: Bundesregierung: Es gibt keine neue Strategie

von Kristina Hofmann
06.01.2023 | 14:30 Uhr
Marder-Schützen-, keine Leopard-Kampfpanzer: Kanzler Scholz will es bei dieser Waffenlieferung für die Ukraine belassen. Grünen und FDP ist das zu wenig, Linken und AfD zu viel.
Bundeskanzler Olaf Scholz will Marder-Panzer in die Ukraine schicken. Zu viel, sagt die Opposition. Zu spät, seine Koalitionspartner.Quelle: AP
Etwa 40 Schützenpanzer vom Typ Marder und zusammen mit den USA ein Patriot-System an die Ukraine im Laufe des ersten Quartals - das sind die Eckpunkte der neuen Waffenlieferung, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigt hatte. Dabei solle es auch erst einmal bleiben, sagte am Freitag Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Eine Lieferung vom Typ Leopard habe beim Telefongespräch von Scholz und US-Präsident Joe Biden "keinerlei Rolle" gespielt.
Scholz' Koalitionspartner Grüne und FDP fordern jedoch genau das. Der Opposition sind allerdings schon die Marder viel zu viel.

Linke: Berlin handelt "verantwortungslos"

"Was die Bundesregierung hier macht, ist in jeder Hinsicht verantwortungslos, gefährlich und bringt beim Frieden bestimmt nicht weiter", kritisierte Jan Korte, Parlamentarischer Geschäftsführer der Links-Fraktion im Bundestag. Scholz habe sich treiben lassen, auch von den "Waffenlieferungs-Ultras", so Korte - von FDP und Grünen. Ein Krieg mit einer Atommacht wie Russland sei militärisch nicht zu klären:
Ich befürchte, dass diese Eskalation immer weiter geht und wir peu à peu in den Krieg hineingezogen werden.
Jan Korte (Linke)
Auch die AfD denkt, dass Deutschland wegen der Marder-Lieferungen zur Kriegspartei werden könnte. Tino Chrupalla, Co-Fraktionschef im Bundestag, twitterte: "Es ist beunruhigend, dass die Bundesregierung dem Druck der Vereinigten Staaten und anderer Länder nachgegeben hat."

Regierungssprecher: Gibt keine neue Strategie

Laut Regierungssprecher Hebestreit sei aber genau das nicht passiert. Seit Mitte Dezember habe man mit den Partnerländern den Umstieg auf westliche Militärpanzer diskutiert, weil die Munition für die sowjetischen Panzer innerhalb der Ringtausche nicht mehr geliefert werden kann. "Das macht man nicht so nebenbei, so aus der hohlen Hand", so Hebestreit.
Eine Vorbereitung auf eine ukrainische Offensive sei das aber nicht, auch gebe es "keinerlei Zusammenhang" mit der Ankündigung Russlands einer Waffenruhe während des orthodoxen Weihnachtsfestes. Eine neue Strategie gegenüber der Ukraine will der Regierungssprecher ebenfalls nicht erkennen. Die Bundesregierung bleibe bei ihrer bisherigen: "Die Ukraine nach Kräften so stark es geht zu unterstützen, gleichzeitig die Nato nicht zu einer eigenen Kriegspartei werden zu lassen und keine nationalen Alleingänge", sagte Hebestreit.
Dass Frankreich einen Tag vor den USA und Deutschland Waffenlieferungen angekündigt hatte, sei kein Vorpreschen, alles sei miteinander abgestimmt gewesen und nicht erst auf Druck aus Paris. "Es ist naiv zu glauben, dass man eine solche Entscheidung so nebenbei fällt", so Hebestreit. Frankreich habe seine Panzerlieferung nur früher angekündigt:
Ob das nun zwölf Stunden früher oder später geschieht oder ob man das dann gemeinsam innerhalb einer Stunde macht, ist letztlich wumpe.
Steffen Hebestreit, Regierungssprecher

Koalitionspartner wollen Leopard-2-Panzer

Von Scholz' Koalitionspartnern, die seit langem die Marder-Lieferung gefordert hatten, kommt deutliche Kritik. Frankreich habe, so Anton Hofreiter (Grüne), Führung gezeigt. Im Gegensatz zu Berlin. "Man kann nur hoffen, dass Frankreich weiter vorangeht." Denn:
Wenn diese Panzer früher geliefert worden wären, wären weniger ukrainische Soldaten gestorben, das muss man ganz klar sagen.
Anton Hofreiter (Grüne)
Hofreiter forderte eine europäische Initiative, um nun auch Leopard-2-Panzer zu liefern. 2.000 gebe es in zehn europäischen Ländern. Ein paar davon der Ukraine abzugeben, würde laut Hofreiter der Ukraine helfen. "Dafür haben wir auch genug Munition, während die für die alten sowjetischen Kampfpanzer nach und nach ausgeht."

Nach monatelangem Zögern liefert Deutschland der Ukraine erstmals Schützenpanzer für den Kampf gegen die russischen Angreifer. "Das, was wir leisten können, sollten wir auch leisten", so FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann.

06.01.2023 | 08:30 min
Scholz, so sagt Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), habe zwar "sein Herz über den Zaun geworfen". Aber das Problem sei, dass alles so lange dauere. Man solle deswegen jetzt die Gelegenheit nutzen und die ukrainischen Soldaten nicht nur am Marder-, sondern auch gleich an den Leopard-Panzern ausbilden. Strack-Zimmermann forderte eine Strategie:
Schwierig ist, wenn wir immer hinter der Welle sind. Die Amerikaner machen etwas, in dem Fall auch die Franzosen, und dann reagieren wir. Es wäre gut, wenn wir auch mit Ideen und Vorschlägen nach vorne gehen, um unsere Partner einzusammeln.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP)
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Quelle: Reuters

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