: Krisen verdüstern UN-Prognosen

von Stella Hesch, New York
07.07.2022 | 22:50 Uhr
Die nachhaltige Entwicklung der Weltgemeinschaft hat während der Pandemie einige Rückschritte gemacht. Anhaltende Krisen erschweren das Erreichen der Ziele.
Quelle: Dittrich/dpa
Die Pandemie hat sich auf zahlreiche Bereiche negativ ausgewirkt. Das geht aus dem UN-Bericht über die "Ziele der nachhaltigen Entwicklung" hervor, der am Donnerstag in New York vorgestellt wurde.
"Seit dem Beginn unserer Agenda sind 15 Jahre vergangen. Wir befinden uns also auf halber Strecke", sagt der Chef der Abteilung für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten der UN Liu Zhenmin. Der Bericht verdeutlicht, dass die Weltgemeinschaft noch weit davon entfernt ist die selbstgesetzten Ziele bis 2030 zu erreichen. Der Krieg in der Ukraine werde die Situation nochmals verschärfen, so die UN.

Die höchste Zahl gewaltsamer Konflikte seit 1945

Etwa zwei Milliarden Menschen leben in konfliktbetroffenen Ländern. Das höchste Niveau seit dem Zweiten Weltkrieg. Allein im letzten Jahr starben mehr als elf Tausend Zivilisten. 437.000 Menschen wurden 2020 Opfer von Tötungsdelikten. Noch nie waren mehr Menschen auf der Flucht.

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Während der Pandemie sank zum ersten Mal seit Jahren die weltweite Impfquote. Todesfälle durch Tuberkulose und Malaria nahmen zu.

Kinder und Frauen sind besonders betroffen

Auch im Bereich der Bildung wurden Zahlen in einem nie da gewesenen Ausmaß verzeichnet. Schätzungsweise haben in den letzten beiden Jahren 147 Millionen Kinder mehr als die Hälfte des Unterrichts verpasst. Besonders Mädchen und Kinder aus benachteiligten Verhältnissen waren betroffen.

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Für Frauen ist die Wahrscheinlichkeit ihren Arbeitsplatz oder den Zugang zu Bildung zu verlieren, höher als für Männer. Zudem leisten sie zweieinhalbmal häufiger unbezahlte Betreuungsarbeit. Ein Viertel aller Frauen über 15 erlebt mindestens einmal in ihrem Leben sexualisierte Gewalt durch ihren Partner oder Ehemann. Das sind 641 Millionen Frauen weltweit. Mindestens 200 Millionen Frauen erlebten eine Genitalverstümmlung. Jede fünfte Frau wurde Stand 2021 im jungen Alter zwangsverheiratet.

Wieder mehr Menschen leben in Armut

Auch die Armutsbekämpfung wurde während der Pandemie stark behindert. So wurden vier Jahre des Fortschritts rückgängig gemacht.
Wegen der anhaltenden Krisen ist davon auszugehen, dass dieses Jahr bis zu 95 Millionen zusätzliche Menschen in extremer Armut leben werden.
Liu Zhenmin, Chef der Abteilung für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten der UN
Die Zahl der unterernährten Menschen stieg bereits seit einigen Jahren.

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Über eine Milliarde Menschen lebten 2020 in Slums. Zudem besteht für viele immer noch kein Zugang zu sauberem Wasser und Sanitäranlagen. Auch wenn in den letzten Jahren Fortschritte erzielt wurden, müssten sich diese vervierfachen. Ansonsten sei davon auszugehen, dass auch 2030 noch Milliarden Menschen vom Wassernetz abgeschnitten sind.

Prognosen deuten auf Verfehlung des 1,5 Grad-Ziels hin

Zunehmende Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen werden diese Probleme verschärfen und das Leben von Milliarden Menschen beeinträchtigen. Um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, müssen die weltweiten Emissionen bis 2030 um 45 Prozent gegenüber 2010 gesenkt werden. Aktuelle Prognosen der UN deuten aber darauf hin, dass diese im nächsten Jahrzehnt sogar um 14 Prozent steigen könnten. Ein Grund sei die erhöhte Nachfrage nach Kohle, Öl und Gas.
Trotz der schlechten Bilanz, appelliert Zhenmin an die Weltgemeinschaft:
Wir kennen die Lösungen für unsere Probleme, jetzt wird es Zeit die Herausforderungen der nächsten Jahre zu meistern.

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