: Wenn die Wärmepumpe zu viel "kostet"

von Sven-Hendrik Hahn
28.03.2023 | 09:04 Uhr
Wärmepumpen boomen. Denn ab 2024 sollen, so der Plan, in Neubauten Öl- und Gasheizungen nicht mehr verbaut werden dürfen. Doch beim Einbau von Wärmepumpen gibt es auch Risiken.
Wärmepumpen arbeiten mit Luft aus der Umgebung - und werden immer beliebter.Quelle: iStock/NAPA74
Deutliche Worte: "Ich halte es für überhastet: Es sind keine Fachleute da, die Kapazitäten an Wärmepumpen werden nicht vorgehalten", sagt Frank-Rolf Roth und: "Sie verbrauchen zu viel Strom. Das bricht den Leuten finanziell das Genick." Dabei verdient Roth sein Geld mit Wärmepumpen.
Roth ist Ingenieur für Anlagen- und Verfahrenstechnik. Als "Wärmepumpendoktor" plant und analysiert er, ob sich Wärmepumpen in Alt- und Neubauten einbauen lassen.

Roth: "98 Prozent der Wärmepumpen nicht gut betrieben"

Grundsätzlich seien Wärmepumpen genial und effektiv, aber nur in gut oder zumindest mäßig gedämmten Häusern. Das Funktionsprinzip: Eine Luft-Wärmepumpe nutzt die Restwärme aus der Außenluft. Die Wärme bringt ein Kältemittel in der Wärmepumpe schon bei niedrigen Temperaturen zum Verdampfen.

Im Jahr 2022 wurden viermal mehr Wärmepumpen verkauft als im Vorjahr.

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Dieser Kältemitteldampf wird in einem Kompressor verdichtet. Dadurch wird dieser sehr warm. Der heiße Kältemitteldampf gibt seine Wärme schließlich an den Heizkreis ab. Dabei kühlt das Kältemittel herunter und wird wieder flüssig. Der Kreislauf beginnt von vorne.
Das Problem: Ist es zu kalt, muss ein Heizstab die Wärmepumpe unterstützen - der wird meist mit Strom betrieben. Das kann sehr teuer werden, so Roth:
Es zeigt sich, dass ja schon jetzt bis zu 97 oder 98 Prozent aller im Markt befindlichen Wärmepumpen nicht gut betrieben werden.
Frank-Rolf Roth, Ingenieur für Anlagen- und Verfahrenstechnik

Immens hoher Stromverbrauch durch schlecht eingebaute Wärmepumpen

"Wenn die Wärmepumpe eine schlechte Effizienz hat, wird es sehr teuer, weil Sie fast so viel an Strom verbrauchen, was Sie vorher an Gas oder Öl verbraucht haben. Und Gas und Öl sind immer noch viel günstiger als Strom, gerechnet auf die Kilowattstunde," sagt der "Wärmepumpendoktor".

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Das Haus muss schon einen gewissen Dämmstatus haben. Meistens sind das Häuser, die ab Ende der 70er Jahre gebaut wurden, wo man mit ein bisschen Sanierung die Wärmepumpe einbauen kann.
Frank-Rolf Roth, Ingenieur für Anlagen- und Verfahrenstechnik
Aber: Fast 70 Prozent der Bestandsgebäude in Deutschland sind vor 1977 gebaut. Die wenigsten von ihnen sind gedämmt.
Ab 2024 sollen generell nur noch Wärmepumpen, Hybridheizungen, die nur zum Teil mit Öl- oder Gas betrieben werden oder Pelletheizungen eingebaut werden dürfen - so der Vorsatz, den die Bundesregierung letztes Jahr gefasst hat.

Viele Wärmepumpen können Verteilernetze an Grenzen bringen

Zu schnell, überstürzt, sagt Lamia Messari-Becker. Sie ist Professorin für Gebäudetechnologie und Bauphysik an der Universität Siegen: "2024, das ist ja praktisch übermorgen. Im Altbau wird die Wärmepumpe an ihre Grenzen kommen und dann schafft sie es nicht aus ihrer eigenen Leistung heraus. Und was macht sie dann? Sie zieht Strom vom Netz, Sie heizen dann mit einem Heizstab, mit einer Stromheizung", lautet ihr Szenario:
Wenn der Strom erneuerbar ist, wenn der Strom bezahlbar ist, kann man auch darüber sprechen. Aber so wie es im Moment läuft, wird der Fokus auf der Luft-Wärmepumpe in einem Fiasko enden. Das haben die Menschen nicht verdient.
Lamia Messari-Becker, Professorin für Gebäudetechnologie und Bauphysik Universität Siegen
Und: Wenn viele Wärmepumpen an kühlen Tagen auf Hochtouren laufen, könnten die Verteilnetze schnell an ihre Grenzen kommen, weil sie noch nicht ausgebaut sind.

Personalmangel, Materialmangel, fehlende Nachhaltigkeit

Die Fixierung auf eine Technik sei falsch: "Was wir brauchen, sind Erdwärmeoptionen, was wir brauchen, sind Wasserstofflösungen, was wir brauchen, ist Fernwärme. All das braucht Zeit, braucht Investitionen. Und da sehe ich den Staat in der Pflicht."
Frank-Rolf Roth steht häufig ratlosen Hausbesitzern gegenüber. Derzeit ballten sich die Probleme - es sind nicht nur die hohen Stromkosten oder der schlechte Dämmstandard, der die Regierungspläne in Frage stellt:
Im Prinzip geht alles zu schnell: Es sind keine Fachleute da, die Kapazitäten an Wärmepumpen werden nicht vorgehalten. Das hätte man für mindestens fünf Jahre strecken müssen, wenn nicht auf zehn.
Frank-Rolf Roth, Ingenieur für Anlagen- und Verfahrenstechnik

Hohe Kosten für Wärmepumpen plus Umbauten

Hinzu kämen die hohen Kosten - egal, wie hoch die staatliche Förderung sei: "Zwischen 30.000 und 40.000 Euro werden heute aufgerufen für eine Anlage - ohne dass ich die Heizkörper jetzt noch ertüchtige, ohne dass ich das ganze Haus hinsichtlich der Verrohrung umbaue."
"Die Zeiten, wo man das für 20.000 Euro bekommen hat," so Roth weiter, "war leider vor der Förderung. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis - und die Förderung wird auch gerne mitgenommen".

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