: Kiew: Raketen-Angriff während Guterres-Besuch
29.04.2022 | 00:02 Uhr
Russland greift Kiew an - während UN-Generalsekretär Guterres in der Stadt ist. Der ukrainische Präsidentenberater lobt Deutschland. Das ist an Tag 64 im Ukraine-Krieg passiert.Das Wichtigste in Kürze
- Russland greift Kiew an - während UN-Generalsekretär Guterres in der Stadt ist
- Ukraine lobt Bundestags-Entscheidung zur Lieferung schwerer Waffen
- Kiew droht mit Angriffen auf russische Stellungen
- Nato will die Ukraine "langfristig unterstützen"
Anmerkung der Redaktion
Angaben zum Verlauf des Krieges oder zu Opferzahlen durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Seite können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Wir fassen für Sie im Folgenden die wichtigsten Entwicklungen zu Russlands Krieg gegen die Ukraine zusammen. Weitere News-Updates zur Lage und zu Reaktionen erhalten Sie jederzeit auch in unserem Liveblog zu Russlands Angriff auf die Ukraine.
Die Entwicklungen von Tag 64 im Ukraine-Krieg:
- Russland hat die ukrainische Hauptstadt Kiew mit Raketen angegriffen - während sich UN-Generalsekretär António Guterres in der Stadt aufhält. Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj wirft Russland vor, die Vereinten Nationen "demütigen" zu wollen. Kiew sei mit fünf Raketen angegriffen worden, zehn Menschen sind nach Angaben des Rettungsdienstes verletzt worden. Außenminister Dmytro Kuleba schreibt auf Twitter: "Mit diesem abscheulichen Akt der Barbarei demonstriert Russland einmal mehr seine Haltung gegenüber der Ukraine, Europa und der Welt."
- Auch andere ukrainische Journalisten und Analysten deuten den Angriff auf Kiew während Guterres' Besuch als eindeutiges Zeichen von Russlands Präsidenten Wladimir Putin. "Das ist Putins offizielles 'Leck mich am Arsch!' an António Guterres, die Vereinten Nationen und die ganze Welt. Wir haben es mit einem Wahnsinnigen zu tun", schreibt etwa Olexander Scherba, bis 2021 ukrainischer Botschafter in Österreich, auf Twitter. Die Journalistin Olga Tokariuk twittert: "Das ist ein klares Zeichen, das Russland nicht an Diplomatie interessiert ist und eine auf Regeln basierende internationale Ordnung verachtet."
- Unmittelbar vor dem Angriff hatten Guterres und Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj über einen Fluchtkorridor aus Mariupol gesprochen. Selenskyj hatte sich dabei noch optimistisch gezeigt. Guterres sagte: "Mariupol ist eine Krise innerhalb einer Krise, Tausende Zivilisten brauchen lebensrettende Hilfe."
- Russland lehnt Verhandlungen über alle im Stahlwerk Azovstal Eingeschlossenen ab. "Präsident (Wladimir Putin) hat es ganz klar gesagt: Die Zivilisten können gehen und zwar in jede Richtung, die Militärs müssen rauskommen und ihre Waffen niederlegen", sagt Kremlsprecher Dmitri Peskow der staatlichen Nachrichtenagentur Tass. Den Militärs werde das Leben und medizinische Versorgung garantiert - mehr aber nicht. Einen freien Abzug will Moskau ihnen nicht gewähren.
- Russland warnt davor, die Ukraine mit schweren Waffen zu versorgen. Das würde die Sicherheit auf dem europäischen Kontinent bedrohen, sagt der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. Er bezieht sich dabei auf Äußerungen der britischen Außenministerin Liz Truss. Diese hatte kürzlich gesagt, es reiche nicht mehr, die Ukraine nur mit sogenannten defensiven Waffen zu versorgen.
- Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak lobt Deutschland nach der klaren Entscheidung des Bundestages für die Lieferung schwerer Waffen an sein Land. Er schreibt auf Twitter, Deutschland habe gesprochen. Die Geschlossenheit des Bundestages sei beeindruckend. Er bezeichnete die Abstimmung als "einen der letzten Sargnägel von Putins Lobbyarbeit in Europa".
- Podoljak hat bei Twitter auch das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung gegen die russischen Truppen hervorgehoben und dabei auch mögliche Angriffe auf militärische Ziele in Russland angedeutet. "Die Ukraine wird sich auf jede mögliche Weise verteidigen, einschließlich Attacken gegen Lager und Stützpunkte der russischen Mörder. Die Welt erkennt dieses Recht an," schreibt Podoljak.
- Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben des Generalstabs in Kiew das Tempo ihrer Angriffe im Osten der Ukraine deutlich erhöht. Die russischen Besatzer würden praktisch von allen Seiten intensiv angreifen, teilte der Stab in der ukrainischen Hauptstadt mit. Moskau ziehe zusätzliche Kräfte in die Nähe von Isjum im Gebiet Charkiw zusammen - mit dem Ziel, die Verteidiger der Ukraine im Osten einzukreisen, hieß es weiter. Nach Darstellung des Generalstabs in Kiew nutzen die russischen Streitkräfte auch weiter den Flughafen von Melitopol im Gebiet Saporischschja als Basis für ihre Kampfflugzeuge und -hubschrauber.
- Die USA überlassen der Ukraine im Krieg Hubschrauber vom Typ Mi-17 - was zu besonderem Protest aus Russland führt. Denn: Die Hubschrauber sind aus russischer Produktion. Ein Vertrag zwischen Russland und den USA legt eigentlich fest, dass die Mi-17 für die afghanische Armee vorgesehen sind - und nur mit russischer Unterstützung an andere Länder weitergegeben werden dürften, wie die für militärtechnische Zusammenarbeit zuständige russische Behörde FSWTS mitteilt.
