: Russland kündigt Feuerpause in Mariupol an

04.05.2022 | 23:52 Uhr
Russland kündigt Feuerpause für Stahlwerk in Mariupol an, Selenskyj erteilt russischen Forderungen nach Gebietsabtretungen eine klare Absage. Die Lage an Tag 70 im Überblick.
Russland kündigt eine Feuerpause an, dass die Zivilisten aus dem Asow-Stahlwerk in Mariupol fliehen können. Quelle: dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Russland kündigt Feuerpause für Stahlwerk in Mariupol an
  • Scholz unterstützt Kosovo bei EU-Beitritt
  • EU-Kommission schlägt Öl-Embargo gegen Russland vor

Anmerkung der Redaktion

Angaben zum Verlauf des Krieges oder zu Opferzahlen durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Seite können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Wir fassen für Sie im Folgenden die wichtigsten Entwicklungen zu Russlands Krieg gegen die Ukraine zusammen. Weitere News-Updates zur Lage und zu Reaktionen erhalten Sie jederzeit auch in unserem Liveblog zu Russlands Angriff auf die Ukraine.

Die Lage an Tag 70 im Ukraine-Krieg:

  • Russland will mit verstärkten Angriffen auf Bahnstrecken in der Ukraine den Nachschub an westlichen Waffen abschneiden. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, die Streitkräfte des Landes hätten sechs Bahnhöfe in der Ukraine "unbrauchbar gemacht, die zur Versorgung des ukrainischen Militärs im Osten mit Waffen dienten". Die Stromversorgung der Stationen sei mit hochpräzisen luft- und seegestützten Waffen bombardiert worden. Die Angaben ließen sich zunächst nicht bestätigen.
  • Die EU-Kommission schlägt in ihrem sechsten Sanktionspaket gegen Russland ein umfassendes Öl-Embargo vor. Mit einer Übergangsfrist von sechs Monaten sollten sämtliche Importe von russischem Rohöl gestoppt werden, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Europäischen Parlament in Straßburg. Bis Jahresende soll das Embargo auch alle raffinierten Öl-Produkte betreffen. Die 27 EU-Mitgliedstaaten müssen dem Vorschlag der Kommission noch geschlossen zustimmen. Vor allem Ungarn hat bereits Vorbehalte angemeldet.
  • Von der Leyen bestätigte auch Pläne für Strafmaßnahmen gegen weitere russische Banken. Sie sehen ihren Angaben zufolge vor, die Sberbank - die mit Abstand größte russische Bank - und zwei weitere große Banken vom internationalen Finanzkommunikationssystem Swift abzukoppeln.
Tweet der EU-Kommission

Die Situation in den ukrainischen Städten:

  • Russland hat eine Feuerpause und einen vorübergehenden Rückzug der eigenen Truppen für weitere Evakuierungen von Zivilisten aus dem belagerten Stahlwerk in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol angekündigt.
  • Am Donnerstag, Freitag und Samstag sollten jeweils von 8 Uhr bis 18 Uhr Ortszeit so genannte Fluchtkorridore eingerichtet werden, teilte der vom russischen Verteidigungsministerium eingerichtete Koordinierungsstab für humanitäre Maßnahmen am Mittwochabend mit." Während dieser Zeit stellen Russlands Streitkräfte und die Formationen der Volksrepublik Donezk jegliche Kampfhandlungen ein, die Einheiten werden auf eine sichere Entfernung zurückgezogen", heißt es in der Mitteilung.
  • Um das von russischen Truppen eingekesselte Asow-Stahlwerk in Mariupol tobten nach ukrainischen Angaben am Mittwoch heftige Kämpfe. Der Kontakt zu den dort verschanzten ukrainischen Kämpfern sei "verloren gegangen", sagte der Bürgermeister der südukrainischen Hafenstadt, Wadym Boitschenko, im Fernsehen.
  • Russland soll aus den besetzten Gebieten der Ukraine nach Kiewer Angaben 400.000 Tonnen Getreide abtransportiert haben. Das sei etwa ein Drittel der Getreidevorräte in den Regionen Cherson, Saporischschja, Donezk und Luhansk, sagte Vizeagrarminister Taras Wyssozkyj im ukrainischen Fernsehen.

Reaktionen und Folgen des russischen Angriffs:

  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat russischen Forderungen nach Gebietsabtretungen ein weiteres Mal eine klare Absage erteilt. "Das Ziel eines jeden Ukrainers ist die Wiederherstellung der territorialen Unversehrtheit in den internationalen Grenzen", sagte Selenskyj bei einer Veranstaltung des "Wall Street Journals" laut einer Mitteilung. Die russischen Truppen müssten sich zurückziehen.
  • Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat dem Kosovo die deutsche Unterstützung bei der angepeilten EU-Mitgliedschaft in Aussicht gestellt. "Der westliche Balkan gehört zu Europa", betonte Scholz nach einem Gespräch mit dem kosovarischen Ministerpräsidenten Albin Kurti. Unverzichtbar sei allerdings eine Verständigung zwischen dem Kosovo und dem Nachbarland Serbien.

