: Merkel: Am Amtszeit-Ende machtlos gegen Putin

24.11.2022 | 16:59 Uhr
Ex-Bundeskanzlerin Merkel hat im "Spiegel" von Machtlosigkeit gegenüber Russlands Präsidenten Putin am Ende ihrer Amtszeit berichtet. Für den Kreml-Chef zähle nur Macht.
Altkanzlerin Angela Merkel und Russlands Präsident Putin 2021 in MoskauQuelle: Reuters
Die frühere Kanzlerin Angela Merkel hat einem "Spiegel"-Bericht zufolge am Ende ihrer Amtszeit keine Möglichkeit mehr gesehen, auf Russlands Präsident Wladimir Putin einzuwirken. Der russische Angriff auf die Ukraine sei für sie nicht überraschend erfolgt, sagte Merkel dem "Spiegel".
Das Abkommen von Minsk, das 2014 einen ausufernden Krieg zwischen Russland und der Ukraine verhindern sollte, "war ausgehöhlt", so die Altkanzlerin. Sie habe im Sommer 2021 mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nochmals "ein eigenständiges europäisches Gesprächsformat" mit Russlands Präsident Wladimir Putin schaffen wollen.
Aber ich hatte nicht mehr die Kraft, mich durchzusetzen, weil ja alle wussten: Die ist im Herbst weg.
Angela Merkel, ehemalige Bundeskanzlerin

Merkel: Putin akzeptiert nur Macht

Merkel war im Dezember 2021 offiziell aus ihrem Amt geschieden. Im August davor war sie zu Russlands Präsident Putin zu einem Abschiedsbesuch nach Moskau gereist. "Das Gefühl war ganz klar: 'Machtpolitisch bist du durch'", sagte Merkel.
Für Putin zählt nur Power.
Angela Merkel, ehemalige Bundeskanzlerin
Sie sei sich mit dem damaligen US-Präsidenten Barack Obama in der Einschätzung Putins einig gewesen. "Wir haben nach der Krim-Annexion Russlands (2014) alles versucht, um weitere Überfälle Russlands auf die Ukraine zu verhindern, und unsere Sanktionen im Detail abgestimmt", wird Merkel zitiert.

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Merkel: Ansprüche in der Außenpolitik verringern

Sie glaube, dass Deutschland nicht als erste Nation modernste Panzer schicken sollte, weil man in Russland "mit Deutschland immer noch gut Stimmung machen kann". Merkel verteidigte ihre Politik gegenüber Russland und der Ukraine erneut. Dem "Spiegel"-Bericht zufolge ist Merkel überzeugt, bei Verhandlungen Zeit gekauft zu haben, die die Ukraine zur Vorbereitung auf den Krieg habe nutzen können. Merkel lobte in dem Gespräch auch den Widerstand der Ukrainer.
Zugleich äußerte sie Respekt für den kasachischen Präsidenten Kassym-Schomart Tokajew, der sich auf offener Bühne geweigert habe, Putins Krieg zu unterstützen. In Zentralasien bewege sich etwas mit Blick auf Russland. Zugleich warnte Merkel davor, in der Außenpolitik zu hohe Ansprüche zu stellen.
Wir müssen aufpassen, dass wir unsere Latte nicht so hoch hängen, dass zum Schluss niemand übrigbleibt, der unseren Ansprüchen noch genügen kann.
Angela Merkel, ehemalige Bundeskanzlerin

Merkel bereut Verzicht auf weitere Kanzlerkandidatur nicht

Merkel sagte dem "Spiegel" weiter, sie bereue es nicht, dass sie nicht noch einmal bei der Bundestagswahl als Kanzlerkandidatin angetreten war. "Da musste mal jemand Neues ran."
Außenpolitisch sei sie zum Ende ihrer Amtszeit bei vielem, was ihre Regierung wieder und wieder versucht habe, keinen Millimeter mehr weitergekommen. "Nicht nur, was die Ukraine angeht. Transnistrien und Moldau, Georgien und Abchasien, Syrien und Libyen. Es war Zeit für einen neuen Ansatz."
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Quelle: AFP, Reuters

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