: Das plant Schweden als EU-Ratsvorsitz

von Henner Hebestreit
01.01.2023 | 16:11 Uhr
Im Januar tritt Schweden die EU-Ratspräsidentschaft an - in stürmischen Zeiten. Wie wird die EU künftig mit Ukraine-Krieg, Energiekrise und Verstößen gegen EU-Werte umgehen?

Was kommt auf Europa zu? Ukraine-Krieg, Energiekrise und hohe Inflation sind nur drei der Probleme, mit denen die EU kämpft - künftig mit Schweden im EU-Ratsvorsitz.

30.12.2022 | 02:36 min
Es ist ein Blick zurück in eine andere Welt: Anfang Januar 2022 schickte die Regierung in Stockholm Panzer und schwer bewaffnete Soldaten auf die idyllische Insel Gotland. Schwedens Strategen hatten Befürchtungen, Russland könne die Insel als Brückenkopf erobern, um militärisches Vorgehen - zum Beispiel gegen das Baltikum - abzusichern.
Viele auf der Insel hielten das für einen schlechten Scherz: Nach ein paar Tagen war die Aufregung vorbei, die Insel fiel wieder in ihren Winterschlaf. Aber die Russen kamen - nicht nach Gotland, sondern in die Ukraine.

Ukraine-Krieg größte Herausforderung für Präsidentschaft

Die Folgen dieses russischen Angriffskrieges werden Schwedens Regierung ab Januar 2023 noch erhebliche Mühen abverlangen: Mit dem neuen Jahr hat Schweden turnusgemäß die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union übernommen.
Der neue konservative Regierungschef Ulf Kristersson hat den Krieg in der Ukraine als größte Herausforderung des Ratsvorsitzes bezeichnet:
Die EU, die für Frieden, Freiheit und freien Handel steht, hat jetzt einen Krieg in ihrer Nachbarschaft - und wir werden alles tun, die Sicherheit in Europa aufrecht zu halten.
Schwedens Regierungschef Ulf Kristersson

Schwedens neue Regierung mit altem EU-Kurs

Kristersson hatte es schwer, dieser EU-Ratspräsidentschaft seinen programmatischen Stempel aufzudrücken. Seine Minderheitsregierung aus moderaten und konservativen Kräften ist erst seit Oktober im Amt und ist auf die Unterstützung der durchaus selbstbewussten Rechtspopulisten der Partei Schwedendemokraten angewiesen.
Und so muss er in wesentlichen Teilen das Präsidentschaftsprogramm der sozialdemokratisch dominierten Vorgängerregierung abarbeiten.

Null Toleranz für Verstöße gegen die EU-Werte

In dem Vier-Punkte-Plan findet sich neben der Ukraine-Krise unter anderem das Kapitel "Demokratische Werte und Rechtsstaatlichkeit". Nach Einschätzung des schwedischen Politikwissenschaftlers Jakob Lewander vom Schwedischen Institut für Europäische Studien (SIEPS) wird die Regierung dieses Thema trotz ihrer Abhängigkeit von den Rechtspopulisten nicht unter den Tisch fallen lassen: "Das ist eine klare Priorität für den schwedischen Ratsvorsitz, das werden sie in den nächsten sechs Monaten verfolgen", sagte Lewander dem ZDF.
Ungarn und Polen, die immer wieder für Verstöße gegen den demokratischen Konsens der EU kritisiert werden, können also im nächsten halben Jahr nicht auf stillschweigende Duldung ihrer autoritären Kapriolen durch Schweden bauen.

EU-Wirtschaft ökologisch wettbewerbsfähig machen

Wirtschaftlich will Schweden die EU fit machen für den globalen Wettbewerb und weiter voranbringen auf einem ökologischen Pfad. "Fit for 55" heißt das Paket, das Teil einer grünen Umstellung ist, die 2022 von Frankreich eingeleitet und von Tschechien in seiner zum Jahreswechsel beendeten Präsidentschaft fortgeführt wurde.
Schweden ist mit Batterieherstellern wie Northvolt selbst Pionier auf dem Gebiet der sauberen Speicherung grüner Energie. Das Unternehmen baut nach eigenen Angaben eine riesige Recyclinganlage in Verbindung mit der großen Produktionsanlage in Skellefteå.

Mitte Januar wird Schwedens Ratspräsidentschaft offiziell

Das Vorhaben ist ehrgeizig, wie Kommunikationsdirektor Anders Thor von Northvolt dem ZDF sagt: "Was wir tun, beweist, dass wir einen Produktionskreislauf erreichen können, bei der alte Batterien zu neuen werden, und dazu nutzen wir auch noch erneuerbare Energien." Bei den Batterien handelt es sich um Energiezellen für Fahrzeuge - auch im schleswig-holsteinischen Heide plant Northvolt ein solches Werk mit einer vierstelligen Anzahl an Beschäftigten, die Finanzierung dafür allerdings ist noch nicht in trockenen Tüchern.
Mitte Januar bekommt Schweden Besuch von einer hochrangigen EU-Delegation - im Eisenerzrevier von Kiruna soll die Übernahme der sechsmonatigen EU-Ratspräsidentschaft offiziell vollzogen werden.
 

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