Wie zuverlässig sind Angaben aus dem Ukraine-Krieg?

Viele Informationen, die uns aus dem Ukraine-Krieg erreichen, kommen von offiziellen russischen oder ukrainischen Stellen - also von den Konfliktparteien selbst. Solche Informationen sind deshalb nicht notwendigerweise falsch, aber zunächst nicht von unabhängigen Stellen überprüft. Eine solche Überprüfung ist wegen des Kriegsgeschehens oft nicht oder zumindest nicht unmittelbar möglich. Das ZDF trägt dieser Situation Rechnung, indem es Quellen nennt und Unsicherheiten sprachlich deutlich macht.

Zudem greifen die Informationsangebote des ZDF in ihrer Berichterstattung auf viele weitere Quellen zurück: Sie berichten mit Reportern von vor Ort, befragen Experten oder verweisen auf Recherchen anderer Medien. Zudem verifiziert ein Faktencheck-Team kursierende Aufnahmen und Informationen.

Warum werden dennoch Aussagen der Konfliktparteien zitiert?

Das ZDF ist in seiner Berichterstattung dem Grundsatz der Ausgewogenheit verpflichtet. Dazu gehört, grundsätzlich beide Seiten zu Wort kommen zu lassen. Gleichzeitig sehen wir es als unsere Aufgabe an, Aussagen auf Grundlage der vorliegenden Informationen einzuordnen und darüber hinaus - beispielsweise in Faktenchecks - Propaganda auch als solche zu entlarven und kenntlich zu machen.

Warum ist häufig von "mutmaßlich" die Rede?

Die Sorgfalt und Ausgewogenheit, denen das ZDF verpflichtet ist, beinhalten auch, sachliche Unwägbarkeiten transparent zu machen und Vorverurteilungen zu vermeiden. Ist ein Sachverhalt nicht eindeutig bewiesen, muss diese Unsicherheit offengelegt werden. Das geschieht in der Regel durch Formulierungen wie "mutmaßlich" oder "offenbar". Damit wird klar, dass zum Zeitpunkt der Berichterstattung aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse davon ausgegangen wird, dass sich ein Ereignis so zugetragen hat wie dargestellt, die letzte Gewissheit allerdings (noch) fehlt.

Das gilt zum Beispiel auch bei der Berichterstattung über Gerichtsprozesse: Eine Person gilt so lange als "mutmaßlicher Täter", bis ein Gericht ein rechtskräftiges Urteil gesprochen hat.

  • Serbiens Staatspräsident Aleksandar Vucic stellte eine Annäherung mit dem Nachbarland Kosovo in Aussicht. Er werde alles geben, um einen Kompromiss zu erreichen, versicherte Vucic nach einem Treffen mit Scholz.
  • Die Bundesregierung will in Kürze über die Lieferung weiterer schwerer Waffen in die Ukraine entscheiden. Es geht um Panzerhaubitzen - schwere Artilleriegeschütze, die 40 Kilometer weit schießen können. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht sagte es werde erörtert, ob die bisher von den Niederlanden geplante Lieferung von fünf Panzerhaubitzen 2.000 aufgestockt werden könne.
  • Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte, er habe mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte am Dienstag über das Projekt gesprochen. Es gebe noch keine Entscheidung. "Sie werden da aber ziemlich schnell was zu hören."
  • EU-Ratspräsident Charles Michel hat dem an die Ukraine angrenzenden Moldau eine Ausweitung der Militärhilfe zugesagt. "In diesem Jahr wollen wir unsere Unterstützung für Moldau deutlich erhöhen, indem wir den Streitkräften des Landes zusätzliche militärische Ausrüstung zur Verfügung stellen", sagte Michel bei einem Besuch in der Ex-Sowjetrepublik.
Charles Michel zu Hilfen für Moldau
  • Die deutschen Exporte sind im ersten Monat nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine unerwartet stark gefallen. Sie sanken im März um 3,3 Prozent im Vergleich zum Vormonat auf 120,6 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. 

Das war an Tag 69 passiert:

Macron sprach mit Putin, CDU-Chef Merz traf Selenskyj in der Ukraine, russische Soldaten stürmten Stahlwerk in Mariupol. Die Lage im Überblick.

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Quelle: ZDF
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Wie arbeitet das Aktionsbündnis?

Das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe hilft Menschen in der Ukraine und auf der Flucht. Gemeinsam sorgen die Organisationen Caritas international, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie Katastrophenhilfe und UNICEF Deutschland für Unterkünfte und Waschmöglichkeiten, für Nahrungsmittel, Kleidung, Medikamente und andere Dinge des täglichen Bedarfs. Auch psychosoziale Hilfe für Kinder und traumatisierte Erwachsene ist ein wichtiger Bestandteil des Hilfsangebots.
Quelle: dpa, Reuters, AP, AFP, epd, ZDF

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