: Moskau: Bachmut eingenommen - Kiew dementiert
21.05.2023 | 15:59 Uhr
Russlands Verteidigungsministerium hat die Einnahme von Bachmut gemeldet, nachdem bereits der Chef der Wagner-Truppe die Stadt für erobert erklärt hatte. Kiew dementiert.Russland hat die monatelange Schlacht um Bachmut für entschieden erklärt und die vollständige Einnahme der Stadt im Osten der Ukraine verkündet.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte später hingegen, dass Bachmut nicht vollständig unter russischer Kontrolle sei. Nach dem G7-Gipfel im japanischen Hiroshima sagte Selenskyj:
Bachmut ist heute nicht von Russland besetzt worden.
Zuvor hatte eine Aussage von Selenskyj bei einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden kurzzeitig für Verwirrung gesorgt. Ein Sprecher des ukrainischen Präsidenten erklärte dann aber, dass Selenskyj russische Angaben über eine Eroberung der Stadt Bachmut nicht bestätigt hat.
Was Selenskyj auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Biden gesagt hat:
Putin gratuliert Wagner-Truppe und russischer Armee
Während Kiew die Einnahme der Stadt weiter dementiert, sprach Kremlchef Wladimir Putin den Wagner-Truppen und der russischen Armee zuvor bereits Glückwünsche aus. Die russischen Streitkräfte hätten Wagner den nötigen Schutz an den Flanken garantiert, sagte Putin nach Angaben seines Pressedienstes. "Alle herausragenden Kämpfer werden mit staatlichen Auszeichnungen geehrt."
Am Samstag hatte bereits der Chef der russischen Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, die komplette Einnahme der seit Monaten äußerst hart umkämpften und inzwischen fast völlig zerstörten Stadt verkündet. "Heute, am 20. Mai, um die Mittagszeit, wurde Bachmut vollständig eingenommen", sagte Prigoschin in einem am Samstag auf Telegram veröffentlichten Video.
Die Wagner-Truppe hat Bachmut für eingenommen erklärt. Eine Einschätzung von ZDF-Korrespondent Timm Kröger:
Russlands Verteidigungsministerium hat die Einnahme von Bachmut gemeldet. Kiew dementiert. "Die Situation um Bachmut lässt sich schwer einschätzen", so ZDF-Reporter Timm Kröger.
22.05.2023 | 02:48 minPrigoschin mit Kritik an russischer Militärführung
Bis zum 25. Mai würden die Kämpfer der Wagner-Gruppe die Stadt untersuchen, "die notwendigen Verteidigungslinien schaffen" und Bachmut dann der russischen Armee übergeben, sagte Wagner-Chef Prigoschin.
Bei der Erklärung waren an seiner Seite bewaffnete Männer zu sehen, die mit ihm vor zerstörten Gebäuden stehen.
Beachtlich war, was Prigoschin danach sagte: Zunächst dankte er zwar Kreml-Chef Wladimir Putin dafür, den Wagner-Söldnern die Möglichkeit gegeben zu haben, "die eigene Heimat zu verteidigen". Danach kritisierte Prigoschin aber den russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu und den Oberbefehlshaber der russischen Truppen, Waleri Gerassimow.
Beide hätten den Krieg zu ihrer "persönlichen Unterhaltung" veranstaltet. Deswegen wären fünfmal mehr Soldaten gefallen als nötig, so Prigoschin.
Wir haben nicht nur mit der ukrainischen Armee gekämpft, sondern auch mit der russischen Bürokratie, die uns Steine in den Weg gelegt hat.
Lob für ukrainische Truppen
"Eines Tages in der Geschichte werden sie für ihre Handlungen bezahlen", sagte er in Richtung Schoigus und Gerassimows. Prigoschin befindet sich seit Langem in einem offenen Konflikt mit der russischen Militärhierarchie.
Gleichzeitig lobte der Wagner-Chef die Truppen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. "Ohne Sarkasmus: Ihre Jungs haben sich gut geschlagen", so Prigoschin und fügte in gehässigem Ton hinzu:
Wenn Sie heute Biden sehen: Geben Sie ihm einen Kuss auf den Kopf und grüßen Sie ihn von mir.
Bachmut mit emotionaler Bedeutung
Bachmut ist seit Monaten heftig umkämpft. Bereits Anfang April hatte Prigoschin erklärt, Bachmut "im rechtlichen Sinne" erobert zu haben.
Experten zufolge hat der Ort eher emotionale denn strategische Bedeutung. Für den Verlauf des Kriegs ist er eher nebensächlich. Der Ort war Teil des Verteidigungsriegels östlich des Ballungsraums von Slowjansk und Kramatorsk. Bis zum Herbst hätte ein Durchbruch die Gefahr einer Einkesselung dieses Ballungsraums bedeutet, da auch im Norden noch große russische Truppenteile standen.
Nach dem erzwungenen Rückzug aus dem Gebiet Charkiw ist den Russen die zweite Flügelzange zur Einschließung von Slowjansk und Kramatorsk praktisch weggebrochen. Die Ukrainer haben inzwischen neue Verteidigungslinien aufgebaut.
Quelle: Reuters, AFP, dpa, ZDF