: Makariw: Wohl viele Tote - Putin zeigt sich
Das Wichtigste in Kürze
- Russland schließt Büros von Amnesty und Human Rights Watch
- Wohl über 130 erschossene Zivilisten in Makariw bei Kiew
- Bundeskanzler Olaf Scholz hält westliche Sanktionen gegen Russland für "hochwirksam"
- Von der Leyen besucht Kiewer Vorort Butscha
- Mindestens 50 Tote bei Raketenangriff auf Evakuierungsbahnhof
Anmerkung der Redaktion
Entwicklungen an Tag 44 im Ukraine-Krieg:
- Erstmals seit längerer Zeit hat sich der russische Präsident Wladimir Putin in der Öffentlichkeit gezeigt - bei einer Trauerfeier für den prominenten Politiker Wladimir Schirinowski. Der Fraktionschef der ultranationalistischen Liberaldemokratischen Partei Russlands (LDPR) war an den Folgen einer Covid-19-Erkrankung gestorben.
- Russland schließt die Büros der Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch. Die Organisationen seien "aus dem offiziellen Register ausländischer Nichtregierungsorganisationen" in Russland aufgrund von "Verstößen gegen das russische Recht" ausgeschlossen worden, teilte das Justizministerium in Moskau mit. Dies entspreche de facto der Schließung, erklärte Amnesty.
- EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat der Ukraine bei ihrem Besuch in Kiew Mut auf dem Weg in die Europäische Union gemacht. "Wir stehen an eurer Seite, wenn ihr von Europa träumt", sagte von der Leyen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. "Meine heutige Botschaft lautet, dass die Ukraine zur europäischen Familie gehört." Die ehemalige Bundesverteidigungsministerin hat sich zudem als erste westliche Spitzenpolitikerin nach Bekanntwerden von Kriegsverbrechen im Kiewer Vorort Butscha ein Bild von der Lage gemacht.

Welche Bedeutung hat von der Leyens Besuch für die Menschen vor Ort? Dazu eine Einschätzung von ZDF-Reporterin Katrin Eigendorf.
08.04.2022 | 01:46 min- Beim Antrittsbesuch des Bundeskanzlers in der Londoner Downing Street haben Olaf Scholz und der britische PremierBoris Johnson einen Schulterschluss gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putindemonstriert. Angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine waren beide Seiten sichtlich bemüht, die Brexit-Querelen hinter sich zu lassen und ein starkes Signal der Einigkeit nach Moskau zu senden. Beide Politiker betonten, dass man der Ukraine weitere Waffen liefern werde.
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski hat einmal mehr härtere Sanktionen gegen Russland gefordert. "Denn anders will Russland niemanden und nichts verstehen", betonte er vor Journalisten in Kiew. Der 44-Jährige sagte, er sei zwar dankbar für das kürzliche beschlossene fünfte Sanktionspaket, dochsei das angesichts der russischen Aggression zu wenig.
- Bei einem Raketenangriff auf den Bahnhof der ostukrainischen Stadt Kramatorsk sind nach offiziellen Angaben Dutzende Menschen getötet und verletzt worden. Die Zahl der Toten sei auf 50 gestiegen. Darunter seien fünf Kinder, sagte der Gouverneur des Gebiets Donezk, Pawlo Kyrylenko, dem Portal "strana.news" zufolge. Bei dem Angriff auf den Bahnhof der Stadt seien zudem 98 Menschen verletzt worden, davon 16 Kinder.
- Russland weist die Anschuldigungen zurück, der Raketenangriff auf den Bahnhof von Kramatorsk mit vielen Toten und Verletzten sei von seinen Truppen ausgegangen.
Die Situation in den ukrainischen Städten und Siedlungen:
- Unweit der ukrainischen Hauptstadt Kiew sind im Ort Makariw nach Angaben des Bürgermeisters 132 Zivilisten erschossen aufgefunden worden. Die meisten Toten seien in Massengräbern entdeckt worden, sagte Wadym Tokar im ukrainischen Fernsehen. Tokar machte für das Verbrechen russische Soldaten verantwortlich, die mehrere Orte in der Region bis vor kurzem besetzt hatten. Die Angaben konnten zunächst nicht überprüft werden.
- Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine sind in der lange heftig umkämpften Stadt Tschernihiw nach Angaben des Bürgermeisters rund 700 Menschen getötet worden. Unter den Toten seien sowohl Armeeangehörige als auch Zivilisten, sagte Wladyslaw Atroschenko der Nachrichtenagentur Unian. Zwei Drittel der ehemals 300.000 Einwohner der Stadt nördlich der Hauptstadt Kiew seien geflohen.
- Der ukrainische Präsident Selenskyj bezeichnet die Situation in der Stadt Borodjanka nach dem Abzug der russischen Truppen als verheerend. Die Lage in der Stadt sei noch "viel schrecklicher" als im vor wenigen Tagen von der ukrainischen Armee zurückeroberten Butscha, sagt Selenskyj in einer Videobotschaft an seine Landsleute. "Es gibt dort noch mehr Opfer der russischen Besatzer."
Die ukrainische Hafenstadt am Schwarzen Meer ist für ihre reichhaltige Kultur bekannt. Doch diese muss zu Kriegszeiten aussetzen. Auch der Handel am Hafen leidet.
