: Ost-Beauftragter sieht Politikskepsis

07.07.2021 | 12:00 Uhr
Auch eine Generation nach der Wiedervereinigung gibt es noch deutliche Unterschiede zwischen Ost und West, sagt Ost-Beauftragter Marco Wanderwitz. Er sieht Politikskepsis im Osten.
Berlin: Marco Wanderwitz, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie und Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, gibt eine Pressekonferenz zum Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation.Quelle: dpa
Der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Länder, Marco Wanderwitz (CDU), sieht 31 Jahre nach der Wiedervereinigung bei vielen Ostdeutschen eine ausgeprägte Politikskepsis. Die politischen Einstellungen in den neuen und den alten Ländern gehörten zu den wenigen verbleibenden Feldern, auf denen man weiterhin charakteristische Unterschiede finde, erklärte Wanderwitz in Berlin bei der Vorstellung des Jahresberichtes zum Stand der deutschen Einheit.

Viele Gründe für Politikskepsis

Im Vergleich zu den westdeutschen Ländern gebe es im Osten durchgängig eine skeptischere, distanziertere und auch kritischer ausgeprägte Grundeinstellung gegenüber Politik. Die Ursachen dafür sind dem Bericht zufolge vielfältig. Sie reichten von der
  • Verklärung der DDR-Diktatur über negative Transformationserfahrungen und
  • Benachteiligungsgefühlen bis hin zu
  • fremdenfeindlichen oder antisemitischen Einstellungen
  • Viele Ostdeutsche seien auch einfach von der Demokratie enttäuscht.
Die Unterschiede von politischen Einstellungen seien aber gradueller und nicht substanzieller Art, sagte Wanderwitz. Sie seien auch keineswegs so erheblich, dass sie das Zusammenwachsen in Deutschland grundsätzlich infrage stellten. Von Vorstellungen eines eigenständigen politischen Systems könne deshalb keine Rede sein, betonte er.

Ost und West in vielen Punkten ähnlich

So empfinde sich dem Bericht zufolge zwar ein Drittel der Ostdeutschen (33 Prozent) weiterhin als "Mensch zweiter Klasse", aber eben auch ein Viertel (25 Prozent) der Westdeutschen. Auch bei Lebensführung, Familienleben oder Freizeitgestaltung seien sich Ost und West 31 Jahre nach der Wiedervereinigung sehr ähnlich, sagte Wanderwitz.

Wie ist der Stand 31 Jahre nach der Wiedervereinigung?

Auch eine Generation nach der Wiedervereinigung liegt Ostdeutschland im Vergleich zum Westen des Landes in vielen Bereichen zurück. Aber die Zahlen nähern sich weiter Schritt für Schritt an. Laut Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit betrug das Bruttoinlandsprodukt (BiP) 2020 rund 77,9 Prozent des westdeutschen Niveaus, inklusive Berlin 82,8 Prozent. Zehn Jahre zuvor lag das BiP im Osten bei 69,6 Prozent, mit Berlin bei 74,2 Prozent.

Wie unterschiedlich sind die Einkommen und Vermögen?

Das verfügbare Einkommen im Osten lag 2020 bei etwa 86 Prozent des Westens. Zugleich ist der Verdienstabstand zwischen Frauen und Männern in den neuen Bundesländern mit sechs Prozent im Jahr 2020 weiterhin deutlich geringer als in den alten Bundesländern mit 23 Prozent.

Auch das Privatvermögen ist zwischen Ost und West noch sehr unterschiedlich verteilt. Während die privaten Haushalte in den alten Ländern im Durchschnitt über ein Immobilien- und Geldvermögen von rund 182.000 Euro verfügen, umfassen die Vermögen der Haushalte in den neuen Ländern mit rund 88.000 Euro im Durchschnitt nur knapp 48 Prozent des Betrages der Haushalte der alten Länder, heißt es in dem Bericht.

Jedoch habe sich auch hier der Abstand in den vergangenen 30 Jahren deutlich verringert. 1993 verfügten die Haushalte im Osten nur über Vermögen von rund 29 Prozent des Niveaus im Westen. Eine Vorreiterrolle hat der Osten bei der Reduktion der Treibhausgasemissionen. Zwischen 1990 und 2017 sind die Treibhausgasemissionen bundesweit um 28,6 Prozent gesunken, in den neuen Ländern inklusive Berlin um 60,2 Prozent, in den alten Ländern um rund 21 Prozent.

Wo gibt es noch Unterschiede, was hat sich angeglichen?

Große Unterschiede gibt es weiterhin beim Anteil von Migrantinnen und Migranten zwischen Ost und West. Mit rund 13,5 Prozent lag der Anteil der Menschen mit einem ausländischen Pass im Jahr 2019 in den alten Bundesländern etwa 2,7-mal so hoch wie in den ostdeutschen Ländern mit rund fünf Prozent.

Fast vollständig angeglichen hat sich seit den 1990er Jahren die durchschnittliche Lebenserwartung. Unterschiede gibt es noch bei der Lebenserwartung von Männern mit 78,9 Jahren in den alten und 77,5 Jahren in den neuen Bundesländern im Jahr 2019. Die Lebenserwartung der Frauen liegt dagegen in Ost und West bei etwa 83,6 Jahren.

Quelle: EPD

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Quelle: dpa