: UN-Chef Guterres in Kiew eingetroffen
27.04.2022 | 23:20 Uhr
UN-Generalsekretär António Guterres ist in Kiew eingetroffen. Putin droht Ukraine-Unterstützern mit "blitzschnellem" Gegenschlag. Kriegstag 63 im Überblick.Das Wichtigste in Kürze
- Putin droht Ukraine-Unterstützern mit "blitzschnellen" Gegenschlägen
- Guterres in Kiew eingetroffen
- Russisches Militär meldet Zerstörung ausländischer Waffenlieferung
- Russland stellt Erdgaslieferungen nach Polen und Bulgarien ein
- Slowakei verspricht Ukraine mehr Waffen
- Union und Ampel-Koalition einigen sich auf gemeinsamen Antrag zu Waffenlieferungen an die Ukraine
Anmerkung der Redaktion
Angaben zum Verlauf des Krieges oder zu Opferzahlen durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Seite können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Wir fassen für Sie im Folgenden die wichtigsten Entwicklungen zu Russlands Krieg gegen die Ukraine zusammen. Weitere News-Updates zur Lage und zu Reaktionen erhalten Sie jederzeit auch in unserem Liveblog zu Russlands Angriff auf die Ukraine.
Die Entwicklungen von Tag 63 im Ukraine-Krieg:
- Nach seinem Besuch bei Putin kam UN-Generalsekretär António Guterres am Mittwoch in Kiew an. Dort wird er am Donnerstag Präsident Wolodymyr Selenskyj und Außenminister Dmytro Kuleba treffen. Auch ein Besuch an einem noch unbekannten Ort außerhalb der Hauptstadt ist geplant. Eines der Hauptthemen dürfte wie auch schon beim vorherigen Besuch in Moskau die Lage in der südostukrainischen Hafenstadt Mariupol sein, wo ukrainische Truppen und Zivilisten von der russischen Armee eingekesselt sind.
- Der russische Präsident Wladimir Putin hat den Unterstützern der Ukraine mit schnellen Gegenschlägen gedroht. Wer sich von außen einmischen wolle und eine für Russland unannehmbare strategische Bedrohung schaffe, müsse wissen, dass die Antwort "blitzschnell, rasch" sein werde. Das sagte Putin am Mittwoch in St.Petersburg. "Wir haben dafür alle Instrumente", sagte der Kremlchef bei einer Versammlung von Spitzenfunktionären. "Und wir werden nicht prahlen.Wir werden sie anwenden, wenn es nötig ist. Und ich will, dass alle das wissen." Die notwendigen Entscheidungen seien bereits gefällt.
- Die russischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben eine aus dem Ausland stammende größere Waffenlieferung an die Ukraine vernichtet. Die von den USA und europäischen Ländern an die Ukraine gelieferten Waffen seien bei einem Raketenangriff im Südosten der Ukraine zerstört worden, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau. Die Waffen sowie westliche Munition waren demnach in Lagerhallen auf dem Gelände eines Aluminiumwerks in Saporischschja gelagert worden. Unabhängig konnten der Bericht nicht überprüft werden. Die ukrainischen Behörden hatten am Dienstag ohne weitere Details von Raketentreffern auf ein Unternehmen in Saporischschja berichtet.
- Der Krieg in der Ukraine könnte bis Ende des Jahres dauern. Das jedenfalls vermutet der ukrainische Präsidentenberater Olexij Arestowytsch. Demnach könnten vor allem neu gelieferte Waffen Ende Mai oder Anfang Juni "ernsthafte Auswirkungen" auf das Kampfgeschehen haben. "Wir müssen uns auf eine lange Geschichte einstellen", sagte Arestowytsch in einem YouTube-Interview, wie die ukrainische Agentur Uniain berichtete.
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Wie arbeitet das Aktionsbündnis?
Das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe hilft Menschen in der Ukraine und auf der Flucht. Gemeinsam sorgen die Organisationen Caritas international, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie Katastrophenhilfe und UNICEF Deutschland für Unterkünfte und Waschmöglichkeiten, für Nahrungsmittel, Kleidung, Medikamente und andere Dinge des täglichen Bedarfs. Auch psychosoziale Hilfe für Kinder und traumatisierte Erwachsene ist ein wichtiger Bestandteil des Hilfsangebots.
