: Erste russische Rekruten kehren tot zurück

21.10.2022 | 15:43 Uhr
Die ersten durch Putins Mobilmachung einberufenen Rekruten sind bereits tot. Der Kremlchef muss sich für die Rekrutierungs-Probleme rechtfertigen - die Unruhe in Russland wächst.
Ein Rekrut der russischen Armee hält seine Waffe während einer militärischen AusbildungQuelle: dpa
Für Viktoria (37) ist der Krieg in der Ukraine seit fast einem Monat nun auch in ihrem kleinen Appartement im Moskauer Gebiet ganz nah. Ihren Bruder hat die russische Armee direkt vom Arbeitsplatz im Gebiet Rostow abholen lassen.
Er soll im Donbass kämpfen, was für ein Alptraum.
Viktoria, Schwester eines eingezogenen Rekruten
Viktoria weint, zittert nicht nur um ihren Bruder, sondern auch um ihren Mann Andrej. Das Paar hat einen anderthalb Jahre alten Sohn. Die Einberufungsstelle im Gebiet Rostow am Don, wo Andrej noch gemeldet ist, sucht ihn schon.

Unruhe in Russland wegen Einberufungen

Den beiden geht es wie vielen in Russland. Landauf, landab klagen Frauen mit kleinen Kindern in den Foren der Behörden oder in sozialen Netzwerken, die Ernährer der Familie würden nun wegfallen. Sie wissen nicht, wie sie über die Runden kommen sollen, opfern oft ihr letztes Geld, um das Nötigste für den Einsatz an der Front zu kaufen.
Die Unruhe im Land ist inzwischen so groß, dass sich in Russland längst auch Gouverneure und Parlamentsabgeordnete wegen der Probleme bei der Mobilmachung einschalten. Kremlchef Wladimir Putin hat zwar den für die Ausrüstung der Streitkräfte zuständigen Vize-Verteidigungsminister Dmitri Bulgakow gefeuert. Der Duma-Abgeordnete Andrej Guruljow, Mitglied im Verteidigungsausschuss, beklagt aber, dass damit nicht geklärt sei, "warum die Einberufenen keine Uniformen bekommen".

Viele neue Rekruten bereits im Krieg umgekommen

Während Hunderttausende außer Landes geflohen sind, fügen sich viele andere ihrem Schicksal. Es gibt Russen, die entschlossen für Putins Ziele kämpfen in der Ukraine. Aber viele dienen nur, weil sie Flucht oder den Gang ins Gefängnis nicht für Alternativen halten. Immer wieder hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die russischen Einberufenen aufgefordert, sich nicht als "Kanonenfutter" für Putin zu opfern.
Inzwischen aber lähmt die Angst viele, sie trauen sich kaum noch auf die Straße. Die in Russland vielerorts eingesetzte Videoüberwachung soll laut Behörden jetzt auch helfen, Kriegsdienstverweigerer zu finden. Dabei mehren sich inzwischen auch Meldungen, dass viele Einberufene kaum an der Front ankamen und schon gefallen sind.

Der ukrainische Präsident Selenskyj forderte die Menschen in Cherson auf, die Stadt zu verlassen. Er befürchtet, dass aufgrund des Kriegsrechtes Ukrainer von den Russen als Soldaten eingezogen werden könnten.

20.10.2022 | 01:49 min

Putin weicht bei Fragen zu getöteten Rekruten aus

Mit Entsetzen reagierten in der vergangenen Woche sogar russische Staatsmedien, als bekannt wurde, dass ein leitender Angestellter der Moskauer Stadtregierung ohne jedwede Kampferfahrung in die Ukraine geschickt wurde. Der 28 Jahre alte Alexej Martynow, der am 23. September einberufen wurde, starb an der Front am 10. Oktober.
Wie so etwas sein könne, fragte ein kremlnaher Journalist Putin am vergangenen Freitag bei einer Pressekonferenz in Astana (Kasachstan). Er verwies auch auf die sich insgesamt häufenden Todesnachrichten. Doch über die getöteten Männer aus Tscheljabinsk und vielen anderen Orten, die nun in Särgen zurückkehren, verlor Putin kein Wort. Er betonte vielmehr, dass 220.000 Reservisten von den geplanten 300.000 bereits eingezogen seien.
Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:
Quelle: Ulf Mauder, dpa

Themen

Aktuelle Nachrichten zur Ukraine