: China-Deal: Tschentscher kritisiert Habeck

von Pierre Winkler
01.12.2022 | 02:30 Uhr
Der Teil-Verkauf eines Terminals am Hamburger Hafen nach China stört das Verhältnis von SPD und Grünen. Hamburgs Bürgermeister lässt sich über den Wirtschaftsminister aus.
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher hätte sich eine stärkere Beteiligung Chinas im Hamburger Hafen gewünscht.Quelle: ZDF/Markus Hertrich
Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat das Verhalten von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Zusammenhang mit dem China-Deal am Hamburger Hafen scharf kritisiert. "Mein Eindruck ist, dass dort eine nicht plausible Diskussion geführt worden ist zwischen den Ministerien", sagte Tschentscher am Mittwochabend bei Markus Lanz über die negativen Reaktionen innerhalb der Bundesregierung den Hafen-Deal.
Habeck war einer der stärksten Kritiker im Bundeskabinett, als es darum ging, den Teilverkauf eines Terminals an das chinesische Unternehmen Cosco zu verurteilen. Ebenfalls bei Markus Lanz hatte er in der vergangenen Woche seinen Standpunkt bekräftigt. Er würde das Geschäft immer noch nicht machen, sagte Habeck.

Im Streit um eine chinesische Beteiligung am Hamburger Hafen hat die Bundesregierung einen Kompromiss beschlossen. Demnach darf der Staatskonzern Cosco einen Anteil von maximal 24,9 Prozent kaufen.

26.10.2022 | 02:09 min

Tschentscher: Vertretbare Beteiligung für China

SPD-Politiker Tschentscher entgegnete jetzt dem Grünen Bundesminister: "Und ich sage: Wer den Hamburger Hafen kennt, und wer das Geschäftsmodell der Container-Logistik kennt, weiß, dass das eine sehr vertretbare Beteiligung ist." Diese habe auch keinen Einfluss auf die Unternehmenspolitik im Hafen.
Insgesamt sechs Bundesministerien, darunter das von Habeck, hatten sich gegen den Deal ausgesprochen. Habeck legte als Wirtschaftsminister sein Veto ein, Tschentscher musste seinen ursprünglichen Plan damit begraben. Statt einer Beteiligung von 35 Prozent kamen am Ende nur 24,9 Prozent heraus, um eine strategische Beteiligung der Chinesen zu verhindern.

Seitenhiebe gegen Habeck

Tschentscher versteht das offenbar bis heute nicht. Vor allem, weil er Bundeskanzler Olaf Scholz in der Sache auf seiner Seite hatte. "Herr Scholz weiß, wie der Hamburger Hafen organisiert ist. Das unterscheidet ihn vielleicht von einigen Bundespolitikern, die sich dazu geäußert haben", sagte Tschentscher über seinen SPD-Kollegen. Wieder ein impliziter Seitenhieb gegen Habeck. Scholz war von 2011 bis 2018 Erster Bürgermeister in Hamburg und damit Tschentschers direkter Vorgänger.
Doch nicht nur Bundesministerien, auch Geheimdienste, einige EU-Länder oder auch die USA hatten explizit vor dem Geschäft mit Cosco gewarnt. Tschentscher zeigte sich davon unbeeindruckt:
Die haben alle keine interne Kenntnis über die Frage, wie wir unseren Hafen organisieren.
Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister in Hamburg

Kein Interesse an Insider-Wissen zu Hafen-Deal?

An diesem Insider-Wissen hätte niemand Interesse gehabt. Auch innerhalb der Bundesregierung nicht. "Wir haben es aktiv angeboten, auch in der Schlussphase noch einmal an der Beratung teilzunehmen", sagte Tschentscher. "Dieses Angebot ist jedenfalls zum Schluss nicht angenommen worden. Wir seien nicht verfahrensbeteiligt, hieß es."
Die Diskussion über deutsche Abhängigkeiten von China gehe in die völlig falsche Richtung: "Es gibt viele Dinge, über die wir uns Gedanken machen müssen. Aber in der maritimen Schifffahrt, beim Transport von Containern über die Welt, haben wir keine systemische Abhängigkeit von China." Das hätten noch nicht alle in der deutschen Spitzenpolitik verstanden, so Tschentscher.

Tschentscher fordert neue China-Taktik

Es brauche dringend eine neue China-Strategie. Und wenn man diese Strategie aufstellen wolle, "dann müssen wir das in der Tat europäisch machen. Und können nicht einem einzigen Hafen die Spielregeln aufdrücken und sagen: Alle anderen machen das weiter, was branchenüblich ist." Rotterdam oder Antwerpen, Hamburgs große Hafen-Rivalen in Europa, machen nämlich längst im großen Stil Geschäfte mit China und verkaufen Anteile.
"Wir müssen überlegen: Was ist eigentlich unsere Antwort auf die chinesische Seidenstraßen-Strategie?", fragte Tschentscher. "Wir waren viele Jahre unkritisch und sollten jetzt, wenn wir so eine Diskussion führen, eine Analyse machen: Wo sind wir kritisch abhängig?" Mit der Seidenstraßen-Strategie verschaffe sich China "strukturell und systematisch Zugang zu den Weltmärkten". Dabei habe Deutschland zu lange zugesehen. Der Hamburger Hafen sei dabei aber ganz sicher nicht das Problem.

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