Zum Schluss bricht Donald Trump die Stille
Falschinformationen über die Briefwahl, Nachrichten, die fälschlicherweise von manipulierten Wahlurnen sprechen, Roboteranrufe, die Wähler vor Identitätsdiebstahl beim Urnengang warnen: Beobachter der US-Wahl haben in den vergangenen Wochen unzählige Versuche der Wahleinmischung dokumentiert.
Die "New York Times" berichtet alleine von über einer Million Falschinformationen zum Thema Briefwahl, die angeblich besonders anfällig für Fälschungen sei. Die meisten davon waren in den umkämpften Staaten Pennsylvania, Ohio und Texas im Umlauf.
Falschinformationen zur US-Wahl über soziale Medien
Bereits vor dem Wahltag am Dienstag war also klar: Desinformation ist ein drängendes Problem der US-Wahl 2020. Das konnte man auch in der Wahlnacht beobachten. Erneut wurde von unzähligen Roboteranrufen berichtet, die Wähler aufforderten "sicher und zuhause zu bleiben".
Auch von Seiten Donald Trumps kamen in diesem Zusammenhang irreführende Nachrichten. Bereits in der Nacht vor der Wahl verhinderte Twitter die Weiterverbreitung eines seiner Tweets, in dem er die Sicherheit der Briefwahl anzweifelte.
Wahlbeobachter in Philadelphia im Fokus
Sein Sohn Donald Jr. verbreitete am Wahltag ein irreführendes Video, das vermeintliche Belege dafür liefern sollte, wie republikanische Wahlbeobachter systematisch behindert werden. Das Video stammte von einem User, der filmte, wie einem republikanischen Wahlbeobachter der Eintritt in ein Wahllokal in Philadelphia, Pennsylvania, verwehrt wurde. Das Video wurde über zwei Millionen Mal angeschaut. Seine Botschaft: Die Wahl wird gestohlen, es trendete der Hashtag #StopTheSteal.
Tweet Wahlbeobachter in Philadelphia
Was der Tweet nicht verriet: Es war ein Versehen, dass der Wahlbeobachter nicht reingelassen wurde. Einem Sprecher der Stadt Philadelphia zufolge habe Unklarheit darüber geherrscht, ob Wahlbeobachter nur ein oder mehrere Wahllokale aufsuchen dürften. "Der Fehler wurde korrigiert, und der Mann wurde reingelassen“, erklärte ein Sprecher gegenüber "ProPublica“.
Hinter Wahlpannen vermuten Republikaner Manipulation der Demokraten
Hinter einzelnen Wahlpannen ein System der Wahlmanipulation wittern: Das konnte man in den sozialen Medien in der Wahlnacht anhand vieler Beispiele beobachten - vor allem bei Trump-Anhängern. Dazu passt auch die Geschichte des republikanisch geprägten Landkreises Spalding County in Georgia, in dem Wahlautomaten kurzfristig ausgefallen waren.
Der Ausfall war offiziellen Angaben zufolge auf menschliches Versagen zurückzuführen. Die Fehler konnte behoben werden, die Wählern stattdessen per klassischem Wahlzettel auf Papier abstimmen. Zudem blieben die Wahllokale in dem Kreis länger geöffnet. Trump-Anhänger wie etwa Schauspieler James Woods sprachen jedoch nicht von einer Wahlpanne, sondern einem großangelegten Betrug.
Swing State Pennsylvania im Fokus der Desinformation
Besonders der Swing State Pennsylvania stand im Mittelpunkt vieler Falschinformationen. So auch in einem Tweet von Mike Roman, einem Mitarbeiter in Trumps Kampagne: Er postete ein vermeintliches Beweisfoto dafür, dass in einem Wahllokal in Philadelphia illegal Werbung für die Demokraten gemacht wurde.
Twitter versah den Tweet, der Tausende Mal verbreitet wurde, nach einiger Zeit mit der Kennzeichnung "Manipulierte Medien". Der Grund: Es gibt keine Beweise dafür, dass der Mann auf dem Bild tatsächlich einen pro-demokratischen Flyer verteilte. Das Bild des vermeintlichen Flyers, den Romans Tweet zeigt, stammte verschiedenen Quellen zufolge nicht aus dem Wahllokal selbst. Die Staatsanwaltschaft von Philadelphia nannte den Tweet nach einer Untersuchung "bewusst täuschend".
Tweet der Staatsanwaltschaft von Philadelphia
Donald Trump bis in die Morgenstunden still
Erstaunlich war in der Wahlnacht aber, wie still es um den sonst so ambitionierten Twitterer Trump wurde. Nicht der Präsident, sondern sein Sohn Donald Trump Jr. war verantwortlich für das Verbreiten der Desinformation.
Das änderte sich in den Morgenstunden. Kurz nachdem Joe Biden sich zur knappen Wahl äußerte und siegesbewusst zeigte, schrieb Trump: "Wir sind GROß im Rennen, aber sie versuchen, die Wahl zu stehlen. Das werden wir niemals zulassen."
Twitter versah die Äußerung gleich mit einer Warnung und verhinderte die Weiterverbreitung.
Auch Trump bemüht jetzt die Erzählung von der "gestohlenen" Wahl. Sollte Biden tatsächlich nur mit knapper Mehrheit gewinnen, wird Trump sich vermutlich die Vorwürfe seiner Republikaner gegen die Demokraten zu nutzen machen - ganz egal, ob sie stimmen mögen oder nicht.