- CNN hat ein neues Drohnenvideo aus Butscha veröffentlicht, das russische Militärfahrzeuge und Truppen auf einer Straße zeigen soll, die mit zivilen Leichen übersät ist. Russland bestreitet, dass es für die Gräueltaten in dem Kiewer Vorort verantwortlich ist. Die Ukraine und unter anderem US-Präsident Joe Biden werfen Russland dagegen einen "Völkermord" vor.
- Unterdessen hat die ukrainische Justiz Ermittlungsverfahren gegen zehn russische Soldaten wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in Butscha eingeleitet. Den Mitgliedern der 64. motorisierten Infanteriebrigade der russischen Armee werde unter anderem "die grausame Behandlung von Zivilisten" vorgeworfen, erklärte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft.
Reaktionen und Folgen des russischen Angriffs:
- Die Europäische Kommission hat Regelungen zu der von Russland geforderten Rubel-Zahlung für Gas-Lieferungen klargestellt. Unternehmen, die wie von Moskau gefordert in Russland ein Bankkonto eröffneten und Lieferungen weiterhin in Euro zahlten, verletzten nicht die EU-Sanktionen gegen Russland, teilten Beamte der EU-Kommission mit. "Eine Verletzung der Sanktionen wäre es, wenn ein Unternehmen es akzeptiert, ein zweites Konto zu eröffnen, um den Forderungen nachzukommen", sagte ein EU-Beamter. Während des Geldumtauschs in Rubel auf das zweite Konto sei das Geld in der Hand der russischen Zentralbank, die von der EU sanktioniert wird.
- Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Finnland und Schweden eine rasche Aufnahme im Militärbündnis in Aussicht gestellt. "Es ist ihre Entscheidung", sagte Stoltenberg zur Diskussion über eine Nato-Mitgliedschaft, die in den beiden skandinavischen Ländern wegen des Kriegs in der Ukraine an Fahrt aufgenommen hat. "Aber wenn sie sich entscheiden, einen Antrag zu stellen, werden Finnland und Schweden herzlich willkommen geheißen werden, und ich erwarte, dass dieser Prozess schnell vonstattengehen wird."
ZDFheute Infografik

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- Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki fordert EU-Gelder zur Versorgung der Geflüchteten aus der Ukraine. Sein Land versorge verwundete Soldaten und beherberge 2,5 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine. "Die Türkei wurde bei der letzten Flüchtlingswelle mit Milliarden unterstützt. Ich denke: Auch wir haben jetzt EU-Hilfe verdient", sagte Morawiecki der "Bild". Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine haben sich drei Millionen Menschen von dort ins Nachbarland Polen in Sicherheit gebracht. Das teilte der polnische Grenzschutz auf Twitter mit.
Wie zuletzt 2015 die Türkei, fordert Polens Ministerpräsident Morawiecki Hilfsgelder von der EU, für die Versorgung von rund 2,5 Millionen ukrainischen Geflüchteten im Land.
28.04.2022 | 01:47 min- US-Präsident Joe Biden beantragt beim Kongress 33 Milliarden Dollar (rund 31 Milliarden Euro) zur weiteren Unterstützung der Ukraine. Davon sind 20 Milliarden Dollar für Militär- und Sicherheitshilfen für die Ukraine vorgesehen, wie ein US-Regierungsvertreter in Washington sagte. "Das bedeutet Waffen und Munition, die an das ukrainische Volk gehen." Vorgesehen sind dem Regierungsvertreter zufolge auch 8,5 Milliarden Dollar an Wirtschaftshilfen für die Regierung in Kiew. Drei Milliarden Dollar sollen für humanitäre Hilfe bereitgestellt werden.
Ukraine: Hier können Sie spenden
Wenn Sie helfen wollen, können Sie das durch eine Spende tun. Alle Informationen hierzu im Überblick.
Wie arbeitet das Aktionsbündnis?
Das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe hilft Menschen in der Ukraine und auf der Flucht. Gemeinsam sorgen die Organisationen Caritas international, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie Katastrophenhilfe und UNICEF Deutschland für Unterkünfte und Waschmöglichkeiten, für Nahrungsmittel, Kleidung, Medikamente und andere Dinge des täglichen Bedarfs. Auch psychosoziale Hilfe für Kinder und traumatisierte Erwachsene ist ein wichtiger Bestandteil des Hilfsangebots.
Die Situation in den ukrainischen Städten:
- Die südukrainischen Städte Odessa und Mykolajiw sind laut Behördenangaben von russischen Truppen beschossen worden. "Mykolajiw wurde wieder von Schlägen der Mehrfachraketenwerfer des Typs Smertsch getroffen", teilte die Militärführung des Wehrbezirks Südukraine auf ihrer Facebook-Seite mit. Durch den Beschuss seien Dutzende Privatwohnungen, Autos und Geschäfte beschädigt worden.
- Mehrere Explosionen haben Medienberichten zufolge die Gegend nahe dem Fernsehturm der südukrainischen Stadt Cherson erschüttert. Die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti meldete, Raketen seien auf die von Russland belagerte Stadt abgefeuert worden, die aus der Richtung gekommen seien, in der sich die ukrainischen Soldaten im Nordwesten befänden.
Das ist an Tag 63 passiert:
Lesen Sie hier, was am Mittwoch im Ukraine-Krieg passiert ist: