: Wofür steht Giorgia Meloni?

22.10.2022 | 13:45 Uhr
"Gott, Familie und Vaterland": Giorgia Meloni ist das neue Gesicht der Rechten in Italien - und nun dank ihres Rechtsbündnisses Ministerpräsidentin. Die 45-Jährige im Porträt.
Vor fast genau 30 Jahren klopfte Giorgia Meloni in Rom an eine Tür. Sie hatte beschlossen, sich politisch zu engagieren. Der damals 15-Jährigen wurde aufgemacht, und sie durfte sich einschreiben in die Jugendorganisation des "Movimento Sociale Italiano" (MSI), einer von Faschisten gegründeten Partei.
Seit Samstag ist die gebürtige Römerin die erste Ministerpräsidentin Italiens. In drei Jahrzehnten hat sich Meloni in dem sonst so patriarchalischen Italien an allen Männern vorbei gekämpft und ist zum Gesicht der Rechten im Land geworden.

Meloni bevorzugt Familie aus Mann und Frau

Warum gerade die Erben der Faschisten Giorgia Meloni damals überzeugten, ist nicht klar. Sie spricht von einer Instinktentscheidung.
Ihre Lebenserfahrungen prägten durchaus ihre politischen Positionen. Dass sie ohne Vater aufwachsen musste, habe etwa dazu geführt, dass sie die "natürliche Familie", die aus Mann und Frau bestehe, verteidige, sagt Meloni. Meloni hat seit 2016 eine Tochter (Ginevra), ist mit deren Vater aber nicht verheiratet.

Fratelli d’Italia hat die Wahl klar gewonnen. Nun aber folgen entschiedene Tage in Rom, denn die Regierungsbildung muss voran kommen – dabei geht es auch um Posten.

13.10.2022 | 02:13 min

Meloni war jüngste Ministerin in der Geschichte Italiens

Giorgia Meloni und ihre Schwester wurden im Arbeiterviertel Garbatella in Rom von der Mutter und den Großeltern aufgezogen. Die Partei wurde ihre zweite Familie, der politische Aktivismus ihre Priorität.
Sie kandidierte schon früh für politische Ämter. Der MSI wurde kurz nach ihrem Eintritt in Alleanza Nazionale (AN) umbenannt und 1994 erstmals in die Regierung geholt. Parteichef Gianfranco Fini distanzierte sich 2003 vom Faschismus und bezeichnete diesen als das "absolut Böse". So eine klare Aussage zu den Wurzeln ihrer Partei vermeidet Meloni bis heute. Sie brach mit ihrem Förderer.
2006 wurde Meloni ins Parlament gewählt und 2008 die jüngste Ministerin (Jugend und Sport) der Geschichte Italiens. Es ist auf nationaler Ebene die einzige Regierungserfahrung, die sie vorweisen kann. 2012 gründete sie die rechtsradikale Partei Fratelli d'Italia.

Meloni sei "immer zuerst Italienerin"

Meloni, die sich bei Twitter mit "immer, überall und zuallererst Italienerin" beschreibt, steht für klar rechte Positionen:
  • Sie will Migranten - vor allem aus Afrika - abwehren
  • Harter Kurs gegen Kriminalität und neue Gefängnisse
  • Kein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare
  • Gegen Abtreibung
"Gott, Familie, Vaterland", dafür stehe Giorgia Meloni, sagt Andreas Postel, Leiter des ZDF-Studios in Rom. Ihre Partei sei bei der Wahl ein Sammelbecken für die "Frustrierten und Unzufriedenen" gewesen. "Gleichzeitig haben sie den harten, postfaschistischen Kern nicht verprellt."

Meloni weiß ihre Bühnen zu nutzen

Vieles, was die 45-Jährige über sich selbst erzählt, lässt sich unter einem Motto zusammenfassen: Was mich nicht umbringt, macht mich stärker. So schreibt sie in ihrer Biografie, dass sie jeden Tag Angst habe, dass andere sie nicht als gleichwertig betrachteten, und sie sich oft unzulänglich fühle.
Bei ihren Auftritten erscheint Meloni aber nicht unsicher, eher selbstbewusst, konfrontativ und meinungsstark. Argumente ihrer Kritiker scheinen an ihr abzuprallen. Ihre Bühne weiß sie zu nutzen - sei es im Fernsehen, vor ihren Anhängern oder in den sozialen Medien.
Denke man bei Populisten eher an den Typ Macho oder Alphatier, zeige Meloni, dass Frauen auch zu populistischen Führungsfiguren werden können, die andere Züge haben, sagte der Politikwissenschaftler Mattia Zulianello von der Universität Triest im vergangenen Jahr bei Arte über Meloni:
Indem sie sich als Mutter gibt, die ihre Kinder verteidigt, macht sie sich zur Mutter der Nation - und das funktioniert.
Politikwissenschaftler Mattia Zulianello von der Universität Triest
Quelle: Manuel Schwarz und Lena Klimkeit, dpa; ZDF

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