: So wichtig ist Chip-Riese Taiwan für Europa

von Klaus Weber
23.04.2023 | 10:22 Uhr
Ein Konflikt zwischen China und Taiwan wäre auch für die Weltwirtschaft äußerst problematisch. Denn besonders in einem Bereich ist der Inselstaat schwer zu ersetzen.
TSMC produziert mehr als die Hälfte aller weltweit eingebauten Halbleiter.Quelle: Reuters/Ann Wang
Der Tiger ist ein kraftvolles und sprunggewaltiges Tier. Deshalb ist er das Synonym für besonders dynamische Wirtschaftsregionen. Und einer dieser sogenannten Tigerstaaten Südostasiens ist Taiwan. Das Land mit seinen 23 Millionen Einwohnern hat ein extrem starkes Wirtschaftswachstum zu verzeichnen.
Da Taiwan allerdings von den meisten Ländern nicht als selbstständiges Land anerkannt wird, taucht es nur inoffiziell auf den Listen der stärksten Volkswirtschaften der Welt auf.

USA: Großteil aller Halbleiter auf dem Weltmarkt kommen aus Taiwan

Mit einem geschätzten Bruttoinlandsprodukt für 2023 von knapp 800 Milliarden US-Dollar, liegt Taiwan dort ungefähr auf Platz 20 - weit vor Ländern wie Belgien oder Norwegen.
Auch wenn der Anteil Taiwans am deutschen Außenhandel zuletzt nur 0,9 Prozent betrug und damit auf Platz 25 geführt wird, auch hierzulande weiß man, Taiwan ist alles andere als ein Scheinriese. Und das liegt vor allem an einem Industriezweig: der Chip- oder Halbleiterindustrie.
Laut US-Außenminister Blinken kommt der Großteil aller Halbleiter auf dem Weltmarkt aus Taiwan. Dazu kommt noch eine Besonderheit.

Auch Apple verbaut leistungsstarke Chips vom Inselstaat

Wenn man in Deutschland Straßenumfragen machen und nach der Bedeutung der Abkürzung TSMC fragen würde, hätten wahrscheinlich die wenigsten eine passende Antwort parat.
Allerdings sollte sich zumindest jeder, der ein Produkt von Apple sein eigen nennt, diesen Namen merken. Denn Apple bezieht seine in Smartphones oder Macbooks verbauten Chips vom hier kaum bekannten Produzenten "Taiwan Semiconductor Manufacturing Company, Limited".

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Konflikt zwischen China und Taiwan hätte Auswirkungen auf Telekommunikation

TSMC produziert mehr als die Hälfte aller weltweit eingebauten Halbleiter. Bei den modernsten Varianten sind es sogar mehr als 90 Prozent. Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft sagt:
Immer dann, wenn es besonders klein oder leistungsfähig sein soll, kommen Chips aus Taiwan oder Südkorea ins Spiel.
Jürgen Matthes, Institut der deutschen Wirtschaft
"Iphone oder KI, da sind im Bereich unter 7 Nanometer nur TSMC und Samsung, die diesen Markt bedienen", präzisiert er weiter. Grob kann man sagen: Je weniger Nanometer, desto leistungsfähiger ist der Chip.
Das heißt, bei einem Konflikt zwischen China und Taiwan, dürfte es unter anderem zuerst Probleme im Telekommunikationsbereich geben, weil dort die extrem leistungsstarken Chips fehlen könnten.
Da Südkorea gemeinsam mit Taiwan sozusagen die Chipfabrik der Welt ist, könnte man solche Halbleiter möglicherweise zum gewissen Teil substituieren. Aber natürlich längst nicht alle.

Bemühungen nach mehr Unabhängigkeit auch in Deutschland

Auch deshalb beginnen viele Länder und Konzerne damit, sich unabhängig zu machen. Moderne Chipfabriken entstehen rund um den Globus. In Deutschland beispielsweise bauen der US-Hersteller Wolfspeed im Saarland und Infineon in Dresden. Der amerikanische Wettbewerber Intel hat ein großes Vorhaben in Magdeburg angekündigt. Zudem erwägt auch TSMC, in Dresden zu investieren.
Vorhaben, die in die richtige Richtung weisen, meint auch Alexander Sandkamp, vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Allerdings warnt er zugleich: "Das wäre noch nicht die komplette Versicherung vor Krisen, denn der Bereich ist natürlich hochspezialisiert. In einigen Industrien hätten wir dann wahrscheinlich Chips, in anderen wiederum nicht."

Experte: Taiwan und China immer zusammen denken

Zudem müsse man auch immer die komplette Lieferkette mitdenken. Er gibt zu bedenken:
Wenn wir kein Silizium aus China bekommen, können wir auch keine Chips bauen.
Alexander Sandkamp, Institut für Weltwirtschaft in Kiel
Keine guten Aussichten. Allerdings zeigt dieser Gedanke auch: Man muss China und Taiwan immer zusammen denken. Fehlende Chips aus Taiwan würden echte Schwierigkeiten bedeuten. Keine Produkte mehr aus China zu erhalten aber auch.
Klaus Weber schreibt für das ZDF-Wirtschaftsteam.

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