: Para-Athleten: Mittendrin statt später dran

von Maik Rosner
12.08.2022 | 08:47 Uhr
Erstmals bei einer Multi-EM finden Para-Wettbewerbe im Rudern und Kanu gemeinsam mit den Entscheidungen Nicht-Behinderter statt. Auch sonst steht Inklusion im Mittelpunkt.
Als Bronze-Gewinnerin bei den Paralympics nach München gereist: Kanutin Felicia Laberer.Quelle: karl-josef hildenbrand / dpa
Den Anfang bei den European Championships machte Manuela Diening. Am Donnerstagmorgen ist die IT-Projektmanagerin an den Start gegangen und wurde im Festsitz-Einer Zweite im Bahnverteilungsrennen.
Dass die 30-Jährige vom RV Münster 1882 und ihre Konkurrentinnen im Para-Rudern das Multisportevent in München auf der Olympia-Regattastrecke im Vorort Oberschleißheim sportlich eröffneten, hatte auch eine symbolische Bedeutung. Denn Inklusion wird bei den European Championships großgeschrieben.

Wer in seiner Mobilität eingeschränkt ist, stößt auf viele Herausforderungen. Menschen mit Behinderungen genauso wie Ältere oder Eltern mit Kinderwagen.

10.03.2022 | 30:14 min

Mini-Olympia mit gelebter Inklusion

Das sogenannte Mini-Olympia vom 11. bis 21. August mit Europameisterschaften in den neun olympischen Sportarten Beachvolleyball, Geräteturnen, Kanu, Klettern, Leichtathletik, Radsport, Rudern, Tischtennis und Triathlon stehe auch deshalb "für Vielfalt, weil hier Inklusion wirklich gelebt wird. Das beginnt bei den barrierefreien Wettkampf-Orten und geht hin zu den Parawettbewerben wie Kanu, wie Rudern, die integraler Teil des gesamten Programms sind", sagte Staatssekretärin Juliane Seifert aus dem für Sport zuständigen Bundesministerium des Innern am Mittwoch bei der Eröffnungsfeier im Olympiapark vor 55.000 Besuchern.
Aus Seiferts Sicht sind die gemeinsam ausgetragenen Wettbewerbe von Sportlerinnen und Sportlern mit und ohne Beeinträchtigung "ein fantastischer Schritt. Ich hoffe, dass wir in den nächsten Jahren noch viele mehr davon gehen werden".

Gemeinsame Wettbewerbe die Ausnahme

Gemeinsam ausgetragene Wettbewerbe sind im nationalen und internationalen Sportkalender die Ausnahme. Meist finden die Wettbewerbe zeitlich getrennt voneinander statt, wie beispielsweise bei den Olympischen und Paralympischen Spielen.
Bei den European Championships ist das zumindest im Ruder- und Kanu-Sport anders. Hier sind die Para-Sportlerinnen und -Sportler mittendrin statt später dran. Am Donnerstag waren die ersten fünf Ruder-Rennen den Para-Wettbewerben vorbehalten.

Lembeck und Laberer loben

Noch deutlicher wird die Inklusion in den kommenden Tagen, wenn die Para-Wettbewerbe mitten im Ruder-Zeitplan platziert sind. Insgesamt stehen vier Wettbewerbe im Para-Rudern (Livestream am 13. August ab 8.25 Uhr) und zwölf im Para-Kanu (Livestream am 19. August ab 14.10 Uhr) auf dem Programm.
"Das wird uns Para-Athleten nicht so oft geboten", hatte der Solinger Para-Ruderer Marc Lembeck schon vor seinem ersten Rennen am Donnerstag im Mixed-Vierer mit Steuerfrau gesagt. Und die Para-Kanutin Felicia Laberer aus Berlin erkennt in den European Championships "ein gutes Zeichen für die Inklusion".

Teilhabe, Gleichberechtigung, Anerkennung

Dabei geht es nicht allein um Teilhabe, sondern auch um Gleichberechtigung und Anerkennung. "Wir wollen nicht nur über unsere Behinderung definiert werden, denn wir erbringen genauso unsere Leistungen, trainieren genauso hart wie die anderen", sagte Laberer auf der Veranstalter-Homepage.
Die 21-Jährige gewann bei den Olympischen Spielen in Tokio im vergangenen Jahr Bronze im Einer-Kajak.

Gemeinsamer Medaillenspiegel

Sichtbar wird die Inklusion auch im Medaillenspiegel der European Championships, in den die Medaillen aller Sportlerinnen und Sportler mit und ohne Behinderung einfließen. Und für Menschen mit Beeinträchtigungen im Publikum soll es zum Beispiel Audiodeskriptionen aller Medaillenentscheidungen für Sehbehinderte ebenso geben wie Gebärdendolmetscher für Gehörlose.
Davon könnte auch der Para-Ruderer Lembeck profitieren, wenn er Wettkämpfe verfolgen möchte. Seine Sehkraft liegt erblich bedingt bei rund zehn Prozent. Durch die Audiodeskriptionen könnte Lembeck genauso mitfiebern wie Menschen mit voller Sehstärke.

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