: Putin sichert Scholz Gaszahlung in Euro zu

30.03.2022 | 20:32 Uhr
Scholz telefoniert mit Putin, Habeck beruft vorsorglich Gas-Krisenstab ein, Ukraine weiterhin unter Beschuss. Tag 35 in Russlands Krieg im Überblick.

Das Wichtigste in Kürze

  • Moskau spricht von "Umgruppierung" seiner Truppen rund um Kiew und Tschernihiw
  • Selenskyj glaubt nicht an Rückzug Russlands
  • Deutschland signalisiert Ukraine Bereitschaft für Sicherheitsgarantien
  • Habeck ruft Frühwarnstufe des Notfallplans Gas aus
  • Putin verspricht Scholz Möglichkeit von Gaszahlungen in Euro

Anmerkung der Redaktion

Angaben zum Verlauf des Krieges oder zu Opferzahlen durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Seite können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Wir fassen für Sie im Folgenden die wichtigsten Entwicklungen zum Krieg gegen die Ukraine zusammen. Weitere News-Updates zur Lage und zu Reaktionen erhalten Sie jederzeit auch in unserem Liveblog zu Russlands Angriff auf die Ukraine.

Entwicklungen an Tag 35 im Ukraine-Krieg:

  • Russlands Präsident Putin hat Bundeskanzler Scholz (SPD) zugesichert, dass europäische Unternehmen ihre Rechnungen für russisches Gas weiterhin in Euro begleichen können. Das teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit nach einem Telefonat der beiden mit. Die Zahlungen könnten weiterhin in Euro über die Gazprom-Bank abgewickelt werden, die nicht von Sanktionen betroffen sei, so Putin. Die Bank konvertiere dann das Geld in Rubel. Scholz habe dem nun von Putin erläuterten Verfahren nicht zugestimmt, erklärte Hebestreit weiter. Der Kanzler habe "lediglich um schriftliche Informationen gebeten, um das Verfahren genauer zu verstehen". Die G7-Vereinbarung gelte weiter.
  • Die Zahl der aus der Ukraine geflüchteten Menschen hat die Marke von vier Millionen überschritten. Seit dem Beginn der russischen Invasion am 24. Februar haben 4,02 Millionen Menschen das Land verlassen, wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR heute meldete. Zusätzlich sind nach Schätzungen der Vereinten Nationen rund 6,5 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht. 
  • Es sollte heute drei Fluchtkorridore im Südosten des Landes geben. Das sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes, Iryna Wereschtschuk. Dabei handele es sich um Fluchtrouten aus den Städten Berdjansk am Asowschen Meer und Melitopol. Dafür würden Busse in die umkämpften Städte fahren. Private Autos könnten sich der Buskolonne auf dem Rückweg anschließen. Zudem würden Hilfsgüter in die Städte gebracht. Zusätzlich sei ein Korridor für die Flucht von Zivilisten aus der Atomkraftwerks-Stadt Enerhodar nach Saporischschja vereinbart worden. Insgesamt habe die Ukraine Russland um 97 solcher Korridore für die am stärksten betroffenen Städte und Orte gebeten.
Quelle: ZDF
  • Die russische Regierung meldete heute keinen Durchbruch in der jüngsten Gesprächsrunde mit Vertretern der Ukraine. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, es sei positiv zu bewerten, dass die Ukraine schriftliche Vorschläge eingereicht habe. "Wir können nicht sagen, dass es etwas Vielversprechendes oder irgendwelche Durchbrüche gegeben hat."
  • Ungeachtet der Fortschritte bei den Verhandlungen mit Russland über ein Ende des Kriegs bleibt der ukrainische Präsident misstrauisch gegenüber Vertretern Russlands. "Diese Signale übertönen aber nicht die Explosionen russischer Geschosse", sagte Wolodymr Selenskyj in seiner Videoansprache zu Ankündigungen russischer Militärs, den Druck auf die Hauptstadt Kiew zu vermindern. "Der Feind befindet sich weiterhin auf unserem Gebiet." Realität sei, dass die ukrainischen Städte weiter belagert und beschossen würden.

