: Wie Putin die Ostukrainer an sich binden will

von Nina Niebergall
01.03.2023 | 16:39 Uhr
In seiner Jahresbotschaft hatte Putin sie angekündigt, jetzt werden sie umgesetzt: Weitere Sozialhilfen für Menschen in den annektierten ostukrainischen Gebieten. Was das bedeutet.
Anwohner und russische Soldaten im ostukrainischen Cherson Quelle: dpa
Für Präsident Wladimir Putin gehören Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson zu Russland. Das machte er einmal mehr klar, als er am 21. Februar in seiner Jahresbotschaft verkündete: "Wir werden ein großes sozioökonomisches Entwicklungsprogramm für diese neuen Regionen innerhalb der Föderation ausweiten."

Putin: "Wie Brüder und Schwestern"

Mit Blick auf die Bevölkerung in den besetzten Gebieten, sagte Putin: "Jetzt sind wir wie Brüder und Schwestern."
Wladimir Putins Rede zur Lage der Nation am 21. Februar:
Es sei die Pflicht des Staates, die Familien zu unterstützen, die Angehörige im Krieg verloren hätten. Den Familien gefallener Soldaten und Kriegsveteranen versprach Putin finanzielle Unterstützung und kündigt zu diesem Zweck einen staatlichen Sonderfonds an. Und in den neuen Gebieten werde es mehr soziale Hilfsprogramme geben.
Die Sozialhilfen sollen ab diesem Mittwoch ausgezahlt werden. Die gesetzliche Grundlage dafür schuf die Staatsduma bereits am 14. Februar.

Mehr Rente, mehr Kranken- und Kindergeld

Die Mindestrente in den besetzten Gebieten soll auf das gesamtrussische Niveau angehoben werden. Bislang bekamen Rentner*innen in der Ostukraine mindestens 10.000 Rubel monatlich, umgerechnet entspricht das etwa 125 Euro. Jetzt sollen sie mindestens 16.000 Rubel bekommen, umgerechnet 200 Euro. Das Renteneintrittsalter wird entsprechend angehoben - für Männer von 60 auf 65 Jahre, für Frauen von 55 auf 60.
Auch sollen die Regeln für Krankengeld, Geburtenbeihilfen und Kindergeld an die russischen angepasst werden. Und Beihilfen für Kriegsveteranen aufgestockt.

Die Stadt Bachmut in der Ostukraine versuchen russische Truppen seit Monaten einzunehmen.

21.02.2023 | 07:09 min

Russland will Regionen bis 2026 ganz integrieren

Schon im August 2022, also noch vor der Annexion, hatte Putin allen Bürger*innen der Ukraine per Dekret ein unbefristetes Aufenthaltsrecht für die Russische Föderation gewährt, inklusive Arbeitserlaubnis. Per Präsidialdekret wurde außerdem beschlossen, Rentner*innen, Menschen mit Behinderung und schwangeren Frauen in Russland Sozialleistungen auszuzahlen, wenn sie aus der Ukraine oder den selbsternannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk geflohen sind.
Für Ukrainer*innen in den besetzten Gebieten, die Kinder zwischen sechs und 18 Jahren haben, gab es zusätzlich Einmalzahlungen. Sie bekamen laut Kreml 10.000 Rubel.
Im September wurden die vier ukrainischen Gebiete in Folge von Scheinreferenden von Russland annektiert. International wird die Annexion als rechtswidrig angeprangert und nicht anerkannt. Über keines der vier Gebiete hat Russland die vollständige Kontrolle, alle sind nach wie vor umkämpft.
Russland plant, die vier betroffenen ukrainischen Regionen bis 2026 vollkommen zu integrieren. Die Staatsduma brachte dafür bereits mehrere Gesetze auf den Weg.
Am 30. September hatte Putin die Annexion von Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson verkündet:

Putin baut auf Perspektivlosigkeit vieler Menschen

Immer wieder steht Moskau in der Kritik, Ukrainer etwa durch Geld - aber auch durch die Vergabe russischer Pässe - an sich zu binden.
Die Lage für die Menschen in Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson ist äußerst schlecht. Ihre Häuser wurden zerbombt, viele sind geflohen, die Energieversorgung ist brüchig. Viele, die in den besetzten Gebieten geblieben sind, scheinen keinen anderen Ausweg gesehen zu haben.
Darauf baut Putin offenbar, wenn er mehr Geld verspricht. Und verschleiert dabei die Tatsache, dass der russische Einmarsch in die Ukraine eine solche Unterstützung erst nötig gemacht hat. 
Nina Niebergall berichtet als ZDF-Korrespondentin über Russland.
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