: Von einer Halbruine zum Vorzeigeobjekt

von Andreas Morbach
27.01.2023 | 09:56 Uhr
Für die Rodel-WM haben die Veranstalter in Oberhof keine Kosten und Mühen gescheut. Der Lohn: Eine attraktive Sportstätte und steigende Mitgliederzahlen in den Vereinen.
Die Rennrodel-Bahn in Oberhof.Quelle: Imago
Gerade ist die letzte Rodlerin für diesen Vormittag den Oberhofer Eiskanal hinuntergeschossen. Der Trainingsblock ist beendet, es wird ruhig auf der Bahn. Und ein junger Mann mit langem Zopf, in der Hand ein kleiner Eimer, macht sich an die Arbeit.

WM-Bahn komplett neu vereist

Diesmal werden auf dem weltmeisterlichen Kurs nur noch Kleinigkeiten ausgebessert. Anfang Januar sah das allerdings ganz anders aus: Über den Jahreswechsel war es im Thüringer Wald anhaltend so warm und windig, dass sich die WM-Organisatoren entschlossen, die 1.354,50 Meter lange Bahn komplett neu zu vereisen. Sascha Benecken, achtmaliger Weltmeister aus dem nahegelegenen Suhl, sagt:
Das macht keiner gerne, und das ist wirklich eine knochenharte Arbeit.
Sascha Benecken, achtmaliger Rodelweltmeister
Und Benecken weiß diesen Kraftakt, abgeschlossen erst gut zwei Wochen vor der an diesem Freitag beginnenden WM, zu interpretieren.

Für die Rodel- und Biathlon-Anlage sind in Oberhof rund 84 Millionen Euro investiert worden. Die Zukunft im Wintersportzirkus in Zeiten des Klimawandels scheint damit gesichert.

24.01.2023 | 10:16 min

Prestigeträchtiges Projekt

"Dass das in Oberhof jetzt wieder so hingebogen wurde, zeugt von einem sehr starken Hintergrund. Und von dem unbedingten Willen, die WM hier auch tatsächlich erfolgreich auszurichten", betont Benecken. Er vermutet, dass die Titelkämpfe auf anderen Bahnen in der Rodler-Welt unter diesen Umständen womöglich einfach abgesagt oder verschoben worden wären.
Für die Macher in Oberhof war das keine Option. Zu prestigeträchtig ist das Projekt, das mit dem Zuschlag im Juni 2019 hier angegangen wurde. Mit Blick auf die Rodel-WM, die unter der neuen, futuristisch anmutenden Holzverdachung der Bahn ausgetragen wird. Vor allem aber auch mit einem klaren Fokus auf der Zukunft - und damit auf der Bedeutung des Standorts.

Die deutschen Rodlerinnen und Rodler gehen mit hohen Erwartungen in die Heim-WM in Oberhof. Vor allem die 32-jährige Dajana Eitberger gilt als Top-Favoritin.

27.01.2023 | 01:11 min

Nachwuchszentrum neu geschaffen

Hartmut Schubert, WM- und Oberhof-Beauftragter der Thüringer Landesregierung, meint:
Mindestens eine Generation muss die Organisation einer solch großen Sportveranstaltung schon nachwirken.
Oberhof-OK-Chef Hartmut Schubert
"Auch wenn man sieht, welche Kinderprojekte hier mit durchgeführt werden."
An der Rodelbahn in Oberhof wurde so zum Beispiel die ursprüngliche Konzeption angepasst: Eine Kinderstarthöhe wurde neu eingerichtet - und dazu ein Trainingszentrum für den Nachwuchs geschaffen.

ZDF-Rodel-Experte Johannes Ludwig sieht für die deutschen Rodler und Rodlerinnen gute Chancen bei der WM in Oberhof und erkennt einen "gewissen Heimvorteil".

27.01.2023 | 03:15 min

44 Millionen Euro für weltmeisterliches Rodeln

"Die Rodelbahn war früher eine Halbruine. Jetzt macht es einfach viel mehr Spaß, dort zu sein und zu trainieren", sagt Schubert. Und der WM- und Oberhof-Beauftragte der Thüringer Landesregierung findet:
Wir haben jetzt so gute Bedingungen bei uns, das gibt es nirgendwo in Deutschland.
Oberhof-OK-Chef Hartmut Schubert
Inklusive der 9,5 Millionen Euro, die der Bund beigesteuert hat, investierte der Freistaat 84 Millionen Euro in die Modernisierung der Sportstätten. Gut die Hälfte davon - 44 Millionen Euro - flossen dabei in den Umbau der Rennrodelbahn.

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Oberhof gewinnt an Anziehungskraft

Auch dank dieser Investitionen gewinnt das neue Vorzeigeobjekt im Westen des 1.600-Einwohner-Städtchens an Anziehungskraft: In den Sportvereinen in und um Oberhof, die im Winter Rodeln als Schwerpunkt anbieten, sind die Mitgliederzahlen während der Corona-Pandemie gestiegen.
Das gewachsene Interesse am Schlittenfahren im Eiskanal hat allerdings auch seinen Preis. Das weiß nicht zuletzt Lokalmatador Sascha Benecken. Er räumt ein: "Es gibt die, wie ich denke, berechtigte Kritik, was energetische Fragen betrifft. Weil allen klar ist, dass das sehr viel Energie kostet."

Kunsteisbahnen werden energetisch saniert

Zugleich verweist der 32-jährige Familienvater darauf, dass Kunsteisbahnen wie die in Oberhof inzwischen generell energetisch saniert werden. Etwa dadurch, dass Kurven nach oben hin abgeschnitten werden. Dadurch werden die Eisflächen reduziert und die fleißigen Eismeister haben etwas weniger Arbeit. Zumindest in der Höhe.

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