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: Finnland ist Nato-Mitglied - was das bedeutet

04.04.2023 | 12:49 Uhr
Durch den Nato-Beitritt Finnlands wächst das Verteidigungsbündnis auf 31 Mitglieder an. Was das für die Nato bedeutet und welche Reaktion von Russland zu erwarten ist im Überblick.

Finnland ist jetzt offiziell Mitgliedsland der Nato.

04.04.2023 | 02:33 min
Der Nato-Beitritt Finnlands ist vollzogen. Der finnische Außenminister Pekka Haavisto überreichte am Dienstag in Brüssel die Beitrittsurkunde seines Landes und schloss damit den Aufnahmeprozess ab. Nach einem nicht einmal einjährigen Beitrittsprozess ist das nordische Land mit 5,5 Millionen Einwohnern das 31. Mitglied des weltgrößten Verteidigungsbündnisses. Was das für die Nato bedeutet und welche Reaktion von Russland zu erwarten ist, zeigt ein Überblick:

Welche Bedeutung hat der Finnland-Beitritt für die Nato?

Sollte Finnland, das an Russland grenzt, vom Nachbarn angegriffen werden, würde dies nach dem Beitritt als Angriff auf alle Nato-Staaten angesehen werden - und jeder Alliierte wäre aufgefordert, Beistand zu leisten.
Finnland ist jetzt Nato-Mitglied, Schweden will folgen.Quelle: ZDF
Zugleich wird das 1949 gegründete Bündnis durch den Beitritt Finnlands größer und schlagkräftiger. Die ehemalige Nato-Chefstrategin Stefanie Babst erklärt im ZDF-Morgenmagazin, dass "die Finnen in den vergangenen Jahren stetig in die Modernisierung und den Ausbau ihrer militärischen Fähigkeiten investiert" haben.
Die Nato kann sich in der Tat sehr freuen über ein ausgesprochen militärisch leistungsstarkes neues Mitglied.
Stefanie Babst, ehemalige Nato-Chefstrategin

"Die Finnen haben in den vergangenen Jahren stetig in die Modernisierung und den Ausbau ihrer militärischen Fähigkeiten investiert", so die ehemalige NATO-Chefstrategin Stefanie Babst zu Finnlands NATO-Beitritt.

04.04.2023 | 05:48 min
Zudem könnten wegen der geografischen Lage Finnlands die baltischen Nato-Staaten Lettland, Litauen und Estland im Fall eines russischen Angriffs deutlich besser verteidigt werden. Die direkte Grenze zwischen der Nato und Russland von derzeit 1.215 Kilometer wird durch die Norderweiterung um rund 1.340 Kilometer mehr als verdoppelt. Insgesamt ist die russische Landgrenze etwa 20.000 Kilometer lang.
Der finnische Außenminister Haavisto hat die unterschriebene Beitrittsurkunde überreicht.Quelle: dpa

Was heißt die Nato-Erweiterung für den Kreml?

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sieht in der Aufnahme Finnlands ein klares Zeichen für das Scheitern der Politik von Russlands Präsident Wladimir Putin. Der Kreml-Herrscher sei mit dem erklärten Ziel in den Krieg gegen die Ukraine gezogen, in Europa weniger Nato-Präsenz zu haben und eine weitere Bündniserweiterung zu verhindern.
Stefanie Babst schließt sich im ZDF-Interview dieser Einschätzung an. Putin habe vor anderthalb Jahren die Nato aufgefordert, ihre sogenannte "Politik der offenen Tür" zu beenden und keine weiteren Mitglieder mehr aufzunehmen. "Und genau das Gegenteil hat er erreicht", sagt Babst.

Was Finnland militärisch in die Nato mitbringt

Finnland gehört nach Zahlen des International Institute for Strategic Studies (IISS) schon jetzt zu den Ländern, die jährlich zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung investieren. Dieser wichtige Nato-Richtwert wird von Deutschland und etlichen anderen Bündnispartnern derzeit nicht erreicht. Die Größe der finnischen Streitkräfte wird vom IISS mit 19.000 Soldaten angegeben, hinzu kommen rund 238.000 Reservisten. Für den Schutz der Landgrenzen verfügt Finnland unter anderem über etwa 100 Kampfpanzer von Typ Leopard 2A6 sowie Hunderte Artilleriegeschütze.

