FAQ

: Welche Rolle spielte Krypto für die Ukraine?

von Nils Metzger, Katja Belousova
24.11.2022 | 15:24 Uhr
Nach der FTX-Pleite gibt es Vorwürfe gegen die Ukraine: Es geht um Spenden-Deals mit Kryptowährungen und die US-Wahlen. Belegt ist das nicht. Welche Rolle spielt Krypto im Krieg?
Die Pleite der Krypto-Börse FTX wird nun auch mit der Ukraine in Verbindung gebracht.Quelle: Reuters
Seit Tagen sorgt der Bankrott der Krypto-Börse FTX und der Fall ihres einst schillernden Gründers Sam Bankman-Fried für Schlagzeilen. Die Auswirkungen der FTX-Pleite reichen mittlerweile weit über die Finanzwelt hinaus - hinein in den Ukraine-Krieg.
Denn der ukrainische Staat sieht sich seit der Pleite mit vielen - bislang unbegründeten - Vorwürfen konfrontiert. Sie reichen von mutmaßlicher Geldwäsche für die US-Demokraten bis hin zu unlauterer Spekulation mit Spendengeldern. Welche Rolle spielen Kryptowährungen im Ukraine-Krieg?

Was ist FTX?

FTX ist eine Handelsplattform, über die Nutzer mit Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether handeln können, aber auch mit weit komplexeren Finanzprodukten. Sie wurde nicht nur von privaten Investoren genutzt, sondern auch von Hedgefonds und anderen professionellen Akteuren.

Was sind Kryptowährungen?

Kryptowährungen sind keine echten Währungen wie Euro der Dollar, aber in immer mehr Lebensbereichen kann mit ihnen bezahlt werden. Viele sehen in ihnen eine - zwar schwankungsreiche - aber langfristig lukrative Geldanlage.

Warum ist FTX pleite?

Zum einen steht der Verdacht im Raum, dass FTX Kundengelder in Höhe von zehn Milliarden US-Dollar veruntreut haben soll. Das Unternehmen soll damit riskante Finanzwetten eingegangen sein. Verstärkt wurde die Krise des Konzerns durch den Wertverlust der eigenen Kryptowährung FTT, die einen erheblichen Teil der Einlagen ausmachte.

Müssen FTX-Kunden um ihr Geld fürchten?

Ja, es ist möglich, dass sie sämtliche Einlagen verlieren. Sorgen bereiten Anlegern auch Berichte, wonach nach dem Insolvenzantrag nicht alle noch vorhandenen Einlagen gesichert worden seien.

Welche Auswirkungen gibt es auf Kryptowährungen?

Für den Kryptomarkt sind die Vorgänge rund um FTX ein Schock. Zwar sind die Anleger allerlei Skandale gewohnt, der FTX-Crash aber trifft den Markt in einer heiklen Phase: Seit einiger Zeit steigen weltweit die Zinsen, weil Notenbanken gegen die hohe Inflation vorgehen. Das schadet besonders riskanten Finanzanlagen, zu denen Kryptowährungen zählen. Entsprechend sind Bitcoin, Ether und andere Kryptoanlangen weiter unter Druck geraten.

Die FTX-Pleite könne viele verprellte Kunden zurücklassen, sagt Krypto-Expertin Nadine Graf, das beträfe nicht nur private Anleger, sondern auch viele Kryptofirmen, die Teile ihrer Gelder bei FTX angelegt hatten. "Noch ist das Ausmaß aber nicht abschätzbar. Der entstandene Imageschaden für den gesamten Kryptobereich dürfte schwer wiegen."

Wird die Krypto-Wirtschaft nun stärker reguliert?

Der Chef der Bankenaufsicht Bafin, Mark Branson, sagte als Reaktion auf die FTX-Pleite: Für die Kryptobranche brauche es einen Schutzwall zum Bankensystem oder umfassende Regulierung. Auch Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau forderte eine globale Reaktion der Regulierungsbehörden. "Aufgrund dieser Unsicherheit müssen wir stark und schnell auf internationaler Ebene die Krypto-Assets regulieren", sagte Villeroy de Galhau am Dienstag in Tokio. Auch der Chef der japanischen Zentralbank, Haruhiko Kuroda hat sich für strengere Regulierungen ausgesprochen.

