: Ukraine will Verhandlungen in Mariupol
20.04.2022 | 22:24 Uhr
Ukraine schlägt Gespräch in Mariupol vor, EU-Ratschef sichert bei Besuch in Kiew Unterstützung zu, bislang über 2.200 Zivilisten getötet. Die Entwicklungen von Tag 56 im Überblick.Das Wichtigste in Kürze
- Ukraine schlägt Verhandlungen mit Russland in Mariupol vor
- EU-Ratschef sichert bei Besuch in Kiew Unterstützung zu
- UN melden mehr als fünf Millionen Kriegsflüchtlinge und mehr als 2.200 tote Zivilisten
- Ukrainische Truppen in Mariupol bitten um Evakuierung
- Rettung von Zivilisten aus Mariupol weniger umfangreich als geplant
- Neue Debatte über deutsche Waffenlieferungen nach Melnyk-Kritik
Anmerkung der Redaktion
Angaben zum Verlauf des Krieges oder zu Opferzahlen durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Seite können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Wir fassen für Sie im Folgenden die wichtigsten Entwicklungen zu Russlands Krieg gegen die Ukraine zusammen. Weitere News-Updates zur Lage und zu Reaktionen erhalten Sie jederzeit auch in unserem Liveblog zu Russlands Angriff auf die Ukraine.
Die Entwicklung von Tag 56 im Ukraine-Krieg:
- Der ukrainische Präsidentschaftsberater Mychailo Podoljak hat bei Twitter eine "besondere Gesprächsrunde" mit russischen und ukrainischen Vertretern in Mariupol vorgeschlagen. Man sei "ohne Bedingungen" dazu bereit, so Podoljak. Ziel sei es, die ukrainischen Kämpfer, Soldaten und Zivilisten zu retten.
- EU-Ratschef Charles Michel ist zu einem Besuch nach Kiew gereist. In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsident Selenskyj sicherte er der Ukraine Unterstützung zu. "Wir stehen an Ihrer Seite", schrieb der Belgier auch auf Twitter. Michel sagte, es müsse weiter Druck auf den Kreml ausgeübt werden. Selenskyj bekräftigte den Wunsch seines Landes nach einem EU-Beitritt. Eine internationale Geberkonferenz am 5. Mai soll Geld für das vom Krieg schwer getroffene Land sammeln.
- In einem dramatischen Appell hat der ukrainische Kommandeur der verbliebenen Marine-Infanteristen in der schwer umkämpften Hafenstadt Mariupol um eine Evakuierung in einen Drittstaat gebeten. "Der Feind ist uns 10 zu 1 überlegen", sagte Serhij Wolyna, Kommandeur der ukrainischen 36. Marineinfanteriebrigade, in einer am frühen Morgen auf Facebook veröffentlichten Videobotschaft. Die ukrainische Seite verteidige nur ein Objekt, das Stahlwerk Asovstal, wo sich außer Militärs noch Zivilisten befänden.
Das könnte der letzte Appell unseres Lebens sein.
- Die geplanten Evakuierungen aus Mariupol sind nach ukrainischen Angaben weniger umfangreich als vorgesehen ausgefallen. Weniger Busse als geplant hätten Zivilisten abgeholt. Eine genaue Zahl, wie viele Menschen in Sicherheit gebracht werden konnten, wurde bislang nicht genannt. Die Behörden der Küstenstadt hatten ursprünglich erklärt, etwa 6.000 Menschen über einen Korridor herausbringen zu wollen.
- Seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR mehr als fünf Millionen Menschen (5.010.971) aus der Ukraine geflohen. Mehr als 2,8 Millionen von ihnen hätten zunächst in Polen Zuflucht gesucht. Zusätzlich seien mehr als sieben Millionen Menschen innerhalb der Ukraine vertrieben worden. In Deutschland hat die Bundespolizei bisher 362.824 Geflüchtete festgestellt.
- Nach Angaben des UN-Hochkomissariats für Menschenrechte sind bislang 2.224 Zivilisten ums Leben gekommen, 2.897 weitere hätten Verletzungen erlitten. Unter den Toten befänden sich 173 Kinder. Die tatsächlichen Zahlen dürften wesentlich höher liegen, hieß es.
- Insgesamt haben die russischen Luftstreitkräfte nach eigenen Angaben in der Nacht 73 militärische Ziele in der Ukraine bombardiert. Neben den Angriffen der Luftstreitkräfte hätten die russischen Raketenstreitkräfte und Artillerie auch 1.053 Militärobjekte beschossen, teilte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, mit.
