: Verdi lässt die Muskeln spielen

Noch immer herrscht Personalknappheit an den Flughäfen. ZDF-Reporter Markus Wolsiffer berichtet am Tag des Warnstreiks des Lufthansa-Bodenpersonals vom Frankfurter Flughafen.
27.07.2022 | 08:36 minMuskelspiel in der Ferienzeit
Denn die Gewerkschaft Verdi lässt ausgerechnet mitten in der Ferienzeit die Tarifmuskeln spielen und ruft die rund 20.000 Beschäftigten des Lufthansa-Bodenpersonals an den Lufthansa-Standorten von Mittwochmorgen bis Donnerstag früh zum Warnstreik auf.
In Frankfurt am Main und München muss die Lufthansa am Mittwoch die Reißleine ziehen und den Flugverkehr gleich ganz einstellen. Hunderttausende werden sich eine Alternative suchen oder die Koffer daheim lassen müssen. Denn das Bodenpersonal ist so ziemlich für alles zuständig: nicht nur für die Passagier- und Gepäckabfertigung sowie Wartung der Maschinen - sondern auch dafür, die Flugzeuge in die richtige Startposition zu schieben.
Ein Drittel weniger Personal
Am Airport Düsseldorf verantwortet die Lufthansa zwei Drittel dieser Manöver - nicht nur für die Kranichlinie, sondern für alle Airlines. Allein am Mittwoch waren 430 Flugbewegungen mit fast 60.000 Passagieren geplant.
Der Tarifkonflikt zwischen Verdi und Lufthansa ist exemplarisch für das Thema Personalmangel und das, was uns an Tarifauseinandersetzungen noch bevorstehen könnte. Vielerorts wurde Personal in der Corona-Krise abgebaut - bei der Lufthansa immerhin ein Drittel - das jetzt wieder gebraucht wird, aber längst in andere Branchen abgewandert ist.
Überdurchschnittlich hoher Krankenstand
Die verbliebenen Mitarbeiter stemmen nun das gesamte Arbeitspensum und stoßen mehr und mehr ans Limit - mit über 30 Prozent ist der Krankenstand beim Lufthansa-Bodenpersonal überdurchschnittlich hoch. Zudem sind die Gehälter am Boden niedriger als beim fliegenden Personal. Kein Wunder, dass Verdi darauf pocht, dass Mitarbeiter dringend mehr Geld und mehr Entlastung bräuchten. Drei Jahre Verzicht auf Lohnerhöhungen und hohe Inflation - da erwarten Beschäftigte von Verdi ein starkes Ergebnis.
Mit ihrer Forderung von 9,5 Prozent mehr Gehalt und einem Stundenlohn von mindestens 13 Euro, will Verdi vor allem die unteren Lohngruppen besser stellen. Dem stimmt die Lufthansa-Konzernführung auch grundsätzlich zu und befürwortet einen überproportionalen Aufschlag für diese Beschäftigten.
Passagiere brauchen Geduld
Die Lufthansa kommt bei ihrem Tarifvorschlag am Ende auch auf ein Plus von 9 bis 11 Prozent. So weit liegen die Positionen also gar nicht auseinander, auch bei den noch strittigen Laufzeiten des neuen Tarifvertrags werde man sich in der kommenden Woche einigen können, so die Lufthansa. Das macht Hoffnung.
Die größte deutsche Fluggesellschaft hat allerdings noch eine offene Tarif-Baustelle: Am Sonntag läuft die Urabstimmung über Warnstreiks bei Lufthansa-Piloten aus, es drohen weitere Auseinandersetzungen. Passagiere werden in den nächsten Wochen vor allem eines brauchen: viel Geduld!