Quelle: dpa, Reuters, ZDF

Warum hat die Ukraine zum Spenden von Kryptos aufgerufen?

Als Russland am 24. Februar die Ukraine überfiel, brauchte die Ukraine schnellstmöglich finanzielle Hilfe - für Waffen, aber auch damit der Staat mit all seinen Sozialleistungen weiter funktionieren konnte. Kiew entschied sich für einen ungewöhnlichen Schritt: öffentlich zum Spenden von Kryptowährungen aufzurufen.
Spendenaufruf der Ukraine
"Das war ein bemerkenswerter Schritt. Nie zuvor hatte ein Staat auf diese Weise aufgerufen, Kryptowährungen zu spenden", sagt der Wirtschaftswissenschaftler Philipp Sandner von der Frankfurt School of Finance and Management gegenüber ZDFheute. Mit Kryptowährungen könne man schnell und ohne Mittelsmänner wie Banken zielgerichtet helfen.
In Notfällen, wenn Infrastruktur zusammenbricht, kann Krypto dezentral einspringen. Hilfsorganisationen brauchen da oft Wochen und nur ein Teil der Gelder kommt an. Das kann eine ganz neue Art des Fundraisings sein.
Philipp Sandner, Frankfurt School of Finance and Management

Fragen & Antworten zu Kryptowährungen

26.02.2018 | 00:47 min
In den folgenden Wochen gingen auf den Adressen der ukrainischen Regierung Kryptowährungen in Millionenwert ein. Doch schon nach kurzer Zeit nahmen die eingezahlten Krypto-Spenden deutlich ab.
Bei der zweitwichtigsten Währung Etherium etwa kamen seit Mitte April fast keine Großspenden mehr hinzu. Über Monate lag die Spenden-Wallet bei kaum verändertem Kontostand von einigen Hunderttausend Dollar quasi unangetastet da. Den Krypto-Experten Sandner überrascht das nicht.
Das war eine Kampagne, bei der schnell viel gespendet wurde. Inzwischen haben staatliche Geldgeber die Ukraine-Hilfe übernommen.
Philipp Sandner, Frankfurt School of Finance and Management

Was ist die Verbindung zu FTX?

Um die Spenden überhaupt abwickeln zu können, kooperierte die Ukraine auch mit mehreren Krypto-Firmen - unter anderem der weltweit zweitgrößten Krypto-Börse FTX. Weil FTX-Gründer Bankman-Fried wichtiger Geldgeber für Wahlkämpfe der US-Demokraten war, witterten rechte Medien und Aktivisten aus den USA eine Verschwörung.
Ohne überprüfbare Belege zu liefern, suggerierten reichweitenstarke Kanäle etwa, die milliardenschweren Ukraine-Hilfen der US-Regierung seien Ergebnis von Lobby-Bemühungen durch FTX. Auch warfen sie ukrainischen Stellen vor, mit Spekulation am volatilen Krypto-Markt die Staatskasse oder ihr eigenes Konto füllen zu wollen. Auch deutschsprachige Alternativmedien griffen diese Punkte auf.
Es gibt absolut keine Hinweise auf Spekulation mit diesen Krypto-Spenden. Aber natürlich tangiert das ein reales Problem: Es gibt keine Garantie, wie die Spenden tatsächlich eingesetzt werden.
Philipp Sandner, Frankfurt School of Finance and Management
Die Ukraine dementiert diese Vorwürfe. Die an den Transaktionen beteiligte ukrainische Krypto-Plattform Everstake betont, dass FTX lediglich in der Anfangsphase der Spendenkampagne im März dabei geholfen habe, Kryptowährung an die ukrainische Zentralbank weiterzuleiten. Noch ist die FTX-Pleite nicht in ihrem gesamten Ausmaß aufgearbeitet, doch bislang gibt es keine Anzeichen, dass an den Vorwürfen etwas dran sein könnte.
Reaktion der Krypto-Plattform Everstake

Was hat die Ukraine mit den Krypto-Spenden gekauft?