Die Situation in den ukrainischen Städten:

  • Russland verlegt nach ukrainischen Angaben einige seiner Truppen in den Osten des Landes. Die russische Armee habe Verbände aus der Gegend um Kiew abgezogen und nach Osten geschickt, sagte Präsidentenberater Olexsij Arestowytsch heute im Fernsehen. Weitere russische Einheiten seien bei Kiew verblieben. Sie sollten ukrainische Truppen binden und verhindern, dass diese als Verstärkung nach Osten verlegt werden. Aus der Gegend um Tschernihiw hätten sich die Truppen noch gar nicht zurückgezogen.
  • Die Stadt Tschernihiw ist nach ukrainischen Angaben in der Nacht weiterhin von russischen Streitkräften angegriffen worden. "Tschernihiw wurde die ganze Nacht bombardiert", teilte Gouverneur Wjatscheslaw Tschaus im Onlinedienst Telegram mit. Die Angriffe erfolgten demnach mit Artillerie und Flugzeugen. In Tschernihiw sei zivile Infrastruktur zerstört worden und die Stadt sei noch immer ohne Wasser und Strom. Die russische Armee habe auch die nahegelegene Stadt Nischyn angegriffen.

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  • In der Region Chmelnitskji sind dem Gouverneur zufolge drei Industrieanlagen durch russischen Beschuss getroffen worden. Serhij Hamalii gibt nicht bekannt, welche genau. Es seien Feuer entdeckt worden. Ob es Opfer gegeben habe, werde geprüft.
  • Der Gouverneur der Region Luhansk im Osten der Ukraine berichtete von schwerem Artilleriebeschuss von Wohngebieten in der Ortschaft Lysytschansk am Morgen. "Einige Hochhäuser wurden beschädigt", schrieb Serhij Gaidai auf Telegram. Man sei dabei, Informationen über Opfer zu bestätigen. "Viele Gebäude sind eingestürzt. Rettungskräfte versuchen, die noch Lebenden zu retten."
  • Das russische Militär hat nach eigenen Angaben mit Boden-Boden-Raketen zwei Munitionslager im ostukrainischen Gebiet Donezk zerstört. In dem Ort Kamjanka habe die ukrainische Armee Munition für ihre Raketenartillerie gelagert, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums. Insgesamt seien binnen 24 Stunden 64 militärische Objekte der Ukraine zerstört worden. Die Ukraine habe auch drei Flugabwehrsysteme der Typen S-300 und Buk verloren, sagte Generalmajor Konaschenkow. Außerdem hätten russische Raketen, die von Flugzeugen abgefeuert wurden, Treibstofflager bei Starokostjantyniw und Chmelnizki im Westen der Ukraine getroffen. Dies deckt sich mit ukrainischen Angaben über Raketenangriffe in der Region. 
Wie sieht die Situation insgesamt in der Ostukraine aus? Hier erfahren Sie mehr:

Reaktionen auf den russischen Angriff:

  • Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck aktiviert wegen einer drohenden Verschlechterung der Versorgungslage die Frühwarnstufe des sogenannten Notfallplans Gas. "Es gibt aktuell keine Versorgungsengpässe", teilte der Grünen-Politiker heute in Berlin mit. "Dennoch müssen wir die Vorsorgemaßnahmen erhöhen, um für den Fall einer Eskalation seitens Russlands gewappnet zu sein." Diese erste von drei Krisenstufen sieht noch keine staatlichen Versorgungseinschränkungen vor.
  • Russland kündigte indes an, dass die Umstellung der Zahlungen für russische Gaslieferungen nach Europa von Euro und Dollar auf Rubel noch nicht am Donnerstag in Kraft treten werde. Die Lieferung von Gas und die Bezahlung seien getrennte Prozesse, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.
  • In einer ungewöhnlich harten Reisewarnung hat das US-Außenministerium alle Amerikaner darauf hingewiesen, dass sie bei Reisen in Russland von den dortigen Sicherheitsbehörden festgesetzt werden könnten. Angesichts der russischen Invasion in die Ukraine sei "das Potenzial für Belästigung von US-Bürgern" durch russische Sicherheitsdienste gestiegen, ebenso wie das gezielte Heraussondern und Festsetzen von US-Bürgern. "Alle US-Bürger, die in Russland wohnen oder reisen, sollten das Land umgehend verlassen."
  • Der Westen hat Russland wegen der Auswirkungen seines Angriffskriegs auf die globale Ernährungssicherheit schwer kritisiert. Der russische Präsident habe "diese weltweite Nahrungsmittelkrise verursacht", sagte US-Vize-Außenministerin Wendy Sherman im UN-Sicherheitsrat. Der französische UN-Botschafter Nicolas de Rivière erklärte, Putins Krieg "erhöht das Risiko von Hungersnöten".

Das ist an Tag 34 passiert:

Lesen Sie hier nach, wie sich die Lage in der Ukraine am Dienstag entwickelt hat:
Quelle: dpa, AFP, AP, epd, KNA, Reuters, ZDF

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