: Januar ohne Gejammer, Wirtschaft stabil

von Sina Mainitz
25.01.2023 | 14:45 Uhr
Die Bundesregierung legt ihren Jahreswirtschaftsbericht vor - er fällt besser aus als gedacht. Trotzdem hat die deutsche Wirtschaft ein Attraktivitätsproblem.
Es ist doch schön, wenn man positiv überrascht wird. So dürfte es auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gehen. Am Nachmittag legte er die Prognose fürs laufende Jahr vor. Und siehe da - die Wirtschaft wächst. Eine Rezession bleibt Deutschland offenbar erspart. Damit hatten die wenigsten Ökonomen gerechnet.
Wie aus dem S&P Einkaufsmanagerindex hervorgeht, hat das Bruttoinlandsprodukt zwischen Oktober und Dezember 2022 nach vorläufigen Erkenntnissen des Statistischen Bundesamts im Vergleich zum Vorquartal stagniert. Auch die Bundesregierung erwartet in ihrem anstehenden Jahreswirtschaftsbericht keine Rezession.

Jahreswirtschaftsbericht - die Prognosen:

Trotz Energiekrise, hoher Inflation und steigenden Zinsen traut die Bundesregierung der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr ein leichtes Wachstum zu. Die Prognosen im Jahreswirtschaftsbericht:

  • Das Bruttoinlandsprodukt dürfte in diesem Jahr um 0,2 Prozent zulegen, noch im Herbst hatte die Regierung einen Rückgang um 0,4 Prozent erwartet. "Wir gehen jetzt davon aus, dass die Rezession kürzer und milder ist - wenn sie denn stattfindet überhaupt", sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck. Es sei aber noch wahrscheinlich, dass es zu einer technischen Rezession kommen könnte - damit wird ein Rückgang der Wirtschaftsleistung von mindestens zwei Quartalen in Folge bezeichnet.
  • Bei der Inflation rechnet die Regierung dieses Jahr mit 6,0 Prozent. Bislang wurden 7,0 Prozent erwartet. 2024 sollen es dann 2,8 Prozent sein. Die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale - bei der sich die Inflation verfestigen könnte - droht dem Ministerium zufolge bei den anstehenden Tarifverhandlungen nicht.
  • Die deutschen Exporte dürften dieses Jahr weniger stark zulegen. Hier wird von einem Plus von 2,2 Prozent ausgegangen, nachdem es 2022 noch 3,2 Prozent waren.
  • Invetitionen in moderne Anlagen und Maschinen - sogenannte Ausrüstungsinvestitionen - sollen der Projektion zufolge um 3,3 Prozent steigen nach 2,5 Prozent 2022.
  • Der Arbeitsmarkt wird sich wahrscheinlich weitgehend stabil entwickeln. Die Arbeitslosenquote schätzt die Regierung dieses Jahr auf 5,4 Prozent, ein Tick mehr als 2022.

Quelle: Reuters, AFP

Demnach rechnet die Bundesregierung dieses Jahr nun mit einem Wachstum von 0,2 Prozent. Noch im Oktober 2022 ging sie von einem Minus von 0,4 Prozent aus.
All die Hiobsbotschaften sind nicht eingetreten.
Olaf Scholz, Bundeskanzler

Deutsche Wirtschaft könnte glimpflich davonkommen

Warum ist die deutsche Wirtschaft so glimpflich und noch mit einem blauen Auge davongekommen? Hauptgrund dafür ist die Entspannung auf dem Gasmarkt. Die Preise sind leicht gesunken und die befürchtete Gasknappheit ist ausgeblieben. Diese beiden Faktoren kommen der deutschen Wirtschaft zugute, weil sie wieder günstiger produzieren kann.
Hinzu kommen die Entlastungspakete der Bundesregierung. Sie wirken bei hohen Gas- und Strompreisen.

Führungskräfte optimistisch für 2023

Auch die Stimmung in den deutschen Chefetagen hat sich den vierten Monat in Folge aufgehellt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist im Januar auf 90,2 Zähler von 88,6 Punkten im Vormonat gestiegen. Das teilte das Münchner Ifo-Institut mit. Für die Umfrage werden monatlich rund 9.000 Führungskräfte befragt. Mit den laufenden Geschäften waren die Unternehmen zwar unzufriedener als noch im Dezember. Für das nächste halbe Jahr sind sie aber durchaus optimistisch.
Dennoch muss rund um die deutsche Wirtschaft etwas Wasser in den Wein gegossen werden. Kurz vor der Faschingszeit gibt es für sie kaum Grund zu feiern. Denn viele hausgemachte Probleme müssen fürs weitere Wachstum erst gelöst werden.
ZDFheute Infografik
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Ifo-Chef: Deutschland verliert an Attraktivität

Auch Clemens Fuest, Präsident des ifo-Instituts sagt, Deutschland verliere im Wettbewerb um attraktive Wirtschaftsstandorte. Die Probleme lägen auf der Hand: Zu hohe Steuerlast für Unternehmen, zu viel Bürokratie, Abwanderung, Verknappung der Erwerbstätigen durch die Rente mit 63 und viel zu wenig Fachkräfte.
Die Winterkrise findet wohl weiterhin nicht statt. Stattdessen wird sich die Diskussion mehr und mehr auf die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland fokussieren. Bei den Rahmenbedingungen für die Unternehmen hat sich in Deutschland großer Reformbedarf aufgebaut.
Ulrich Kater, Deka Bank
Bevor es also Entwarnung und wirklichen Grund zur Freude geben kann, muss die Wirtschaftspolitik noch viele Hausaufgaben machen. Aber seit der Schule wissen wir ja alle: erst die Arbeit, dann das Vergnügen!

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