: Diese RAF-Terroristen sind auf freiem Fuß

20.04.2023 | 15:09 Uhr
Die Rote Armee Fraktion verübt von 1970 bis 1998 Morde, Überfälle und Attentate. Am Ende löst sie sich selbst auf. Doch noch heute werden drei der damaligen Mitglieder gesucht.
Nach diesen drei Ex-RAF-Mitgliedern sucht das LKA Niedersachsen noch heute.Quelle: ap
Die Rote Armee Fraktion (kurz: RAF) war eine terroristische linksextremistische Vereinigung in Deutschland. Sie entsteht Anfang der 70er Jahre aus radikalisierten ehemaligen Mitgliedern der westdeutschen Studentenbewegung. Die Studierenden wollen alte Strukturen aufheben, Vergangenes aufarbeiten, Krieg beenden.
Die Jugend legt sich mit den staatlichen Autoritäten an. Sie protestiert unter anderem gegen Institutionen, Parteien, Kirchen, Banken, den Kapitalismus. In dieser Zeit sieht die RAF ihre eigene "Vorgeschichte". Ihr Ziel ist es, den Staat durch Anschläge gewaltsam psychologisch zu destabilisieren. Nacheinander bilden sich drei RAF-Generationen heraus.

Doku: So entstand die Rote Armee Fraktion.

10.05.2020 | 43:56 min

Die ersten Anschläge der RAF

Die führenden Köpfe der ersten RAF-Generation sind Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof. Erste Straftaten begeht die von ihnen und anderen gegründete RAF ab 1970, darunter Banküberfälle. Den ersten Mord verübt sie 1971 an einem Hamburger Polizisten, er stirbt während eines Festnahmeversuchs.
Ihr erster Terroranschlag ist ein Bombenattentat auf ein Hauptquartier der US-Streitkräfte in Frankfurt am Main im Mai 1972, ein US-Soldat stirbt. Im Bekennerschreiben wird auf den Vietnamkrieg verwiesen.

Landshut und Schleyer-Geiselnahme: Der Deutsche Herbst

Es folgen weitere Bombenanschläge mit Toten und Verletzten. Bis Mitte 1972 aber befinden sich Baader, Ensslin, Meinhof und weitere zentrale Mitglieder der Kommandoebene in Haft. Ihnen wird in einem eigens für diesen Zweck neu errichteten Justizkomplex in Stuttgart-Stammheim der Prozess gemacht.
Andreas Bader und Gudrun Ensslin im Gerichtssaal, 1968Quelle: ap
Parallel zu den Strafverfahren bildet sich aus deren Sympathisantenumfeld die sogenannte zweite Generation der RAF, die logistisch und taktisch eng mit palästinensischen Terrorgruppen aus dem Nahen Osten kooperiert. Sie entfesseln eine blutige Terrorwelle, um das RAF-Gründerteam freizupressen.

Doku: In vielen deutschen Städten bilden sich Komitees zur Unterstützung der RAF-Gefangenen. Hier rekrutiert sich bald die zweite Generation.

28.06.2020 | 44:44 min
Auf deren Höhepunkt 1977 erschießen RAF-Täter zunächst Generalbundesanwalt Siegfried Buback und den Dresdner-Bank-Vorstandschef Jürgen Ponto, dann folgt der sogenannte deutsche Herbst: Die RAF entführt Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer, parallel bringen verbündete palästinensische Terroristen das Lufthansa-Flugzeug "Landshut" in ihre Gewalt.
Die Spezialeinheit GSG9 befreit die "Landshut" am 18. Oktober in der somalischen Hauptstadt Mogadischu, Schleyer wird nach mehr als 40 Tagen Geiselhaft von der RAF getötet. Parallel dazu begehen Baader und Ensslin in der Haft Suizid.

1977 geht als der Deutsche Herbst in die Geschichte ein und ist geprägt durch kaltblütige Morde. Wieder wird ein Mythos der RAF begründet: Niemand in Politik und Wirtschaft kann sich sicher fühlen.

