: Wie die Bundesbank ihre Rolle zurückgewinnt

von Frank Bethmann
01.06.2023 | 17:19 Uhr
Seit 25 Jahren ist die EZB für den Euro verantwortlich. Die Rolle der Bundesbank hat sich verändert. Ihr Einfluss auf die Stabilität des Geldes ist gesunken, wird aber wichtiger.
Bundesbank und EZB - keine leichte Beziehung.Quelle: picture alliance / Eibner-Pressefoto
Die Bundesbank und die EZB - eine Liebesheirat war es nie. Eher eine Zwangsehe, die sich bis heute zu einer Zweckbeziehung entwickelt hat. Ulrich Kater, bereits viele Jahre Chefvolkswirt der DekaBank, dem Wertpapierhaus der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe, erinnert sich an die Zeit, als die Währungsunion beschlossen wurde und es kein Zurück mehr für die Bundesbank gab: "Es war von Anfang an klar, dass es ein schwieriges Verhältnis werden würde."

Euro zu Beginn "Schock für die Bundesbank"

Das Ziel, irgendwann einmal in der EU eine Währungsunion anzustreben, gab es zwar schon länger, doch als im Dezember 1989 die deutsche Regierung diesem Vorhaben in Maastricht zustimmte, war das Schicksal aus Sicht der deutschen Währungshüter besiegelt.

Mit einem Festakt hat die Europäische Zentralbank ihr 25-jähriges Bestehen gefeiert. EZB-Präsidentin Lagarde forderte weitere Einigungsschritte über die Währungsunion hinaus.

25.05.2023 | 00:19 min
"Gerade zu Beginn des Euros war der Verlust der geldpolitischen Eigenständigkeit ein Schock für die Bundesbank," sagt Kater und führt aus:
Die Bundesbank war eine der mächtigsten geldpolitischen Institutionen. Sie hatte in Europa die Dominanz in monetären Fragen.
Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank
Eine Dominanz, an der sich alle Länder in Europa ausrichten mussten.
Durch die Stärke und Stabilität der D-Mark, für die die meisten Deutschen der Bundesbank Hochachtung zollten, bestimmte sie weitestgehend die europäische Wirtschaftspolitik. Selbstredend, dass das vielen außerhalb der Bundesrepublik ein Dorn im Auge war.

Währungsunion beendete "Herrschaft der Bundesbank"

Als Deutschland seine europäischen Nachbarn um die Zustimmung zur Wiedervereinigung bat, war - verkürzt gesprochen - der Preis dafür, dass nun endlich die Währungsunion, der Euro, kommen sollte; vorbei war es mit der "Herrschaft der Bundesbank". Eine Zäsur, wie Kater feststellt: "Ihr Sturz an Bedeutung und Einfluss in der Geldordnung ist unvergleichbar. Ich kenne keine andere Situation."
Fortan war die Bundesbank "nur noch" eine Notenbank von vielen unter dem Dach der EZB. Alle europäischen Zentralbanken, die den Euro als Landeswährung haben, stimmten nun mit einer, gleichberechtigten Stimme über die Geldpolitik in Europa ab. Die Entmachtung, findet Kater, hat die deutsche Zentralbank aber mit einer "bemerkenswerten Staatsräson bewältigt".
Der Ablauf im Überblick:
  • Am 1. August 1957 wurde die Deutsche Bundesbank gegründet.
  • Am 1. Juni 1998 nahm die Europäische Zentralbank ihre Arbeit auf.
  • Ab 1. Januar 2002 wurde der Euro als Bargeld eingeführt.
  • Am 21. Juni 2023 würde die D-Mark 75 Jahre alt.
Statt sich zurückzuziehen, nahm sie die Arbeit in den Gremien auf, versuchte Einfluss zu nehmen; immer im Sinne der Stabilität des Geldes. "Die Bundesbank hat das Beste daraus gemacht", sagt Kater. "Sie hat versucht, das Erbe der D-Mark so gut es geht auf den Euro zu übertragen."

Bundesbank-Präsidenten oft in der Minderheit

Dass Kritiker dies anders sehen, akzeptiert Kater. Aber er sagt auch: "Es wäre falsch gewesen, wenn die Bundesbank versucht hätte, die bessere EZB sein zu wollen." Bei allen Auseinandersetzungen darüber, was für den Euro gut ist und was nicht, hat die Bundesbank stets die Entscheidungen des EZB-Rats mitgetragen, auch wenn sie anderer Meinung war. "Es war in den letzten 25 Jahren sicher nicht einfach, Bundesbank-Präsident zu sein. Sie (die Präsidenten) waren oft in der Minderheit."
Diese Loyalität empfindet der Chefvolkswirt als eine der größten Leistungen der Bundesbank. Mindestens ebenso wichtig ist es, die Geldpolitik den Bürgern immer wieder zu erklären.
Im vielsprachigen Europa sei das vor allem eine wichtige Aufgabe der nationalen Notenbanken. Warum werden die Leitzinsen erhöht oder gesenkt? Was will man mit den häufig schwierig zu verstehenden Instrumenten erreichen? Warum dauert es oft so lange, bis das, was die Europäische Zentralbank macht, auch im eigenen Portemonnaie ankommt?

Bundesbank wieder wichtiger im Kampf gegen die Teuerung

Mit der Rückkehr der Inflation in der Euro-Zone gewinnt die Meinung der Bundesbank im Übrigen aktuell wieder an Gewicht. Im EZB-Rat weiß man: Keiner bringt mehr Kompetenz im Kampf gegen die Teuerung mit als die deutschen Währungshüter.
Der Mythos Bundesbank, der jahrelang dafür gesorgt hat, dass zu D-Mark-Zeiten die Preise in Deutschland stabil blieben, ist also noch nicht ganz verblasst. Ulrich Kater ist daher auch mit Blick auf EZB und Bundesbank wichtig festzuhalten: "Die Arbeit von Notenbanken beurteilt man nach Jahrzehnten und nicht nach Jahren."

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