Bereits am 17. August hatte der ukrainische Digitalisierungsminister Mychajlo Fedorow auf Twitter veröffentlicht, wofür man die gespendeten Kryptowährungen genutzt habe. Von den über das Projekt "Aid for Ukraine" gesammelten 60 Millionen Dollar seien zu diesem Zeitpunkt rund 54,6 Millionen Dollar ausgegeben gewesen.
Krypto-Ausgaben der ukrainischen Regierung
Obwohl das plausibel klingt, sind diese Angaben nur schwer bis ins letzte Detail überprüfbar. Weitere Angaben zu den Bestellungen hat die Ukraine bislang nicht gemacht.

Beim russischen Überfall auf die Ukraine spielen Drohnen eine wichtige Rolle. Sehen wir hier den Krieg der Zukunft? Und wie kann man sich gegen diese Waffensysteme schützen?

31.10.2022 | 02:51 min

Wie viel Krypto-Geld liegt auf den Spendenkonten der Ukraine?

Ein Vorteil von Kryptowährungen ist, dass für Außenstehende transparent einsehbar ist, welche Summen wann auf die Wallet genannten Konten eingezahlt und wann sie wohin abgebucht werden. In ihrem Spendenaufruf vom 26. Februar nannte die Ukraine konkrete Wallet-Adressen, wohin das Geld fließen sollte. Wer heute in diesen Wallets nachschaut, findet auf den ersten Blick keine Hinweise auf großangelegten Betrug oder Spekulation.
Die Bitcoin-Wallet hat aktuell einen Kontostand von rund 280 Euro. Höchststand waren am 27. Februar Bitcoin im Wert von rund 2,4 Millionen Dollar. Alle eingezahlten Beiträge flossen anschließend mit kurzer Verzögerung weiter an eine zweite Wallet, die bereits seit Ende 2018 existiert und bei Tausenden Transaktionen verschiedenster Nutzer zum Einsatz kam.

Wie funktioniert Krypto?

Eines der zentralen Versprechen der Kryptowährungen wie Bitcoin ist es, die Vorteile des Bargelds in die digitale Welt zu übertragen. Doch das Internet wurde gebaut, um Informationen zu übertragen, nicht Werte. Ein Wert hat als Kernmerkmal, dass eine gewisse Knappheit vorliegt. Dafür ist das Internet nicht ausgelegt. In der momentanen Finanzwelt sorgen Institutionen wie Banken dafür, dass die Werte knapp bleiben. Für Kryptowährungen hat man dafür die Blockchain-Technologie erfunden, Kryptografie ist die Wissenschaft zur Verschlüsselung von Informationen. Ein IT-Konstrukt im Internet, das es ermöglicht, Werte digital zu speichern und zu transportieren, aber in einer Weise, dass trotzdem die Knappheit bewahrt wird.

Wie revolutionär ist Krypto?

Durch die Blockchain-Technologie könnten elektronische Bezahlvorgänge direkt wie mit Bargeld ablaufen, aber ohne Banken. Die Knappheit unserer Werte, also des Geldes, bliebe erhalten. Klingt nach einer echten Revolution. Schenkt man den Befürwortern Glauben, so hat Krypto das Potenzial, die Türme der alten Finanzelite ins Wanken zu bringen. Befürworter sehen die Kryptowährungen als Antwort auf das traditionelle Finanzwesen. Denn das digitale Geld benötigt keine Banken mehr, die Inhaber selbst werden zum Finanzinstitut.

Der Bitcoin-Educator und -Experte Roman Reher, bekannt als „der Blocktrainer“, glaubt an die gesellschaftlichen und sozialen Effekte der Kryptowährung. Doch wie realistisch ist es, dass das digital erzeugte Geld vor dem Hintergrund der unbeständigen Kurse wirklich Gutes tut?

Wer hat’s erfunden?

