: Zoff in der Ampel: "Ständige Querschüsse"

von Kristina Hofmann
25.01.2023 | 17:55 Uhr
Der Panzer-Deal hat so tiefe Spuren wie ein Leopard-Fahrzeug hinterlassen. Die Stimmung in der Ampel ist angekratzt. SPD-Fraktionschef Mützenich beklagt "ständige Querschüsse“.
Gute zehn Minuten seiner Redezeit braucht Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch, dann nimmt er das L-Word in den Mund: "Wir werden der Ukraine Kampfpanzer zur Verfügung stellen vom Typ Leopard 2."
Ausführlich erklärt er im Bundestag, was seit dem Vorabend schon den Medien gesteckt worden war: alles abgesprochen mit den internationalen Partnern. Nicht er, Scholz, sei der Getriebene, der Zauderer, sondern mit Absicht habe man nur Stück für Stück Waffen geliefert. Das Verhältnis zu den Bündnispartnern? Den USA? So gut wie lange nicht, sagt Scholz.

Frau Strack-Zimmermann hat eine Frage

Vom Verhältnis innerhalb der Ampel-Koalition kann man das nicht gerade behaupten. Jedenfalls von dem Bild, das sie nach außen abgibt. Noch in der Regierungsbefragung bekommt der Kanzler eine Frage von seiner härtesten internen Kritikerin der vergangenen Wochen: Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses. Sie hatte Scholz' zögerliche Haltung scharf und öffentlich verurteilt.
Jetzt fragt sie ihn nach den Bündnispartnern, ob man mit ihnen einer Meinung sei - und als Zuhörende weiß man nicht: Ist das ein Friedensangebot Richtung Kanzleramt? Oder neue Kritik, dass Scholz mehr auf die Bündnispartner in Polen und dem Baltikum Rücksicht nehmen müsse?

"Das Unterschiedliche ist Teil des Regierens", so der Politikwissenschaftler Prof. Karl-Rudolph Korte. Die Ampel sei "thematisch kontroverser" verglichen mit der Großen Koalition.

26.01.2023 | 04:23 min
Der Kanzler sagt, es sei "notwendig, dass wir Zeit investieren in eine koordinierte Vorgehensweise", so Scholz. Und schiebt hinterher: "Die natürlich jeder für sich und vor seiner Öffentlichkeit erklären muss." Meint er damit Strack-Zimmermann oder die polnischen Forderungen mit Blick auf den dortigen Wahlkampf? Deutlich ist das nicht.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich ist da sehr viel direkter.

Mütznich: "Wüste Beschimpfungen"

In einem Brief an die SPD-Fraktion, der dem ZDF vorliegt, verteidigt er das Scholz’sche Vorgehen. Und ein bisschen sich selbst, weil Mützenich bei der Fraktionssitzung am Dienstag noch nichts von dem Panzerdeal berichten konnte, da die letzten Details noch gefehlt hätten. Und das nur wenige Stunden, bevor die ersten Medien davon berichteten.
Scholz, so Mützenich, habe seinen Kurs durchgezogen, "trotz des medialen Trommelfeuers, das gefüttert wurde von der Opposition und einzelnen Mitgliedern unserer Koalitionspartner". Mützenich nennt keine Namen. Aber gemeint sein dürften Strack-Zimmermann, auch Außenministerin Annalena Baerbock und Anton Hofreiter von den Grünen, Michael Roth aus der eigenen SPD.
Alle hatten seit langem mehr Waffenlieferungen gefordert. "Es entbehrt deshalb nicht einer gewissen Komik", schreibt Mützenich, wenn man nun in der Öffentlichkeit glaube, "ihre wüsten Beschimpfungen hätten zum Erfolg beigetragen". Das Gegenteil sei der Fall:
Die ständigen Querschüsse haben mehr geschadet als genutzt und das eng abgestimmte Vorgehen gefährdet. All die vorschnellen Urteile lösen sich in heiße Luft auf.
Rolf Mützenich
Verhandlungen führe man nicht in Talkshows, so Mützenich. Zumal, das sagte der SPD-Fraktionschef am Mittwoch auch im Bundestag Richtung Union, auch an die "angeblichen Expertinnen und Experten" oft gar keine Ahnung hätten: "Sie verfügen nicht über das nötige Hintergrundwissen." Jeder Zwischenruf, so schreibt Mützenich es in dem Brief, werde "ja oft allein zur Selbstdarstellung geäußert" und müsse "in Moskau falsch gedeutet werden".

Scholz hofft auf Ende des Zoffs

Und der Kanzler? Sagt in der ZDF-Sendung "Was nun?", er sei überzeugt von seiner Politik. Manchen könne der heutige Tag vielleicht zur Besinnung bringen. Pressemitteilungen seien jedenfalls nicht "der Maßstab der Politik".
Vielleicht könne das alles jetzt auch mal "ein Ende finden", sagt Scholz - und schiebt hinterher: "hoffe ich jedenfalls".
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