: Sprinterin zwischen ‎Eiskanal und Laufbahn

von Lars Becker
15.08.2022 | 07:30 Uhr
Bei den Olympischen Winterspielen gewann Alexandra Burghardt Bob-Silber. Jetzt will die ‎Sprinterin nach WM-Bronze ihren Medaillensatz mit EM-Gold in München krönen.‎
Alexandra Burghardt bei den World Athletics Championships am 23.07.2022 in Eugene, Oregon.Quelle: AP
Alexandra Burghardt war schon als Kind mit ihren Eltern im Olympiastadion von München. Damals schaute das kleine Mädel staunend beim Europacup zu. In den kommenden Tagen wird die Sprinterin selbst hier laufen, womit zum Ausklang der wohl verrücktesten zwölf Monate ihres Lebens "mit einer EM dahoam ein echter Traum in Erfüllung geht".

Mini-Olympia statt Winterspiele in München

Die Ur-Bayerin ist sich sicher, dass diese European Championships mit neun verschiedenen Sportarten auch für die Leichtathleten "A Fetzngaudi" werden. Übersetzt heißt das so viel wie "ein Heidenspaß".
Das ist Mini-Olympia, so wie es sein soll.
Alexandra Burghardt
Ursprünglich hätten im Münchner Olympiastadion in diesem Jahr ja die "großen" Olympischen Winterspiele eröffnet werden sollen. Die Bevölkerung entschied sich in einem Bürgerentscheid jedoch einstmals dagegen und die Megaveranstaltung ging im vergangenen Februar in Peking über die Bühne.

Bob-Olympia-Silber als Motivation für Sprint-Kolleginnen

Niemand könnte die Brücke zwischen diesen beiden Events besser schlagen als Alexandra Burghardt. Schließlich gewann die Sprinterin bei Winter-Olympia in China Silber im Bob als Anschieberin von Mariama Jamanka. Die Medaille hat sie ihren Sprint-Kolleginnen gezeigt - als Motivation für den langersehnten Podestplatz bei den Olympischen Sommerspielen 2024 in Paris.
Der Medaillentraum bei einem Großevent ging jedoch schon vorher in Erfüllung: Vor drei Wochen gewannen Burghardt und Co. bei der Leichtathletik-WM in Eugene/USA überraschend Bronze in der 4x100-Meter-Staffel.

Wird der Medaillensatz komplettiert?

Der verrückte Ausflug zum Bob hat der 28-Jährigen also nicht geschadet. Im Gegenteil: "Es war kalt, ich musste mich auf ganz neue Bedingungen einstellen. Das hat mich widerstandsfähiger gemacht und hilft mir im Training - zum Beispiel, wenn das Wetter mal nicht so schön ist", berichtet Burghardt.
Sie wird in München über 200 Meter starten. Der Höhepunkt aber wird das abschließende Staffelrennen zum großen Finale der European Championships am Sonntag sein. Burghardt träumt von Gold, schließlich wäre dann der Medaillensatz nach Olympia-Silber im Bob und WM-Bronze mit der Sprint-Staffel komplett.
Angst hatte ich nicht, aber größten Respekt. Es war aufregend, eine wilde Fahrt.
Alexandra Burghardt über ihr Bob-Abenteuer
Schon jetzt sind jedoch die letzten zwölf Monate unvergleichlich: Begonnen hatten sie mit den Olympischen Sommerspielen 2021 in Tokio, wo Burghardt bis ins 100-Meter-Halbfinale stürmte.
Dann folgte das Bob-Abenteuer, auf das sich die Sommersportlerin vor ihrer ersten Fahrt auf Youtube vorbereitet hatte: Nach ihrer Rückkehr zur Leichtathletik ("Das war ein einmaliger Ausflug in den Wintersport") ging es auch privat turbulent weiter: Alexandra Burghardt hat in diesem Jahr auch noch geheiratet.

Urlaub mit Hund und Mann geplant

"Ich kriege immer noch Gänsehaut, wenn ich an all das denke. Es wird dauern, das zu verarbeiten", sagt Burghardt und kündigt eine Auszeit an: "Ich werde mir mit Hund und Mann einen schönen Urlaub gönnen."
Zuvor wartet jedoch noch "A Fetzngaudi" in München. Die 1,82 Meter große Frau wird daheim im nur 50 Autominuten entfernten Töging bei Mühldorf schlafen und nur in der Nacht vor den Rennen im Hotel am Wettkampfort wohnen. Sie hat 20 Tickets für ihre Auftritte verschenkt und hofft, dass die restlichen Freunde auch kommen.
Ich habe in München studiert und gewohnt. Das ist wie ein Wohnzimmer für mich. Und jetzt haben wir endlich mal einen Wettkampf, wo alle kommen können.
Alexandra Burghardt
Burghardt hofft, dass auch die Kinder aus ihrer Leichtathletik-Trainingsgruppe, die sie in Burghausen betreut, zum Zuschauen kommen werden. "Ich hoffe einfach, dass die Menschen und die Stadt wieder Lust auf Olympia bekommen", sagt die Sprinterin. "Vielleicht ist es dann für meine Kids wieder möglich, dass Olympische Spiele in Deutschland stattfinden."

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