: Ukraine-Konflikt: UEFA in der Zwickmühle
23.02.2022 | 10:07 Uhr
Die Politik reagiert mit Sanktionen gegen Russland. Der Sport könnte folgen, hält sich derzeit aber zurück.Millionenschwere Sponsorings, extreme Nähe zu den Spitzenverbänden - und sogar die Austragung von Großereignissen wie das diesjährige Champions-League-Finale: Russlands Einfluss auf die Welt des Profisports ist riesig.
"UEFA beobachtet Situation ständig und genau"
Während die Politik nach Russlands Anerkennung der Separatistengebiete in der Ostukraine empfindliche Sanktionen verhängte, tut sich der Sport schwer. "Die UEFA beobachtet die Situation ständig und genau", teilte der Fußball-Kontinentalverband auf Anfrage des Sport-Informationsdienstes (SID) mit.
"Wenn notwendig, wird zu gegebener Zeit eine Entscheidung getroffen", so die UEFA weiter. Einige Stunden zuvor hatte die Organisation noch ausdrücklich betont, dass es "zurzeit keine Pläne gibt, den Austragungsort zu ändern". Diese Formulierung fehlte im neuesten UEFA-Statement. Das Endspiel in der europäischen Königsklasse ist für den 28. Mai angesetzt.
DFB: "Heikle Situation"
Auch der DFB ist in Alarmbereitschaft versetzt. Denn der russische Staatskonzern Gazprom zählt zu den Großsponsoren der UEFA, die auch die EM 2024 hierzulande präsentieren werden. "Es ist eine sehr heikle Situation, die sich stündlich ändern kann und die wir natürlich alle im Blick haben", sagte DFB-Interimspräsident Rainer Koch der "Sportschau".
Ob er hinsichtlich des Sponsorings auf die UEFA einwirken werde? "Aktuell geht es um die Sicherung des Weltfriedens und damit um weitaus Wichtigeres als Fußball", so Koch, der auch im UEFA-Exekutivkomitee, dem mächtigsten Gremium im europäischen Fußball, sitzt.
Forderung an die UEFA
Der Konflikt besitzt höchste Priorität in der Zentrale in Nyon - der Druck auf die UEFA steigt. "Damit Sanktionen gegen Russland wirksam sind, müssen sie Russland vor allem wehtun", sagt Philipp Hartewig, sportpolitischer Sprecher der FDP. Am Beispiel Fußball sehe er "auch klar" die UEFA um ihren Präsidenten Aleksander Ceferin "in Verantwortung".

Kanzler Scholz hat heute Mittag bekanntgegeben, dass Nord Stream 2 vorerst gestoppt wird. Die USA und die europäische Union wollen ebenfalls Sanktionen gegen Russland erheben.
22.02.2022 | 02:47 minSabine Poschmann, sportpolitische Sprecherin der SPD, hält ein Champions-League-Finale in St. Petersburg für "undenkbar. Die UEFA ist aufgefordert, das Finale in ein anderes Land zu verlegen". Wenn Russland Völkerrecht "vorsätzlich bricht", ergänzte Hartewig, "muss Russland auch mit den Konsequenzen leben".
Tweet von Tom Tugendhat
Dass kurzfristige Verschiebungen durchaus möglich sind, zeigt der Blick zurück. Im vergangenen Jahr war das Endspiel FC Chelsea - Manchester City von Istanbul nach Porto verlegt worden, 2020 organisierte die UEFA aufgrund der Corona-Pandemie ein Finalturnier in Lissabon.
Gazprom - der zahlungskräftige Sponsor
Die Verbindungen der UEFA nach Russland sind eng - die wirtschaftliche Abhängigkeit ist riesig. Seit Jahren pflegt der Verband eine lukrative Partnerschaft mit dem russischen Staatskonzern Gazprom. Der Energiegigant gehört in vielen Sportarten längst zu den Top-Sponsoren - im Fußball etwa für die Champions League, die EM im vergangenen Jahr oder die Nations League.
Dazu sitzt in Alexander Djukow der Vorstandschef der Tochtergesellschaft Gazprom Neft im UEFA-Exekutivkomitee.
Auch das umstrittene Gazprom-Sponsoring bei Schalke 04 rückt angesichts der Entwicklungen in der Ostukraine plötzlich wieder in den Fokus. Der Zweitligist überprüft die Partnerschaft mit seinem langjährigen Hauptsponsor. Man werde "die weitere Entwicklung beobachten, bewerten und nachdrücklich zum Frieden appellieren zum Schutz der von der Krise betroffenen Menschen", teilte der Verein mit.
Forderung nach Reaktionen nicht neu
Forderungen nach Reaktionen des Sports auf das politische Weltgeschehen sind keineswegs neu. "Jedes internationale Sportereignis legitimiert und zementiert die Macht von Putin", hatte Viola von Cramon, Europa-Abgeordnete der Grünen, zuletzt der "Sportschau" gesagt. "Dabei müsste er als Aggressor mit seiner Politik der Desinformation und Destabilisierung international isoliert werden."
Quelle: SID