: Leichtere Namensänderung nimmt nächste Hürde

09.05.2023 | 14:30 Uhr
Vornamens- und Geschlechtseintragsänderungen sollen einfacher werden. Eckpunkte gab es schon vor einem Jahr, nun auch einen Gesetzentwurf. Endlich, sagen Verbände.
Schon vor einem Jahr haben Lisa Paus und Marco Buschmann ein Eckpunktepapier zum Selbstbestimmungsgesetz vorgestellt - heute gingen sie den nächsten Schritt. (Archivbild)Quelle: dpa
Die Pläne um das geplante "Selbstbestimmungsgesetz" zur leichteren Änderung des Geschlechtseintrags und Vornamens werden mit einem Entwurf konkreter. Transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen sollen ihren Geschlechtseintrag im Personenstandsregister und ihre Vornamen künftig durch eine Erklärung beim Standesamt ändern können.
Das sieht ein in Berlin veröffentlichter Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) vor. Die Ampel-Parteien hatten das Vorhaben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Nun können die Verbände bis Ende Mai eine Stellungnahme dazu bei den Ministerien einreichen.

Bald kein Attest mehr erforderlich

Damit wäre die Vorlage eines ärztlichen Attests oder die Einholung von Gutachten in einem Gerichtsverfahren nicht länger erforderlich. Die Regelung soll das Transsexuellengesetz von 1980 ablösen, das in wesentlichen Teilen als verfassungswidrig gilt. "Trans-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Personen sollen nicht länger entwürdigende Verfahren durchlaufen müssen, wenn sie ihren Geschlechtseintrag ändern lassen wollen", erklärt Buschmann.
Der Entwurf trifft keine Regelung zu geschlechtsangleichenden medizinischen Maßnahmen. Hier soll es bei den einschlägigen medizinischen Regelungen und Leitlinien bleiben. Buschmann betonte, dass der Entwurf Hausrecht und Privatautonomie wahre und Raum für sachgerechte Differenzierungen erlaube. Paus erklärte:
Wir sind mit dem Selbstbestimmungsgesetz erneut einen großen Schritt vorangekommen - und damit auch beim Schutz vor Diskriminierung und den Rechten trans- und intergeschlechtlicher und nichtbinärer Menschen.
Lisa Paus, Bundesfamilienministerin
Das steckt hinter den Begriffen:

"Trans" ...

... umfasst den Ministerien zufolge Personen, die sich nicht oder nicht nur mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde.

"Inter" ...

... bedeutet angeborene körperliche Merkmale zu haben, «die sich nach medizinischen Normen nicht eindeutig als (nur) männlich oder (nur) weiblich einordnen lassen».

"Nicht-Binär" ...

... wird als Selbstbezeichnung für Menschen die sich weder als Mann noch als Frau identifizieren definiert.

Änderung nach drei Monaten wirksam

Die Änderung von Geschlechtseintrag und Vornamen soll demnach durch eine "Erklärung mit Eigenversicherung" erfolgen, in der der Erwachsene erklärt, dass er sich der Tragweite und Folgen bewusst ist. Die Änderung soll nach drei Monaten wirksam werden. Für eine erneute Änderung gilt eine Sperrfrist von einem Jahr.
Für Minderjährige bis 14 Jahren sollen die Sorgeberechtigten die Änderungserklärung abgeben. Ab 14 kann der Jugendliche die Erklärung selbst abgeben, allerdings wird sie nur wirksam, wenn die Sorgeberechtigten zustimmen. Nach Maßgabe des Kindeswohls soll die Zustimmung aber auch durch das Familiengericht erfolgen können.
Personen, die ihren Geschlechtseintrag geändert haben, soll die Eintragung "Elternteil" in der Geburtsurkunde ihrer Kinder ermöglicht werden.
[Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, kritisiert im ZDF das Transsexuellengesetz. Es sei diskriminierend und verletze die Menschenrechte.]

Schutz vor Zwangsouting

Um Personen vor einem Zwangsouting zu schützen, soll es verboten sein, frühere Geschlechtseinträge oder Vornamen auszuforschen und zu offenbaren. Wird eine betroffene Person durch die Offenbarung absichtlich geschädigt, kann ein Bußgeld verhängt werden. Ein generelles Verbot des sogenannten "Misgenderns" oder "Deadnamings" ist im Entwurf nicht geregelt.
Transgeschlechtliche Menschen sind schon viel zu lange betroffen von Diskriminierung und würdeloser Behandlung - diesen Zustand werden wir endlich hinter uns lassen.
Marco Buschmann, Bundesjustizminister
Das Selbstbestimmungsgesetz lässt das private Hausrecht ausdrücklich unberührt. Auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz bleibt unberührt. Hinsichtlich des Zugangs zu geschützten Räumen wird sich durch das Selbstbestimmungsgesetz laut Ministerien nichts ändern. "Was heute im Rechtsverkehr zulässig ist, das ist auch künftig zulässig, was heute verboten ist, bleibt verboten", heißt es in der Pressemitteilung. Auch die Autonomie des Sports solle durch das Gesetz nicht angetastet werden.

Verbände begrüßen Gesetzentwurf

Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) begrüßte die Veröffentlichung des Entwurfs. "Betroffene und ihre Interessensvertretungen haben seit der Vorstellung des Eckpunktepapiers im Juni 2022 lange auf diesen nächsten Schritt gewartet, der sich mehrfach verschoben hat", sagte Mara Geri aus dem Bundesvorstand. Der Verband wolle die Regelungen nun genau analysieren. Ähnlich äußerte sich der Bundesverband Trans*.
Viel zu lange hat auf politischer Ebene die Initiative gefehlt, eine menschenrechtsbasierte Regelung auf den Weg zu bringen.
Bundesverband Trans*
"Endlich geht die aktuelle Regierung dieses längst überfällige Vorhaben an und präsentiert den Verbänden einen Entwurf", sagte Kalle Hümpfner.
Quelle: KNA, dpa

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