: Lufthansa will ITA Airways übernehmen

18.01.2023 | 16:29 Uhr
Die Lufthansa strebt die Übernahme der italienischen Airline ITA Airways an. Der Konzern übermittelte der Regierung in Rom ein entsprechendes Angebot.
Flugzeuge von ITA Airways und der Lufthansa auf dem Flughafen in Rom. Quelle: Imago
Die Airline-Familie der Lufthansa könnte bald Zuwachs bekommen: Nach viel Hin und Her steht der Konzern vor dem Einstieg bei der staatlichen italienischen ITA Airways, seit Oktober 2021 Nachfolgerin der notorisch defizitären Alitalia.
An diesem Mittwoch gab die Airline eine Offerte für den Kauf eines Minderheitsanteils ab. Die Lufthansa könnte nach langer Vorgeschichte ans Ziel kommen: Alitalia machte sie schon 2007 Avancen, doch die Furcht vor einem Verlust bringenden Klotz am Bein hielt sie damals von der Übernahme auf ihrem wichtigsten europäischen Auslandsmarkt ab. Anderthalb Jahrzehnte später ist aus Alitalia die schlankere ITA geworden.

Lufthansa ist der einzige Interessent

Die Lufthansa ist dabei der einzige Interessent für einen Einstieg bei der Fluggesellschaft, teilte das italienische Wirtschafts- und Finanzministerium am Mittwochabend mit. Kurz zuvor war die Frist für Angebote abgelaufen. Nach Prüfung der Lufthansa-Offerte sollen im nächsten Schritt die exklusiven Verhandlungen beginnen. Wann dies geschehen soll und wie lange sie dauern könnten, teilte die italienische Behörde nicht mit.

"Markt in Italien extrem schwierig"

Eine Wende in der langen Verlusthistorie der Airline bezweifeln Branchenkenner aber. "Wir glauben, das Risiko ist groß, dass ITA in den ersten Jahren eine andauernde Enttäuschung für Lufthansa ist", warnt Ruxandra Haradau-Döser, Analystin von Kepler Cheuvreux. "Der Markt in Italien ist extrem schwierig", erklärt die Luftfahrtexpertin.

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ITA habe während der Corona-Krise im Europa-Geschäft noch mehr Marktanteile gegen die Billigflieger Ryanair, Wizz und Easyjet verloren. An ihrem eigenen Drehkreuz in Rom-Fiumicino betreibe sie nur knapp 30 Prozent der Flüge. Um profitabel zu sein, müsse eine Airline an ihrem Haupt-Knotenpunkt aber mindestens 50 Prozent beherrschen.

Experte: Lufthansa braucht kein weiteres Drehkreuz

Und im Langstreckengeschäft habe ITA auf Transatlantik-Routen nur ein Prozent, nach Lateinamerika zwei Prozent Marktanteil. "Die Lufthansa peilt an, die Langstrecke nach Afrika und Lateinamerika von Italien aus auszubauen - das wird nicht leicht". so Expertin Haradau-Döser.
In Italien seien Langstreckenflüge mit Geschäftsreisenden ein sehr profitabler Markt, hebt Johannes Braun, Analyst von Stifel Research hingegen hervor. Mit Zubringerflügen von ITA an die Lufthansa-Drehkreuze München oder Frankfurt wäre das durchaus gewinnbringend für die Lufthansa.
Die Verstärkung des Drehkreuzes Rom, ein wichtiges Thema in Italien, hält auch sein Kollege Alex Irving von Bernstein Research nicht für notwendig. Mit fünf Drehkreuzen in Frankfurt, München, Wien, Zürich und Brüssel brauche die Lufthansa kein weiteres. In Rom könnten die Routen nach Südamerika oder Afrika aber ausgebaut werden.

Alitalia-Nachfolger auf 50 Flugzeuge geschrumpft

Andrea Giuricin, Luftfahrtexperte an der Mailänder Universität Bicocca, warnt vor einer Durststrecke: "Kurzfristig würde die Lufthansa womöglich Geld verlieren, auf längere Sicht könnten die Erträge bei einem Ausbau des Drehkreuzes Rom aber wachsen."

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Die Lufthansa könnte bei einem erfolgreichen Kauf eines Minderheitsanteils von 40 Prozent, der sie Insidern zufolge 200 bis 300 Millionen Euro kosten würde, auf längere Sicht die Mehrheit übernehmen. Experten halten es aber für ratsam, sich damit Zeit zu lassen.
Im ersten Jahr ihres Bestehens machte die Airline 170 Millionen Euro Verlust. Bei ITA sei ein weiterer Umbau notwendig, sagt Analyst Irving. Die Airline ging nur mit rund 50 Flugzeugen und 2.800 Beschäftigten 2021 an den Start, während Alitalia zuvor über 10.000 Mitarbeitende und eine Flotte von 110 Maschinen hatte.
ITA will bis 2025 zu alter Flottengröße zurückfinden. Bis 2025 soll die Belegschaft nach bisherigem Plan auf bis zu 5.700 Menschen wachsen. Um mehr Effizienz zu erreichen, bräuchte die Lufthansa volle operative Kontrolle mit einem Mehrheitsanteil, erklärt Irving.
Quelle: von Ilona Wissenbach, Reuters

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