- In der Region Belgorod an der ukrainischen Grenze ist russischen Behördenvertretern zufolge ein Munitionsdepot in Brand geraten. Dieses befinde sich in der Nähe des Dorfes Staraja Nelidowka, teilte der Gouverneur des Gebiets, Wjatscheslaw Gladkow, auf Telegram mit, wie die russische Agentur Interfax berichtete. Gladkow sagte demnach weiter, dass keine Wohngebäude oder Häuser zerstört seien und es auch keine Opfer unter der Zivilbevölkerung gebe.
- Russland hat nach Angaben der Ukraine seit Kriegsbeginn 1.300 Raketen eingesetzt. Die stellvertretende Verteidigungsministerin der Ukraine, Anna Malyar, sagte, die Reserven der russischen Streitkräfte hätten sich mehr als halbiert.
- In der prorussischen Separatistenregion Transnistrien in der Republik Moldau ist nach Behördenangaben heute ein Dorf nahe der Grenze zur Ukraine beschossen worden, in dem sich ein großes russisches Munitionslager befindet. In der Nacht seien mehrere Drohnen über das Dorf Kolbasna geflogen, teilte das transnistrische Innenministerium mit. Am Morgen sei Kolbasna dann von der Ukraine aus beschossen worden. Tote oder Verletzte gab es demnach aber nicht.
Die Situation in den ukrainischen Städten:
- Die ukrainischen Behörden erklärten, dass entlang der gesamten Frontlinie in der Region Donezk heftig gekämpft wurde. Die russischen Truppen beschossen die ukrainischen Verteidigungsstellungen demnach mit Mörsern, Artillerie und Raketenwerfern. In der Region seien bei drei separaten Zwischenfällen drei Zivilisten getötet worden, teilte der Gouverneur der Region, Pawel Kyrylenko, auf Telegram mit.
- In Charkiw seien infolge von Beschuss drei Menschen getötet und weitere sieben verletzt worden, schrieb der Gouverneur der Region, Oleh Synjehubow, auf Telegram. Die russische Armee sei von der bereits eroberten Stadt Isjum südlich von Charkiw in Richtung der weiter südlich gelegenen Stadt Barwinkowe vorgerrückt, teilte das Verteidigungsministerium in Kiew mit. Dabei hätten sie die Ortschaften Sawody und Welyka Komyschuwacha erobert.
- In Kiew ist ein Denkmal aus Sowjetzeiten demontiert worden, das die historischen Bande zwischen der Ukraine und Russland symbolisieren soll. Das meldeten Agenturen in der Nacht. "Wir beseitigen die Bronze-Skulptur mit zwei Arbeitern, die 1982 im Zentrum der Hauptstadt errichtet wurde, um an die Wiedervereinigung der Ukraine mit Russland zu erinnern", erklärte der Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, im Messengerdienst Telegram.
Reaktionen und Folgen des russischen Angriffs:
- Die kanadische Regierung hat Sanktionen gegen mehr als 200 Menschen im ukrainischen Donbass verhängt. Dabei handele es sich um Personen, die dem russischen Präsidenten Wladimir Putin treu ergeben seien, hieß es. Russland unterstützt im Donbass seit acht Jahren prorussische Separatisten, nachdem es im Jahr 2014 die ukrainische Halbinsel Krim annektiert hat. Den Angaben zufolge zielen die neuen Maßnahmen auf elf führende Vertreter und 192 andere Mitglieder der selbsternannten Volksrepubliken von Luhansk und Donezk ab, denen vorgeworfen wird, die russische Attacke auf das Gebiet zu unterstützen.
- Russland ist wegen des Angriffskriegs in der Ukraine aus der Weltorganisation für Tourismus (UNWTO) ausgeschlossen worden. Die Mitgliedschaft des Landes werde mit sofortiger Wirkung ausgesetzt, teilte die UN-Sonderorganisation nach einem Votum der Mehrheit ihrer Mitgliedsländer in Madrid mit. Zuvor hatte Russland selbst erklärt, sich aus der UNWTO zurückziehen zu wollen.
- Die slowakische Präsidentin Zuzana Caputova hat weitere Waffenlieferungen an das Nachbarland Ukraine angekündigt. In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier erklärte sie, derzeit liefen Verhandlungen über einen Ankauf der Radpanzer-Haubitze Zuzana aus slowakischer Produktion durch die Ukraine.
- Bei der Frage, wie Deutschland die Ukraine im russischen Angriffskrieg unterstützen kann, scheint eine Einigung in Sicht: Die Regierungsfraktionen der Ampel-Koalition und die Union als größte Oppositionsfraktion wollen an diesem Donnerstag im Bundestag einen gemeinsamen Antrag zur Lieferung schwere Waffen an die Ukraine beschließen. Im heute-journal-Interview pocht Unionsfraktionschef Friedrich Merz aber auf ein Entgegenkommen der Regierung.
