: Die Lehren aus der Lehrstunde für die DFB-Elf

von Frank Hellmann
29.03.2023 | 07:40 Uhr
Die deutsche Nationalmannschaft ähnelt weiter einer großen Baustelle. Emre Can und Niclas Füllkrug sind die einzigen Gewinner der Länderspiele gegen Peru (2:0) und Belgien (2:3).
Enttäuschte deutsche Nationalspieler nach dem Belgien-Länderspiel in Köln.Quelle: dpa
Die erstaunlichste Erkenntnis dieses anfangs so ernüchternden Fußball-Abends war, dass das Publikum in Köln-Müngersdorf kein gellendes Pfeifkonzert anstimmte. Denn eine halbe Stunde lang gab sich der EM-Gastgeber bei der 2:3-Pleite gegen Belgien der Lächerlichkeit preis, wirkte noch orientierungsloser als bei der WM in Katar. Vielleicht ist der Fan des heimischen 1. FC Köln einfach Freud und Leid gewohnt.

Wichtige Aufmunterung auf dem Weg zur Heim-EM

Die trotz der Niederlage erteilte Aufmunterung im Grüngürtel der Domstadt kann die deutsche Nationalelf jedenfalls auf einem langen Weg zu einer stimmungsvollen Heim-EM 2024 gut gebrauchen.
Die ersten 15 Minuten waren ganz schlimm. Wir waren nicht hungrig, viel zu fehleranfällig.
DFB-Kapitän Joshua Kimmich
Exemplarisch für die verlorene Haltung stand Kimmichs Nebenmann Leon Goretzka, der schon gegen Peru (2:0) mit enttäuschenden Darbietungen aufgefallen war. Goretzka blieb wiederholt sportliche Gegenleistung im DFB-Dress schuldig.

Goretzka irritiert in vielerlei Hinsicht

Nach Goretzkas verletzungsbedingter Auswechslung in dessen 50. Länderspiel schwang sich Emre Can zum Stabilisator auf. Es verwunderte im Nachgang zudem, dass der Mittelfeldspieler des FC Bayern sogleich grünes Licht für den Liga-Hit gegen Borussia Dortmund gab. Was Goretzka nicht konnte, tat Can: Zweikämpfe gewinnen, Bälle erobern, Räume schließen.
Wir haben nicht dazwischengehauen, wir haben nicht dagegengehalten.
Emre Can
Mit der Umstellung auf eine 4-3-3-Formation mit dem gebürtigen Frankfurter Can als robusten Sechser spielte die DFB-Auswahl eine Stunde lang auf Augenhöhe mit, wahrte mit Moral und Kampfgeist wenigstens ihr Gesicht.

Noch ganz viel Arbeit für DFB-Elf

Doch die Nationalelf ähnelt - wie Straßen- und Schienennetz in Deutschland - einer riesigen Baustelle, auf die laut Flick "noch viel Arbeit" wartet. Der harmoniebedürftige Fußballlehrer aus dem beschaulichen Bammental wollte zwar nicht bestätigen, dass das in München funktionierende Mittelfeld-Doppel Kimmich/Goretzka bei ihm ausgedient hat. Doch der 58-Jährige bestätigte die These, dass seine weiterhin um Halt ringende Hintermannschaft den Beschützer Can dringend braucht:
Man muss sagen, dass Emre gezeigt hat, was für eine defensive Qualität er hat.
Hansi Flick, Bundestrainer
 

Die deutsche Nationalmannschaft hat das Testspiel gegen Belgien in Köln mit 2:3 verloren. Die DFB-Elf musste einem frühen 0:2-Rückstand hinterherlaufen - letztlich erfolglos.

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Neben dem "aggressiven Leader" (Flick) wirkte der selbstbewusste Debütant Felix Nmecha belebend, der den indisponierten Florian Wirtz erlöste. Der in seiner Heimatstadt ausgewechselte Jungstar von Bayer Leverkusen müsse da "jetzt durch", bekannte Flick, "ihn spornt das eher an."

Für Niclas Füllkrug spricht die Quote

Ein anderer Gewinner der beiden Länderspiele trug die Nummer neun, erzielte mit einem selbst herausgeholten Handelfmeter sein sechstes Länderspieltor im sechsten DFB-Einsatz und spielt (noch) bei Werder Bremen: Niclas Füllkrug ist nicht mehr wegzudenken als Führungsspieler dieser Elf, die ihr nächstes Länderspiel gegen die Ukraine im Juni im Bremer Weserstadion bestreitet. Es folgt ein Test in Warschau gegen Polen und ein weiteres Freundschaftsspiel in Gelsenkirchen.
Dann sollte Flick die Experimentierphase allerdings beenden - und dringend wieder Antonio Rüdiger als Chef der Viererkette aufbieten, in der Thilo Kehrer, Marius Wolf und David Raum zeitweise ziemlich überfordert waren.
"Es muss einmalig bleiben, dass wir solche 25 Minuten gesehen haben", sagte Flick, der als Kardinalfehler die Passivität seiner Mannschaft nannte: "Wir waren einfach nicht so aggressiv."

Domenico Tedesco mit besserem Plan

Doch das war nur die halbe Wahrheit, denn Flick hatte sich von seinem Gegenüber Domenico Tedesco auch taktisch überrumpeln lassen. Der ehemalige Bundesliga-Coach hatte sich vorgenommen, dass viel zu luftig gebaute deutsche Ensemble mit einem geschickten Pressing zu überraschen - der Plan des 37-Jährigen ging dank der (Welt-)Klasse seines Offensivtrios Romelo Lukaku, Kevin De Bruyne und Yannick Carrasco auf. Dieses beschwingte Dreigestirn bescherte Belgien mit seinen Toren den ersten Sieg gegen Deutschland seit 1954.

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