08.04.2022 | 02:43 min- Nach ukrainischen Angaben sind in den vergangenen 24 Stunden mehr als 4.500 Menschen aus umkämpften Gebieten in Sicherheit gebracht worden. Rund 1.200 stammten aus der von russischen Truppen belagerten Hafenstadt Mariupol, weitere rund 2.000 aus mehreren Städten im Gebiet Saporischschja, teilt die Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk in einer Videobotschaft mit. Aus dem Gebiet Luhansk im Osten des Landes seien aus den Städten Lissitschansk, Sjewjerodonezk, Rubischne und Kreminna zudem weitere rund 1.400 Menschen evakuiert worden.
In Irpin hätten "russische Soldaten Frauen entführt", "Geschäfte geplündert", seien "in die Wohnungen der Menschen eingedrungen", so ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf in Kiew.
08.04.2022 | 03:25 minReaktionen auf den russischen Angriff:
- Kanzler Olaf Scholz hält die westlichen Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine für "hochwirksam". Mit dem Einfrieren von Vermögenswerten werde auch die Moskauer "Machtclique" getroffen, sagte der SPD-Politiker nach einem Treffen mit dem britischen Premierminister Boris Johnson in London. Scholz kündigte an, Deutschland werde weiter kontinuierlich Waffen an die Ukraine liefern, um den Abwehrkampf gegen die russische Invasion zu stärken.
- Die Bundesregierung hat ein Hilfspaket für deutsche Unternehmen geschnürt, die besonders stark von den Folgen des russischen Ukraine-Kriegs betroffen sind. Vorgesehen sind Zuschüsse in Höhe von rund fünf Milliarden Euro, wie Finanzminister Lindner und Wirtschaftsminister Habeck sagten. Dabei gehe es vor allem um energieintensive Branchen, die "von den Sanktionen oder dem Kriegsgeschehen betroffen sind". Zu den Zuschüssen hinzu kommen unter anderem mit einer Bundesgarantie unterlegte Kreditlinien der staatlichen KfW mit einem Volumen von insgesamt bis zu 100 Milliarden Euro.
- Japan will weitere Sanktionen gegen Russland ergreifen. Koichi Hagiuda, Minister für Wirtschaft, Handel und Industrie, sagte nach einer Kabinettssitzung, man wolle Importe russischer Kohle "schrittweise reduzieren" und darauf abzielen, Kohle-Einfuhren aus Russland letztlich ganz zu vermeiden. Ministerpräsident Fumio Kishida hatte zuvor unter Verweis auf Berichte über russische Gräueltaten weitere Sanktionen angekündigt.
- Australien hat 20 von der Ukraine angeforderte Bushmaster-Panzerfahrzeuge auf den Weg in das Krisenland gebracht. Die elf Tonnen schweren, vielseitig verwendbaren Truppentransporter sollen ihre zehn Insassen vor Landminen und anderen Sprengkörpern schützen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte in der vergangenen Woche bei einer Ansprache an das australische Parlament konkret um eine Lieferung von Bushmastern gebeten.
- Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reist zu einem eintägigen Besuch nach Finnland. Am Vormittag trifft er sich in der Hauptstadt Helsinki mit Präsident Sauli Niinistö. Geplant ist außerdem ein Treffen mit Ministerpräsidentin Sanna Marin. Durch den Krieg in der Ukraine fühlt sich auch Finnland bedroht. Das Land hat von allen EU-Mitgliedern die längste Grenze mit Russland. Sie ist rund 1.300 Kilometer lang. In Finnland wird infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine intensiv darüber diskutiert, die bisherige Neutralität aufzugeben und Mitglied der Nato zu werden.
- Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat laut den UN eine der schlimmsten Flüchtlingskrisen aller Zeiten verursacht. Innerhalb von sechs Wochen seien mehr als 4,3 Millionen Menschen aus der Ukraine vor der Gewalt ins Ausland geflüchtet, teilte ein Sprecher des Hilfswerks UNHCR in Genf mit. Zudem irrten 7,1 Millionen Menschen als Binnenflüchtlinge in der Ukraine umher.
- Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine erhalten in Deutschland künftig eine Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch. Das beschloss der Gipfel von Bund und Ländern in Berlin. Der Bund erklärt sich zudem bereit, zwei Milliarden Euro für Kommunen und die Integration zur Verfügung zu stellen.
Die Grundsicherung für Ukraine-Geflüchtete sichere, "dass sie genauso behandelt werden, wie anerkannte Asylbewerber", so Berlins Regierende Bürgermeisterin, Franziska Giffey (SPD).
08.04.2022 | 05:48 min- Die UN-Vollversammlung hat sich dafür ausgesprochen, die Mitgliedschaft Russlands im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zu suspendieren. Eine entsprechende Resolution wurde von der UN-Vollversammlung in New York verabschiedet. Russland erklärte unmittelbar nach dem Votum seinen Austritt aus dem Menschenrechtsrat. Die Ukraine und die USA zeigten sich zufrieden.
Russland wurde aus dem UN-Menschenrechtsrat ausgeschlossen. Das werde dort nicht als "wirklich große Niederlage" empfunden, so ZDF-Korrespondent Johannes Hano in New York.
08.04.2022 | 02:31 min