Quelle: dpa

Welche Reaktion ist von Russland zu erwarten?

Da die Nato ein Verteidigungsbündnis sei, werde von Finnland keine militärische Bedrohung für Russland ausgehen - das wisse auch Moskau, erklärt Militärexpertin Babst. Dennoch sei zu erwarten, dass der Kreml weiter an seinem "Narrativ" festhalte, der Westen sei eine "existenziellen Bedrohung" für Russland.
Dass Moskau militärisch auf die Norderweiterung antwortet, wird in der Nato allerdings für extrem unwahrscheinlich gehalten. Zum einen sind die russischen Streitkräfte durch den Angriffskrieg gegen die Ukraine gebunden und teils stark geschwächt. Zum anderen würde sich Putin dann auch mit den 30 anderen Nato-Staaten anlegen.
Dementsprechend kritisierte der Kreml den Nato-Beitritt seines Nachbarn als Bedrohung für seine eigene Sicherheit. "Die Erweiterung der Nato ist ein Angriff auf unsere Sicherheit und die nationalen Interessen Russlands", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Russland sei entsprechend zu Gegenmaßnahmen gezwungen.

Finnland ist nun offiziell Mitglied der NATO. Schweden konnte allerdings bisher noch nicht mitaufgenommen werden. ZDF-Reporter Florian Neuhann berichtet.

04.04.2023 | 01:16 min
Zugleich wies er die These zurück, dass der Nato-Beitritt Finnlands gleichbedeutend mit dem von Russland befürchteten Beitritt der Ukraine sei. "Die Lage mit Finnland unterscheidet sich fundamental von der Lage mit der Ukraine", sagte Peskow. Finnland sei nie zum "Antirussland" geworden, zudem habe es mit dem Nachbarn im Norden keinen Streit gegeben.
Für durchaus denkbar wird es in der Nato allerdings gehalten, dass Russland zum Beispiel Cyberangriffe gegen Ziele in Finnland führt oder versucht, mit verstärkten Aktivitäten der Luftstreitkräfte die finnische Bevölkerung zu beunruhigen. Der Vizechef des nationalen Sicherheitsrats und Ex-Präsident, Dmitri Medwedew, hat bereits mit einer Stationierung von Atomwaffen in der russischen Ostseeregion gedroht.

Wie geht es mit dem geplanten Beitritt Schwedens weiter?

Die Türkei blockiert weiter den schwedischen Nato-Beitritt, Ankara wirft Stockholm unzureichenden Einsatz gegen "Terrororganisationen" vor. Auch Budapest hat den Antrag Schwedens immer noch nicht ratifiziert - man stößt sich an schwedischen Aussagen zur Rechtsstaatlichkeit in Ungarn.
Expertin Babst sieht den "Schlüssel" für eine Ratifizierung des schwedischen Beitritts nun vor allem bei den USA.
Die Nato selbst hat eigentlich schon alles getan, was man so tun kann, um Druck auf diese beiden Staaten auszuüben.
Stefanie Babst, ehemalige Nato-Chefstrategin
Doch mit der Ankündigung Washingtons 16 Kampfflugzeuge an Ankara zu liefern, habe sich bereits etwas bewegt. Der türkische Präsident Erdogan versuche nun zu "pokern", um etwa F-35-Kampfflugzeuge geliefert zu bekommen, sagt Babst. Sie sei zuversichtlich, dass auch Schweden beim Nato-Gipfel in Vilnius im Juli aufgenommen werde.
Auch Stoltenberg äußerte sich optimistisch, dass Schweden ebenfalls Nato-Mitglied werde. Das Land werde nicht allein gelassen und könne schon heute darauf zählen, dass das Bündnis auf Drohungen oder Angriffe gegen das Land reagieren würde.
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Quelle: dpa, ZDF

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