wird sich nun der Nato-Rat beschäftigen. In ihm sitzen Vertreter der 30 Bündnisstaaten, die im Konsens eine Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen müssen.
- Im Rahmen eines Ringtausches will Deutschland 15 Panzer des Typs Leopard 2 A4 nach Tschechien liefern - und dadurch die Weitergabe tschechischer Waffen an die Ukraine ermöglichen. "Tschechien liefert schwere Waffen, wir helfen beim Schließen der Lücken mit Leopard-Panzern aus deutschen Industriebeständen", erklärte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD).
- Die britische Außenministerin Liz Truss unterstützt grundsätzlich ein Kriegsverbrechertribunal gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und Mitglieder seiner Führung. Putin "und alle, die hinter diesen entsetzlichen Kriegsverbrechen stecken", müssten zur Verantwortung gezogen werden, sagte Truss im Sender Times Radio auf eine entsprechende Frage des ukrainischen Parlamentsabgeordneten Olexij Hontscharenko.
- Präsident Wolodymyr Selenskyj äußerte sich in der Nacht zum Mittwoch zu seinem Telefonat mit Olaf Scholz: Er bezeichnete es als "recht produktiv". Man habe unter anderem über militärische Unterstützung für die Ukraine gesprochen.
- Russland hat die Ausweisung von 34 französischen, 27 spanischen und 24 italienische Diplomaten ausgewiesen Diplomaten angeordnet. Sie müssen Russland innerhalb von sieben Tagen verlassen, teilte das Außenministerium in Moskau mit. Die Botschafts- und Konsulatsmitarbeiter wurden zu unerwünschten Personen erklärt. Damit reagiert Moskau auf die Ausweisung russischer Diplomaten aus Madrid, Paris und Rom.
Ukraine: Hier können Sie spenden
Wenn Sie helfen wollen, können Sie das durch eine Spende tun. Alle Informationen hierzu im Überblick.
Wie arbeitet das Aktionsbündnis?
Das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe hilft Menschen in der Ukraine und auf der Flucht. Gemeinsam sorgen die Organisationen Caritas international, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie Katastrophenhilfe und UNICEF Deutschland für Unterkünfte und Waschmöglichkeiten, für Nahrungsmittel, Kleidung, Medikamente und andere Dinge des täglichen Bedarfs. Auch psychosoziale Hilfe für Kinder und traumatisierte Erwachsene ist ein wichtiger Bestandteil des Hilfsangebots.
- Der italienische Energieriese Eni beugt sich offenbar den russischen Vorgaben für die Bezahlung von Gas-Lieferungen. Das Unternehmen werde "in den kommenden Tagen" bei der Gazprombank ein Konto in Euro und eines in Rubel eröffnen, erklärte Eni. So könne den Zahlungsverpflichtungen in Euro nachgekommen werden, die russische Bank nehme dann die Umrechnung in Rubel vor.
- Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) hat einen globalen Anti-Hunger-Pakt angekündigt, der auf dem G7-Entwicklungsministertreffen heute und morgen in Berlin gestartet werden soll. "Es gibt Hungersnöte, weil Putin den Hunger gezielt als Waffe einsetzt. Dem müssen wir ein neues Bündnis für globale Ernährungssicherheit entgegensetzen, das wir bei diesem Treffen beschließen wollen", sagte Schulze der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Das passierte an Tag 83:
Moskau und Kiew haben die Verhandlungen über ein mögliches Kriegsende gestoppt, das finnische Parlament stimmte für einen Nato-Beitritt. Das war die Lage an Tag 83 im Ukraine-Krieg:
Quelle: dpa, AP, AFP, Reuters, ZDF