: So hält sich Kim Jong Un an der Macht

29.12.2021 | 12:44 Uhr
Seit zehn Jahren regiert Kim Jong Un in Nordkorea. Das Land ist isolierter denn je und leidet unter Wirtschaftskrisen. Wie der Diktator seine Macht trotzdem sichern kann.
Kim Jong Un unter Militärs: Seit zehn Jahren regiert er Nordkorea. (Archivbild)Quelle: dpa
Kim Jong Un ist als Person und Staatsmann für das Ausland auch nach zehn Jahren an der Macht nur schwer zu fassen. Gegenüber den Bürgern seines Landes gibt sich Nordkoreas Machthaber gerne leutselig und volksnah, im Westen gilt Kim als eiskalter Despot eines Staates, dessen Kontrolle und Repressalien in alle Lebensbereiche der Bürger hineinreichen.

Mit politischen Säuberungen sicherte Kim Jong Un seine Macht

Am 29. Dezember 2011 übernahm Kim Jong Un die Amtsgeschäfte als "oberster Führer" in Nordkorea, 13 Tage nachdem sein Vater Kim Jong Il an einem Herzinfarkt gestorben war. Als Kim die Macht in dem totalitären Staat übernahm, war er nicht einmal 30 Jahre alt.
Beobachter und Nachbarländer vermuteten damals, dass unter dem jungen Diktator Instabilität das Land ergreifen könnte. Doch es folgte eine Phase der Machtkonsolidierung. Den politischen Säuberungen Kims fielen zahlreiche hochrangige Funktionäre zum Opfer, einschließlich seines Onkels Jang Song Thaek. Das zehnte Amtsjubiläum wird jetzt erneut von Aufrufen an die Bevölkerung begleitet, dem Sohn vollständig die Treue zu halten.

Corona-Krise macht sich auch in Nordkorea bemerkbar

Aktuell ist Nordkorea in einer kritischen Situation. Neben den internationalen Sanktionen setzten Nordkorea auch die Folgen der Corona-Pandemie stark zu. Der Handel mit China litt unter geschlossenen Grenzen, seine wirtschaftlichen Ziele konnte Kim nicht einhalten.
Die Preise seien im einheimischen Markt gestiegen, sagt der aus Nordkorea geflüchtete südkoreanische Abgeordnete Ji Seong Ho. "Die Hauptlast muss die Bevölkerung tragen." Ohnehin sei heute unter jungen Nordkoreanern die Opposition gegen Kim größer als zu Kim Jong Ils Zeiten, glaubt Ji.
Ein verlorenes Jahrzehnt für Nordkorea? Die Kim-Jong-Un-Herrschaft in Bildern:

Machtübernahme mit 27 Jahren

Kim Jong Un am Sarg seines Vaters am 28. Dezember 2011.

Quelle: reuters

Atomwaffen sind für den Diktator zentral

Die Atomwaffen des Landes spielten von Anfang an eine wichtige Rolle für Kims Machtentfaltung. Vier der bisher sechs Atomtests durch Nordkorea wurden unter Kim Jong Un durchgeführt, der bisher größte und letzte im September 2017. Zudem trieb er die Entwicklung von ballistischen Raketen voran.
Seine größte Präsenz auf der Weltbühne hatte Kim bei drei medienwirksam inszenierten Treffen mit dem früheren US-Präsidenten Donald Trump zwischen Juni 2018 und Juni 2019. Doch am Ende standen beide mit leeren Händen da.
Auf Gespräche über nukleare Entwaffnung hatte sich Kim eingelassen, um den hohen Druck der Sanktionen auf seine Volkswirtschaft abzumildern. "Er benötigte etwas wirtschaftliche Entspannung", sagt Unterhändler Lee. Doch Trump wollte die Sanktionen nicht lockern oder Wirtschaftshilfe leisten, solange Kim keine größeren Zugeständnisse bei der atomaren Abrüstung macht.

Das Militär kommt in Nordkorea weiterhin an erster Stelle

Für den früheren deutschen Diplomaten Thomas Schäfer ist vor allem die Rolle des Militärs in Nordkorea der Schlüssel, um Kims Handeln besser zu verstehen.
Bei Nordkorea muss man bei den langfristigen Zielen anfangen, und die Ziele sind seit mehreren Jahren, eigentlich seit dem Regierungsantritt von Kim Jong Un, die militärpolitischen Ziele.
Thomas Schäfer, ehemaliger deutscher Botschafter in Pjöngjang
Dazu gehöre ein Ende der gemeinsamen Manöver der USA und Südkoreas, "und dann als größeren Schritt der Abzug der amerikanischen Truppen", so Schäfer.
Kim ist nach seiner Ansicht nicht der unumschränkte Machthaber des Landes - Entscheidungen müssen mit dem Militär abgestimmt werden. 2013 reformierte Kim Jong Un seine Wirtschaftsstrategie. Auf die "Militär-zuerst"-Politik seines Vaters folgte die sogenannte "Byongjin"-Linie, die eine gleichzeitige Entwicklung von Atomstreitmacht und Wirtschaft vorsah.
Die Hoffnung war so, dass der zivilen Wirtschaft mehr Ressourcen zukommen könnten. Doch für Schäfer ist inzwischen klar: "Der Name war Propaganda." Der Slogan sollte kaschieren, "dass aus der Militär-zuerst-Politik die Militär-zuallererst-Politik wurde".
Seltene Einblicke: Sehen Sie hier die ganze Dokumentation "Rätsel Nordkorea - Leben im Reich des Kim Jong Un":
Quelle: Dirk Godder, dpa