28.06.2020 | 44:11 min

Wie die Rote Armee Frakion endet

Führungsfiguren der zweiten Generation tauchen danach zunächst im Ausland ab, kehren aber zurück und werden in den folgenden Jahren gefasst. Ab Mitte der 80er Jahre wird eine dritte Generation aktiv. Sie verlagert den Fokus wieder mehr auf Anschläge auf Repräsentanten des US-Militärs, 1985 gibt es bei einem Bombenanschlag auf eine US-Basis in Frankfurt am Main zwei Tote.

Die RAF, die Rote Armee Fraktion - ermordete ab den 1970er Jahren in Deutschland mehr als 30 Menschen. Der ersten RAF-Generation wurde ab 1977 in der JVA in Stuttgart-Stammheim der Prozess gemacht. Jetzt wird der Gerichtssaal von damals abgerissen.

10.07.2022 | 03:05 min
Zugleich werden auch Wirtschaftsführer ermordet. Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen stirbt 1989 bei einem Sprengstoffanschlag auf sein Auto. 1991 erschießt ein Scharfschütze der RAF den Chef der Treuhandanstalt, Detlev Rohwedder, in dessen Wohnhaus. Rohwedder ist das letzte RAF-Anschlagsopfer.
Ein Sprengstoffanschlag auf den noch unbenutzten Neubau eines Gefängnisses im hessischen Weiterstadt im März 1993 ist ihr letztes Attentat, danach wird es still um sie. Im Jahr 1992 gibt es nach Jahren der Konfrontation einen "Annäherungsversuch" zwischen Staat und RAF. In der Folge verfasst die Terrorgruppe eine Gewaltverzichtserklärung. Attentate richteten sich künftig nicht mehr gegen Menschen, sondern Gegenstände.

Doku: So verläuft das Ende der RAF.

28.06.2020 | 44:39 min
Acht Seiten lang ist der Brief, der am 20. April 1998 in Chemnitz bei der Nachrichtenagentur Reuters eingeht. Am Fuß der letzten Seite prangt groß die berüchtigte Maschinenpistole mit dem Stern im Hintergrund und dem Schriftzug "RAF". Im Text ist zu lesen: "Heute beenden wir dieses Projekt." Nach 28 Jahren ist die Terrororganisation "Rote Armee Fraktion" Geschichte.
Das Kapitel RAF ist eine Ausnahme in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gewesen; weder davor noch danach hat es eine größere Herausforderung der politischen Ordnung gegeben.
Bundeszentrale für politische Bildung

34 Morde, 26 Prozesse gegen RAF-Terroristen

Die RAF ermordet laut Bundesanwaltschaft 34 Menschen. Bei Terroranschlägen sowie Schusswechseln etwa bei Festnahmeversuchen sterben unter anderem auch niederländische Grenzbeamte, deutsche Polizisten und Dienstwagenfahrer und eine Passantin. 26 Prozesse gegen führende Angehörige der RAF-Kommandoebene enden im Lauf der Jahrzehnte mit lebenslangen Haftstrafen, der letzte 1998.

Drei RAF-Mitglieder bisher nicht gefasst

Viele Details aus dem Innenleben der Organisation und zahlreiche Einzelheiten ihrer Anschläge aber bleiben unklar. So wird nie aufgeklärt, wer genau Buback, Ponto, Schleyer oder Herrhausen ermordete. Vor allem die dritte RAF-Generation ist bis heute in weiten Teilen nur schemenhaft bekannt.
Zu ihren wenigen identifizierten Mitgliedern gehören auch die letzten drei Verdächtigen, nach denen noch gefahndet wird. Burkhard Garweg, Daniela Klette und Ernst-Volker Staub bleiben auch nach der Selbstauflösung der RAF im Untergrund, werden aber in den vergangenen Jahren durch DNA-Spuren mit Raubüberfällen in Verbindung gebracht. Terroristisch aktiv sind sie laut Ermittlern nicht mehr. Sie brauchen schlichtweg Geld zum Lebensunterhalt.
Quelle: AFP, dpa, Bundeszentrale für politische Bildung, ZDF

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