: Grüne für Lieferung schwerer Waffen
30.04.2022 | 23:59 Uhr
Grüne bekennen sich zu schweren Waffen, Azovstal-Stahlwerk laut Ukraine wieder unter heftigem Beschuss, Friedrich Merz will in Ukraine reisen. Die Lage im Überblick.Das Wichtigste in Kürze
- CDU-Chef Friedrich Merz will Ukraine besuchen
- Stahlwerk in Mariupol wieder unter Beschuss
- Grünen bekennen sich zu schweren Waffen
- Macron sagt mehr Militärhilfe für Ukraine zu
- Innenministerium: Mehr als 390.000 Ukraine-Flüchtlinge in Deutschland
- Selenskyj: Russland will Donbass und alle dort lebenden Menschen zerstören
Anmerkung der Redaktion
Angaben zum Verlauf des Krieges oder zu Opferzahlen durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Seite können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Wir fassen für Sie im Folgenden die wichtigsten Entwicklungen von Tag 66 des russischen Kriegs gegen die Ukraine zusammen. Weitere News-Updates zur aktuellen Lage erhalten Sie jederzeit auch in unserem Liveblog zu Russlands Angriff auf die Ukraine.
Das ist an Tag 66 im Ukraine-Krieg passiert:
- Russland setzt nach ukrainischen Angaben seine Angriffe auf das belagerte Stahlwerk in der Hafenstadt Mariupol fort. Das Werk von Azovstal liege unter kontinuierlichem Beschuss, erklärt das ukrainische Militär in einem Facebook-Post. Es werde mit Bomben aus der Luft angegriffen. Dort sollen auch zahlreiche Zivilisten Zuflucht gesucht haben. Zuvor konnten nach ukrainischen Angaben 20 Zivilisten das Stahlwerk verlassen, um in Sicherheit gebracht zu werden. Russische Medien hatten zuvor von 25 Zivilisten gesprochen.
- Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz plant zeitnah eine Reise in die Ukraine. Das erfuhr das ZDF aus Parteikreisen. Geplant sei auch ein Besuch in Kiew. Der genaue Termin ist nicht bekannt. Ob er Präsident Selenskyi treffen wird, steht noch nicht fest.
- Ein russisches Aufklärungsflugzeug ist unerlaubt in den schwedischen Luftraum eingedrungen. Die Propellermaschine vom Typ AN-30 sei am Freitagabend zeitweise in den schwedischen Luftraum eingedrungen, erklärte der Generalstab der schwedischen Armee am Samstag. Dabei sei sie von schwedischer Seite beobachtet und fotografiert worden.
- Der russische Außenminister Sergej Lawrow erklärt auf der Website des russischen Außenministeriums, dass die Unterstützung der Nato für die Ukraine durch politische Vereinbarungen und Waffenlieferungen einer politischen Einigung zur Beendigung der von offizieller russischer Seite so bezeichneten "Spezialoperation" im Wege stehe.
- Rund 1,02 Millionen Menschen sind seit dem 24. Februar nach Einschätzungen von Lawrow aus der Ukraine nach Russland "in Sicherheit" gebracht worden. Wie Lawrow in einer Erklärung mitteilt, stammen davon allein 120.000 Menschen aus den Regionen Donezk und Luhansk.
- Nach Angaben von Präsident Selenskyj sind im Krieg bereits 23 Journalisten ums Leben gekommen. Die bei den Raketeneinschlägen in Kiew getötete ukrainische Journalistin Wira Hyrytsch war demnach die 23. Journalistin. Selenskyj sprach ihrer Familie sein Beileid aus.
- Die Ukraine hat nach eigenen Angaben bei einem Gefangenenaustausch mit Russland die Freilassung von 14 ihrer Bürger erwirkt. Es handle sich um sieben Militärangehörige und sieben Zivilisten.
Die Situation in den ukrainischen Städten:
- Laut der Ukraine hat das russische Militär den Flughafen von Odessa angegriffen und dabei die Landebahn zerstört. Ein russischer Marschflugkörper sei auf der Start- und Landebahn eingeschlagen und habe diese unbrauchbar gemacht, teilt das ukrainische Militär mit.