- Nach mehr als einem Monat Unterbrechung ist die Kommunikation zwischen dem ehemaligen Kernkraftwerk Tschernobyl und der zuständigen ukrainischen Aufsichtsbehörde wiederhergestellt. Das teilte der Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Rafael Grossi, mit.
Die Situation in den ukrainischen Städten:
- Der ukrainische Generalstab hat von erfolglosen russischen Versuchen berichtet, die Städte Rubischne und Sjewjerodonezk im ostukrainischen Gebiet Luhansk zu stürmen. Darüber hinaus berichtete die ukrainische Militärführung von russischen Angriffsbemühungen nahe der Kleinstadt Isjum im Gebiet Charkiw und schweren Gefechten um Marjinka, Popasna, Torske und Selena Dolyna.
- Separatisten der "Volksrepublik" Luhansk haben die Stadt Kreminna in der Ostukraine nach eigenen Angaben "vollständig" unter Kontrolle gebracht, teilt die Luhansker "Volksmiliz" auf Telegram mit. Der ukrainische Gouverneur des Gebiets Luhansk hatte am Montag berichtet, dass die Kontrolle über die Kleinstadt verloren gegangen sei. In Kreminna sollen noch etwa 4.000 der vor dem Krieg 18.000 Einwohner ausharren.
- Die südukrainische Großstadt Mykolajiw meldet erneut Beschuss. "Wieder Explosionen in Mykolajiw", schreibt der Bürgermeister der Stadt, Olexander Senkewytsch, auf Telegram.
Ukraine: Hier können Sie spenden
Wenn Sie helfen wollen, können Sie das durch eine Spende tun. Alle Informationen hierzu im Überblick.
Wie arbeitet das Aktionsbündnis?
Das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe hilft Menschen in der Ukraine und auf der Flucht. Gemeinsam sorgen die Organisationen Caritas international, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie Katastrophenhilfe und UNICEF Deutschland für Unterkünfte und Waschmöglichkeiten, für Nahrungsmittel, Kleidung, Medikamente und andere Dinge des täglichen Bedarfs. Auch psychosoziale Hilfe für Kinder und traumatisierte Erwachsene ist ein wichtiger Bestandteil des Hilfsangebots.
Reaktionen und Folgen des russischen Angriffs:
- UN-Generalsekretär António Guterres verstärkt seine diplomatischen Versuche, um eine Waffenruhe im Ukraine-Krieg zu erreichen. Er habe die Präsidenten der Ukraine und Russlands um Treffen in Kiew und Moskau gebeten, teilte sein Sprecher mit.
- Die Zusage von Bundeskanzler Olaf Scholz, der Ukraine direkte Rüstungslieferungen der deutschen Industrie zu finanzieren, geht Botschafter Andrij Melnyk nicht weit genug. Nach seinen Informationen könne die Bundeswehr die Waffen liefern, die der Ukraine jetzt helfen würden - darunter der Schützenpanzer Marder.
Die Waffen, die wir brauchen, die sind nicht auf dieser Liste.
- Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter, forderte erneut eine schnelle Lieferung von Panzern an die Ukraine. "Rheinmetall sagt selbst, dass bei ihnen eine ganze Reihe von Marder-Panzern steht, die man in sehr kurzer Zeit liefern könnte", sagte der Grünen-Politiker im ZDF. Eine Möglichkeit sei etwa, Panzer, die Deutschland aktuell nicht dringend benötige, an die Ukraine zu liefern und diese dann durch neue Panzer des Rüstungskonzerns Rheinmetall zu ersetzen.
- Der stellvertretende Generalinspekteur der Bundeswehr, Markus Laubenthal, erteilte einer Lieferung von schweren Waffen vonseiten der Bundeswehr hingegen eine Absage. Im ZDF Morgenmagazin sagte er:
Um die Streitmacht zu betreiben und auch Folgekräfte auszubilden, brauchen wir die Waffensysteme.

Schützenpanzer etwa für Ausbildungszwecke ließen sich nicht einfach liefern, das würde "die [deutsche] Verteidigungsfähigkeit erheblich schwächen", so Generalleutnant Markus Laubenthal, stellv. Generalinspekteur der Bundeswehr.
20.04.2022 | 06:16 minDas war an Tag 55 im Ukraine-Krieg passiert:
Präsident Selenskyj hat den Beginn der russischen Offensive in der Ostukraine bestätigt, Bundeskanzler Scholz hat der Ukraine Geld für Waffen der deutschen Industrie zugesagt und nach Angaben prorussischer Separatisten hat die Erstürmung des Stahlwerks Asowstal begonnen. Lesen Sie hier nach, wie sich die Lage in der Ukraine am Dienstag entwickelt hat:
Quelle: AP, AFP, dpa, Reuters, ZDF