- Nach dem russischen Gaslieferstopp für Polen und Bulgarien wird scharfe Kritik an Moskau geübt. Nach Worten von Wirtschaftsminister Robert Habeck wird "Energie als Waffe" eingesetzt. Man dürfe nicht wehrlos sein, wenn dies geschehe. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den Stopp der Gaslieferungen scharf verurteilt. "Das ist ein Regelbruch seitens Russland, das ist ein Erpressungsversuch. Den kann man nicht einfach hinnehmen, gegen den muss man sich zur Wehr setzen", sagt er nach einem Gespräch mit der slowakischen Präsidentin Zuzana Caputova in der Stadt Kosice im Osten des Landes.
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist nach eigenen Angaben von Gastgeber Indonesien zum G20-Gipfel im November eingeladen worden. Der indonesische Präsident Joko Widodo habe ihn eingeladen, teilt Selenskyj auf Twitter mit. Vom Präsidialamt und vom Außenministerium in dem südostasiatischen Staat lag zunächst keine Stellungnahme dazu vor.
- Der russische Staatskonzern Gazprom hat wie angekündigt nach eigenen Angaben seine Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien eingestellt. Als Begründung wurden fehlende Zahlungen in Rubel genannt. Die Lieferungen würden so lange gestoppt, bis die Zahlungen erfolgt seien, hieß es. Zudem hat Russland anderen Ländern mit ähnlichen Schritten gedroht, sollten die Zahlungen beim Staatskonzern Gazprom nicht in Rubel eingehen. Ein entsprechendes Dekret von Präsident Wladimir Putin werde umgesetzt, sagte sein Sprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge.
- Polens Klimaministerin Anna Moskwa erklärte, die Auswirkungen des Lieferstopps seien gering. Seit den ersten Tagen des Ukraine-Krieges habe Warschau erklärt, dass es für eine vollständige Unabhängigkeit von russischen Rohstoffen bereit sei. Der Bevollmächtigte der polnischen Regierung für strategische Energieinfrastruktur, Piotr Naimski, versicherte, dass nach Deutschland weiter Gas über Nord Stream 1 fließe.
- EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warf Russland "Erpressung" mit Gas vor. "Die Ankündigung von Gazprom ist ein weiterer Versuch Russlands, uns mit Gas zu erpressen", schrieb von der Leyen am Mittwoch auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter. Auch Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki warf Russland vor, sein Land erpressen zu wollen. Bulgariens Energieminister Aleksandar Nikolow beschuldigte Russland, Erdgas als politische und wirtschaftliche Waffe zu missbrauchen.
- Russland wies die Vorwürfe zurück. Russland sei ein verlässlicher Energielieferant und betreibe keine Erpressungen, sagt Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. Er wollte nicht sagen, wieviele Länder auf russische Forderungen eingegangen sind, ihre Rechnungen für Gaslieferungen künftig in Rubel zu begleichen.
- Deutschland rüstet sich für ein Ende des Betriebs der Öl-Raffinerie von Schwedt an der Oder durch den russischen Konzern Rosneft. Man habe sich auf allen Ebenen darauf vorbereitet, dieses Problem zu lösen, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck in einer per Twitter verbreiteten Video-Ansprache. Rosneft habe kein Interesse daran, dass die Raffinerie Schwedt durch Öl-Lieferungen aus anderen Ländern als Russland versorgt werde.
- Der weltgrößte Chemiekonzern BASF will wegen des Krieges in der Ukraine den größten Teil seiner Geschäfte in Russland und Belarus bis Anfang Juli 2022 einstellen. Eine Ausnahme bilde das Geschäft zur Unterstützung der Nahrungsmittelproduktion, teilte der Dax-Konzern mit. Denn der Krieg berge das Risiko, eine weltweite Nahrungsmittelkrise auszulösen. Bereits Anfang März hatte BASF bekanntgegeben, in den beiden Ländern keine neuen Geschäfte abzuschließen.
Das war an Tag 62 passiert:
Deutschland will die Ukraine nun doch mit schweren Waffen unterstützen. 50 Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard sollen Kiew überlassen werden. Außerdem: UN-Chef Guterres fordert in Moskau eine Waffenruhe für die Ukraine - und der russische Staatskonzern Gazprom stoppt alle Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien. Lesen Sie hier nach, was an Tag 62 im Ukraine-Krieg passiert ist:
Quelle: dpa, AFP, Reuters, AP