: E-Autos: Das Ende des Booms?

von Brigitte Scholtes
02.01.2023 | 18:10 Uhr
Bislang wurden E-Autos großzügig gefördert, doch zum Jahreswechsel ändert sich das. Einige Experten gehen davon aus, dass es nun vorbei ist mit dem Boom. Andere bezweifeln das.
Der Zuschuss setzt sich zusammen aus Umweltbonus und Innovationsprämie - letztere fällt ab dem kommenden Jahr weg, den Umweltbonus gibt es für Plug-in-Hybride zudem gar nicht mehr.Quelle: dpa
720.000 Elektroautos dürften im Jahr 2022 neu in Deutschland zugelassen worden sein, so viele wie nie. Dämpfen die sinkende Förderung und die hohen Energiepreise künftig die Kauflust? Peter Fuß, Autoexperte der Wirtschaftsberatung EY, glaubt:
Der Elektro-Boom dürfte im kommenden Jahr enden.
Peter Fuß, Autoexperte der Wirtschaftsberatung EY

Prämien werden gekürzt oder gestrichen

Zum Jahreswechsel werden die Prämien gekürzt, die es beim Kauf eines Elektroautos bisher gab. Sie sinken von 9.000 auf dann 6.750 Euro - kombiniert aus der staatlichen Innovationsprämie und den Förderprämien der Autohersteller.
Für die 326.000 Plug-In-Hybride, die einen Anteil an den Elektro-Neuzulassungen von gut 45 Prozent haben dürften, waren insgesamt 6.750 Euro drin. Sie werden im neuen Jahr gar nicht mehr gefördert.

Dudenhöffer: Hohe Strompreise könnten Käufer abschrecken

"Der Prämientopf der Innovationsprämie ist gedeckelt und wird Ende 2023 aufgebraucht sein", warnt Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des CAR-Center Automotive Research in Duisburg. Der Boom zum Jahresende beruhte also vor allem auf Vorzieheffekten.
Mit dem neuen Jahr könnten auch die - trotz der Energiepreisbremse - hohen Strompreise die Verbraucher abschrecken. "Sie gilt für 80 Prozent des Stromverbrauchs und das Laden neuer Elektroautos addiert sich zum Stromverbrauch", sagt Dudenhöffer. Und das bei gleichzeitig sinkenden Benzinpreisen.
Das Elektroauto hat daher in den nächsten zwei Jahren in Deutschland einen schweren Stand.
Ferdinand Dudenhöffer, Direktor CAR-Center Automotive Research in Duisburg
Dudenhöffer rechnet für die beiden kommenden Jahre mit sinkenden Neuzulassungen rein elektrischer Fahrzeuge.

E-Autos: Andere Experten glauben nicht an Rückgang

Ganz so dramatisch sieht das Stefan Bratzel nicht. Der Autoexperte der Fachhochschule für Wirtschaft in Bergisch-Gladbach verweist auf den hohen Rückstau wegen der langanhaltenden Lieferschwierigkeiten. Doch dürften die hohen Strompreise die weitere Verbreitung nicht gefährden, meint er. Bratzel plädiert für ein Bonus-Malus-System: Auf Benzin und Diesel müsse die CO2-Steuer wieder erhöht werden, mit den Einnahmen daraus sollte man dann sparsame CO2-Anwendungen fördern und die Strompreise senken.
Auch Jörg Sutter widerspricht der These Dudenhöffers. Der Referent für Photovoltaik der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen betont:
Diejenigen, die sich für ein Elektroauto entscheiden, werden das nicht von kurzfristigen Erwägungen wie der sinkenden Prämie oder dem aktuell hohen Strompreis abhängig machen.
Jörg Sutter, Referent für Photovoltaik der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen

Laden mit der Solaranlage auf dem Hausdach

Die Vorteile eines Elektroautos gegenüber Verbrennerfahrzeugen überwiegen Sutters Ansicht nach, wenn man Nutzungs- und Wartungskosten zusammen betrachte. Denn bei Elektroautos ist ein Ölwechsel nicht nötig, Verschleißteile wie der Auspuff müssen nicht ersetzt werden.
"Unschlagbar günstig" sei es zudem, das Elektroauto zu Hause mit dem Strom der eigenen Solaranlage zu laden, sagt Sutter und rechnet vor, dass der Strom aus der heimischen Photovoltaikanlage zwischen 10 und 15 Cent je Kilowattstunde koste. Lade man über das Stromnetz oder gar an Schnelladestationen, zahle man aktuell zwischen 50 und 70 Cent je Kilowattstunde.

Experte rechnet mit sinkenden Strompreisen

Allerdings kommt es auf die Nutzer an, ob sie diese Vorteile einer eigenen Solaranlage auch vollständig ausschöpfen können. Das lohne sich vor allem dann, wenn das Elektroauto als Zweitwagen gefahren werde, meint der Photovoltaikexperte, oder wenn es im Homeoffice zu Hause parke. Im anderen Fall müsse man einen Stromspeicher zwischenschalten, das erhöhe die Investitionskosten.

Kein Anschluss für Mieter

24.05.2022 | 07:48 min
Doch auch unabhängig von einer eigenen Solaranlage rechnet er damit, dass auf mittlere Sicht die Strompreise wieder sinken werden. Sorgen muss sich seiner Ansicht allerdings vor allem die deutsche Autoindustrie machen. Denn die hätte sich zum einen viel zu spät der Elektromobilität zugewandt.
Zum anderen könnte deren Entscheidung, auf größere Modelle zu setzen, sich als "schwerer strategischer Fehler" erweisen. Denn künftig dürften vor allem kleine stadttaugliche Modelle stark nachgefragt werden. Die aber haben vor allem asiatische und chinesische Anbieter im Programm.

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