- Die russische Armee hat ihre Offensive im Osten und Süden der Ukraine mit unverminderter Härte fortgesetzt und dabei ihre Angriffe insbesondere auf die Großstadt Charkiw konzentriert. Bei nächtlichem Artilleriebeschuss wurden in der zweitgrößten Stadt der Ukraine ein Mensch getötet und fünf weitere verletzt, wie die regionale Militärverwaltung am Samstag im Onlinedienst Telegram mitteilte.
Die Lage in der Region Charkiw ist schwierig.
- Unweit des Kiewer Vororts Butscha sind ukrainischen Angaben zufolge drei weitere Leichen von Zivilisten gefunden worden. Russische Soldaten hätten die Männer vor ihrem Tod gefoltert, schrieb der Polizeichef des Kiewer Gebiets, Andrij Njebytow, am Samstag auf Facebook. Die Leichen wiesen etwa Schusswunden an den Ohren auf und seien teils gefesselt und geknebelt gewesen. Sie seien in einem Waldstück nahe des Dorfs Myrozke verscharrt gewesen und erst am Freitag entdeckt worden.
- Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben eine Eisenbahnbrücke im Gebiet Donezk gesprengt. Dabei sei ein russischer Güterzug getroffen worden. Die Eisenbahnverbindung nach Lyman, das im Epizentrum der Kämpfe in der Ostukraine liege, sei damit zerstört, berichten ukrainische Medien. Das Onlineportal "Hromadske" zeigte ein Telegram-Video, das eine teils in einen Fluss gestürzte Stahlbrücke zeigte.
- Die Ukraine soll nach russischer Darstellung die grenznahe russische Region Kursk mit Granaten attackiert haben. Am Samstagnachmittag sei ein Grenzübergang in der Ortschaft Krupez mit Granaten angegriffen worden, teilte der Gouverneur der westrussischen Region, Roman Starowojt, mit. Russische Grenzsoldaten hätten das Feuer erwidert und den Beschuss so gestoppt. Verletzt worden sei niemand. Bereits am Freitag hatte Starowojt erklärt, seine Region sei von ukrainischem Gebiet aus beschossen worden. Die Darstellungen waren zunächst nicht unabhängig überprüfbar. Eine offizielle Reaktion aus Kiew gab es nicht.
- Russland hat Nuklearspezialisten ins Atomkraftwerk Saporischschja im Südosten der Ukraine geschickt. Die acht Vertreter von Rosenergoatom, das zum russischen Staatskonzern Rosatom gehört, fordern von der Stationsleitung tägliche Berichte in Bezug auf den Betrieb des AKW, heißt es in einer Erklärung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Demnach wird das Kraftwerk weiterhin von ukrainischem Personal betrieben, aber von russischen Streitkräften kontrolliert. Russische Truppen hatten die Anlage am 4. März besetzt.
- Die russische Offensive geht nach Angaben aus dem US-Verteidigungsministerium deutlich langsamer voran als geplant. Dazu trage der Widerstand der Ukrainer bei, sagte ein US-Gewährsmann am Freitag. Das US-Militär gehe davon aus, dass Russland bei seinem Vorgehen im Donbass in der Ostukraine seinen eigenen Zeitplan nicht einhalte, sagte der Gewährsmann. Es gebe eine Verzögerung von vermutlich "mindestens mehreren Tagen".
- Selenskyj wirft Russland vor, den Donbass in der Ostukraine und alle dort lebenden Menschen zerstören zu wollen. "Deshalb ist die Verteidigung unseres Landes, die Verteidigung unseres Volkes, buchstäblich ein Kampf um das Leben", sagte Selenskyj in seiner nächtlichen Videobotschaft.
- Dem Donbass drohe ein ähnliches Schicksal wie Mariupol, so Selenskyj weiter. "Wenn die russischen Invasoren ihre Pläne auch nur teilweise verwirklichen können, dann haben sie genug Artillerie und Flugzeuge, um den gesamten Donbass in Steine zu verwandeln. So wie sie es mit Mariupol getan haben." Die Hafenstadt sei mittlerweile nur noch ein russisches Konzentrationlager inmitten von Ruinen.