Wer steckt eigentlich hinter der ältesten und am weitesten verbreiteten Kryptowährung? Unter Computer Nerds gilt das als das größte Rätsel überhaupt. Wer hat den Bitcoin in die Welt gesetzt? Wo lebt diese Person? Ist sie eine Frau oder ein Mann oder vielleicht ein Kollektiv? Alles, was wir über das Phantom wissen, ist sein Pseudonym: Satoshi Nakamoto. 2008 wird unter diesem Namen ein Konzeptpapier veröffentlicht. Es enthält die Idee eines völlig neuen Zahlungssystems – das Bitcoin-Netzwerk. Einige deuten das als direkte Antwort auf die Bankenkrise. Ein Jahr später stellt der Unbekannte den Code für seine Erfindung ins Netz – für alle frei zugänglich. Was er erschaffen hat, soll die Welt verändern. Eine Vision von mehr Gerechtigkeit und Unabhängigkeit.

Ein vergleichbares digitales Konstrukt hat es bisher noch nie gegeben. Es verbreitet sich wie ein digitaler Organismus auf der ganzen Welt. Keine staatliche Institution kann in das System eingreifen, nicht die Geldmengen steuern oder Rahmenbedingungen festlegen. Das Netzwerk kontrolliert sich selbst. Nach der Veröffentlichung verschwindet der Schöpfer oder die Schöpferin für immer von der Bildfläche. Für die Zukunft gibt der Code klare Regeln vor: Es wird niemals mehr als 21 Millionen Bitcoin geben. Die Vision: Die begrenzte Geldmenge steigert langfristig die Nachfrage. So würde das digital erzeugte Geld seinen Wert erhalten – ein Mittel gegen die Inflation. Das Bitcoin-System wird nur von den Teilnehmenden getragen. Das macht es einzigartig.

Wie ist die Energiebilanz?

Quelle: Jan Huebner
Der Bitcoin hat einen hohen Preis, unabhängig von seinem aktuellen Kurs. Denn er ist ein wahrer Energiefresser. Bitcoins werden nach dem Prinzip des „Proof of Work“ erstellt. Es soll sicherstellen, dass niemand die Blockchain manipulieren und Transaktionen fälschen kann. Dafür zuständig sind die sogenannten Miner. Sie prüfen, ob ein Bitcoin-Transfer gültig ist, und erstellen einen neuen Datenblock. Damit auch keiner der Miner schummelt, müssen sie Arbeit investieren, indem sie eine Aufgabe lösen. Sie müssen eine Zahl erraten. Diese lässt sich nicht durch Berechnungen, sondern nur durch Ausprobieren ermitteln – ein Vorgang, der viel Strom kostet. Um das Netzwerk zu sichern und neue Bitcoins zu erzeugen, brauchen die Miner ordentlich Rechenpower. Statt Schweiß auf der Stirn, hat ein Miner eine extrem hohe Stromrechnung. Deshalb sitzen Miner dort, wo der Strom günstig ist. Zum Beispiel im Norden von Norwegen. Miner sind in der Regel große Unternehmen oder Netzwerke, für Einzelpersonen lohnt sich der Aufwand nicht. Durch die steigenden Energiepreise in Zentraleuropa stehen die Miner unter enormem Zugzwang. Bei hohen Strompreisen wird das Mining unrentabel. Nach Schätzungen des Cambridge Centre for Alternative Finance liegt der aktuelle Stromverbrauch für das Mining global bei rund 90 TWh pro Jahr. Damit nutzt das Netzwerk fast 0,4 Prozent des weltweit produzierten Stroms. Aber das Bitcoin-Netzwerk beginnt ja jetzt erst richtig zu wachsen. Das wird natürlich auch den Energieverbrauch ordentlich steigern. Was also tun? Es wird bereits nach neuen Wegen gesucht, um das Mining nachhaltiger zu gestalten. Denn wenn wir uns wirklich global für Bitcoin als Währung entscheiden, wird der Energiebedarf explodieren.
Es könnte sich dabei in der Tat um eine Wallet bei einer großen Krypto-Börse handeln, die zum Umtausch von Krypto in reguläre Währungen genutzt wird. Angesichts des hohen Handelsvolumens dieser Wallet fallen die Ukraine-Spenden dort etwa kaum ins Gewicht. Hinweise darauf, dass die Spenden als Spekulationsobjekt gehalten wurden, geben diese Wallets nicht.
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