FAQ

: Was bedeutet die IOC-Empfehlung?

29.03.2023 | 10:30 Uhr
Das IOC hat sich für die Rückkehr russischer und belarussischer Athleten in den Weltsport ausgesprochen. Welche Folgen ergeben sich daraus? Fragen und Antworten dazu.
Das IOC hat mit seiner Empfehlung russischen Athleten den Weg zurück auf die Weltbühne des Sports geebnet.Quelle: AP
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat mit der Empfehlung der Rückkehr russischer und belarussischer Athleten in den Weltsport Position bezogen - und sich damit für viele Beobachter auf die Seite des Aggressors Russland geschlagen. Dementsprechend fiel auch die Kritik aus.
Das ist ein Schlag ins Gesicht der ukrainischen Sportlerinnen und Sportler.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser

Wer hat was entschieden?

Die Exekutive des IOC unter der Führung von Präsident Thomas Bach spricht den Welt-Fachverbänden die Empfehlung aus, russischen und belarussischen Athletinnen und Athleten die Teilnahme an internationalen Sportereignissen zu ermöglichen.
Unter Bedingungen, aber doch eindeutig: Inmitten des Angriffskrieges gegen die Ukraine und gegen den Widerstand aus dem überfallenen Land sowie weiten Teilen der westlichen Welt ermöglicht Bach Russland und seinem engsten Verbündeten die Rückkehr auf die prestigereiche Sportbühne.

Wie sehen die Bedingungen für die Rückkehr aus?

Teilnehmen dürfen nur Einzelsportler unter strikter Neutralität, also keine Flagge, keine Hymne, keine sonstige Identifizierung. Teams bleiben ausgeschlossen, wobei sich der europäische Fußball-Verband UEFA dieser Empfehlung ohnehin widersetzt und Belarus in der EM-Qualifikation starten lässt.
Athleten und Athletinnen, die den Angriffskrieg aktiv unterstützen, bleiben verbannt, ebenso Angehörige des Militärs. Bach betonte auch die Anforderungen des Anti-Doping-Codes. Als wäre diese Bedingung neu.

Nach Willen des Internationalen Olympischen Komitees sollen russische Sportler wieder an internationalen Wettbewerben teilnehmen dürfen. Dies gab das IOC bekannt.

28.03.2023

Welche Bedenken gibt es wegen der IOC-Entscheidung?

Strikte Neutralität hatte das IOC Russlands Sportlern auch nach dem Dopingskandal von Sotschi, Putins Propagandaspielen, auferlegt. Ohne große Konsequenzen.
Athletinnen und Athleten in Weiß, Blau und Rot sangen die Hymne selbst, die russischen Staatsmedien feierten ihre Helden. Warum sollte das nun anders werden? Auf diese Frage fand Bach bislang keine überzeugende Antwort.

Werden Russen und Belarussen bei Olympia teilnehmen?

Bach betont zwar, dass die Entscheidung nicht für Paris 2024 oder Mailand/Cortina d'Ampezzo 2026 gelte, doch wäre ein "Nein" zu den milliardenschweren IOC-Events eine völlige Abkehr von der bisherigen Linie und damit unvorstellbar.
Über Olympia werde zu "gegebener Zeit" entschieden, sagt Bach. Die IOC-Argumentation, die auf der UN- und der eigenen Charta sowie deren Auslegung durch zwei Sonderberichterstatterinnen der Vereinten Nationen beruht, wird sich bis dahin kaum geändert haben.

IOC: Wie fallen die Reaktionen aus?

Als erste Kritikerin äußerte sich Bundesinnenministerin Faeser, die von einem "Schlag ins Gesicht der ukrainischen Sportlerinnen und Sportler" sprach. Polens Außenminister Piotr Wawrzyk schrieb bei Twitter von einem "Tag der Schande für das IOC". Bach hatte mit den Reaktionen gerechnet, die Positionen waren längst klar verteilt.
Wir können keine Lösung bieten, die allen gefällt.
IOC-Präsident Thomas Bach
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) fügte sich als Teil einer "Minderheit" in der olympischen Bewegung der Entscheidung, forderte aber die "glaubhafte" Umsetzung der "strikten Voraussetzungen" und "Sanktionen" bei Verstößen.

Wie reagiert die Ukraine?

Sportminister Wadym Hutzajt wertet die vertagte Entscheidung über die Olympia-Teilnahme als Teilerfolg. Mehr aber nicht. "Wir werden mit unseren Verbänden und Athleten eine Entscheidung über unsere nächsten Schritte treffen", sagte er im ARD-Morgenmagazin.
Die Fechterinnen und Fechter haben bereits den Boykott der sportlichen Begegnungen mit Russen und Belarussen beschlossen. Diese waren vom Welt-Fechtverband bereits vor der IOC-Entscheidung wieder zu internationalen Wettkämpfen zugelassen worden. Sollten diese an den Spielen in Paris teilnehmen, rückt auch der Olympia-Boykott der Ukraine näher.

Schließen sich weitere Länder einem möglichen Boykott an?

Das ist bislang nicht bekannt. DOSB-Präsident Thomas Weikert hat einen deutschen Boykott bereits kategorisch ausgeschlossen. Besonders IOC- und Russland-kritisch sind die Nationen im Baltikum und Polen, auch dort gibt es bislang keine flächendeckenden Boykott-Bestrebungen.

Wie reagiert Russland?

Die vom IOC empfohlenen Kriterien seien "inakzeptabel. Das sei Diskriminierung auf Grundlage der Nationalität", wetterte Stanislaw Posdnjakow, Präsident des Nationalen Olympischen Komitees Russlands ROC.
Skiverbandspräsidentin Jelena Wälbe schimpfte: "Das werde ich nicht mal diskutieren. Ich bin kategorisch gegen den neutralen Status, zumal es zahlreiche weitere Auflagen gibt."

Welche Linie fahren die Sportverbände?

Viele haben die Entscheidung des IOC abgewartet, sie sind finanziell abhängig von der mächtigen Organisation aus Lausanne. Daher waren Bachs Worte mehr als nur Empfehlungen. Die Tür für die Rückkehr der Athletinnen und Athleten aus Russland und Belarus ist weit geöffnet.
Im Tennis - Bachs Lieblingsbeispiel für eine angeblich friedliche Koexistenz der Konkurrenten aus den verfeindeten Nationen - gilt der neutrale Status seit einem Jahr. Neben Fechten öffnete auch Boxen zuletzt in vorauseilendem Gehorsam. Als großer Verband hat sich bislang nur der Leichtathletik-Weltverband World Athletics kategorisch gegen die Rückkehr ausgesprochen.
Quelle: SID

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