Ukraine: Hier können Sie spenden
Wenn Sie helfen wollen, können Sie das durch eine Spende tun. Alle Informationen hierzu im Überblick.
Wie arbeitet das Aktionsbündnis?
Das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe hilft Menschen in der Ukraine und auf der Flucht. Gemeinsam sorgen die Organisationen Caritas international, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie Katastrophenhilfe und UNICEF Deutschland für Unterkünfte und Waschmöglichkeiten, für Nahrungsmittel, Kleidung, Medikamente und andere Dinge des täglichen Bedarfs. Auch psychosoziale Hilfe für Kinder und traumatisierte Erwachsene ist ein wichtiger Bestandteil des Hilfsangebots.
Reaktionen und Folgen des Ukraine-Kriegs:
- In Deutschland sind mehr als 390.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine angekommen. Wie das Bundesinnenministerium am Samstag bei Twitter mitteilte, stellte die Bundespolizei seit Beginn des russischen Angriffs am 24. Februar die Ankunft von 392.600 Flüchtlingen aus der Ukraine fest. Bei ihnen handelt es sich demnach vor allem um Frauen, Kinder und alte Menschen. Die genaue Zahl der Kriegsflüchtlinge ist nicht bekannt, denn in der Regel gibt es keine stationären Kontrollen an den EU-Binnengrenzen, und Ukrainer können für 90 Tage ohne Visum einreisen.
Tweet des Innenministeriums
- Die Grünen treten für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ein und tragen das von der Bundesregierung geplante Sondervermögen zur Bundeswehr mit. Dazu gehöre "eine zügige Evaluation und Reform des Beschaffungswesens der Bundeswehr", heißt es in einem am Samstag auf dem Länderrat der Grünen in Düsseldorf gefassten Beschluss.
- CSU-Chef Markus Söder hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für dessen Agieren im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg scharf kritisiert. Scholz drücke sich davor, der deutschen Bevölkerung Orientierung zu geben, sagte Söder am Samstag auf einem kleinen CSU-Parteitag in Würzburg. "Ein solches Zögern, sich verstecken, ist eines deutschen Kanzlers unwürdig." Söder bezog seine Kritik darauf, dass Scholz in Japan war, anstatt am Donnerstag an der Bundestagsdebatte zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine teilzunehmen. Der Bundeskanzler habe sich damit vor "der wichtigsten Debatte der Bundesrepublik in Jahrzehnten" gedrückt.
- SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich forderte die Bundesregierung auf, auf Länder zuzugehen, die Russland unterstützen.
Ganz entscheidend ist, dass strategische Partner Russlands sich von Putin abwenden. 45 Staaten haben den russischen Angriff auf die Ukraine nicht verurteilt, darunter fünf Atommächte.
"Putins Regierung muss isoliert werden. Und das müssen wir durch Gespräche in den Ländern erreichen." Beispielsweise wolle Indien große Gasmengen aus Russland kaufen. Als weitere Unterstützer nannte er China, Brasilien und Südafrika.
- Die USA bilden in Deutschland und an anderen Standorten ukrainische Soldaten im Umgang mit militärischer Ausrüstung aus. Dies bestätigte der Sprecher des US-Verteidigungsministers, John Kirby.
- Frankreich will seine militärische und humanitäre Hilfe für die Ukraine weiter verstärken. Das sagte Staatschef Emmanuel Macron am Samstag dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat zu, wie der Elysée-Palast mitteilte.
Das ist an Tag 65 passiert:
Laut Außenminister Sergej Lawrow sieht sich Russland nicht im Krieg mit der Nato. Ukraines Präsident warnt vor einem Abbruch der Friedensverhandlungen mit Russland. Und die Bundesregierung prüft offenbar die Lieferung einer weiteren schweren Waffe an die Ukraine. Lesen Sie hier, was am Freitag passiert ist:
Quelle: AFP, AP, dpa, Reuters, ZDF